Preisentwicklung im Juli

Die aktuelle Verfassung der internationalen Stahlwirtschaft hat den Stahlschrottmarkt im Juli nach unten gezogen. Die Schrottpreise sind deutlich zurückgegangen. Das Problem ist: Es ist keine wesentliche Besserung in Sicht.

Stahlschrottpreise büßen ein


Nach aktuellen Zahlen des Stahlrecyclingverbands BDSV sind die Stahlschrottpreise im Juli um rund 20 Euro pro Tonne gefallen. Am stärksten betroffen war die Sorte 4 (Shredderschrott) mit einem Preisrückgang von durchschnittlich 23,5 Euro je Tonne. Auch der Preis der Sorte 3 gab mit einem Minus von 21,2 Euro kräftig nach.

Im Vergleich dazu kam die Sorte 5 (Stahlspäne) noch einigermaßen glimpflich davon. Der Lagerverkaufspreis reduzierte sich im Juli um durchschnittlich 17,5 Euro je Tonne. Im Einzelnen ergibt sich nach BDSV-Angaben folgendes Preisbild für Juni:

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Lagerverkaufspreise (in Euro/t) Jul 15 Jun 15 Differenz (in Euro)
Sorte 1 (Stahlaltschrott) 184,2 203,8 -19,6
Sorte 2/8 (Stahlneuschrott) 202,1 221,3 -19,2
Sorte 3 (Schwerer Stahlaltschrott) 202,8 224,0 -21,2
Sorte 4 (Shredderstahlschrott) 207,9 231,4 -23,5
Sorte 5 (Stahlspäne) 161,9 179,4 -17,5

Quelle: BDSV

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Der starke Preisrückgang am Schrottmarkt ist vor allem das Ergebnis der aktuellen Lage auf den internationalen Stahlmärkten. Vor allem die massiven Überkapazitäten, die in Chinas Stahlwirtschaft bestehen und durch das vergleichsweise schwache Wirtschaftswachstum noch verstärkt werden, machen den Märkten zu schaffen. So führen die Überkapazitäten dazu, dass die Stahlpreise fallen und der überschüssige Stahl zu Billigpreisen ins Ausland exportiert wird. Das wiederum drückt auf den Absatz anderer Stahlwerke und damit auf ihren Bedarf an Rohstoffen wie beispielsweise Schrott. So haben unter anderem türkische Stahlwerke, der größte Abnehmer für Stahlschrott aus Europa, mit Absatzproblemen zu kämpfen.

Hinzu kommt, dass eine insgesamt schwächere Nachfrage der Stahlwirtschaft den Eisenerzpreis nach unten zieht. Noch immer liegt der Eisenerzpreis nur knapp oberhalb von 50 US-Dollar je Tonne. Bei integrierten Stahlwerken, die sowohl Roheisen als auch Stahlschrott einsetzen, steht der Eisenerzpreis in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zum Schrottpreis. Der Druck auf den Schrottpreis ist also aktuell hoch.

Rückläufige Stahlproduktion

Ob sich das in naher Zukunft ändern wird, ist fraglich. Das Wirtschaftsforschungsinstitut RWI geht davon aus, dass die deutsche Stahlproduktion in diesem Jahr um 0,6 Prozent sinken wird. Bislang war die Wirtschaftsvereinigung Stahl davon ausgegangen, dass die Produktion im laufenden Jahr um 1 Prozent zulegen wird. Laut RWI wird die deutsche Konjunktur derzeit vor allem vom Konsum getragen und ist damit weniger stahlintensiv.

Auch die globale Rohstahlerzeugung wird nach Auffassung des RWI in diesem Jahr um 0,7 Prozent zurückgehen. Im Euro-Raum habe sich die Produktion zwar stabilisiert, aber die USA und Japan würden deutlich weniger erzeugen und die Produktion in China sei aufgrund der angestrebten Verschiebung der Produktionsstruktur zugunsten von Konsumgütern und Dienstleistungen seit nunmehr fast zwei Jahren tendenziell rückläufig. „Ein großes Problem bleiben daher weltweit die beträchtlichen Überkapazitäten, die Druck auf die Stahlpreise ausüben“, erklärt das Institut.

Besser sind dagegen die Prognosen für das kommende Jahr 2016. Das RWI prognostiziert ein Plus um 2,1 Prozent auf eine Jahreserzeugung von 43,6 Millionen Tonnen. Damit läge die Kapazitätsauslastung der deutschen Stahlindustrie bei knapp 89 Prozent. Für die globale Stahlwirtschaft rechnet das Institut mit einer Zunahme um rund 1,5 Prozent.

„Gefährlicher Preiskampf“

Dennoch ist das RWI skeptisch, was die weitere Entwicklung der internationalen Stahlwirtschaft betrifft. „Die Phase kräftiger Zuwächse in der weltweiten Stahlerzeugung scheint vorüber zu sein. Darauf muss die derzeit noch auf hohe Zuwächse ausgerichtete Industrie notgedrungen reagieren.“ Der damit verbundene Anpassung sei jedoch schwierig: Zum einen seien Hochöfen vergleichsweise langlebige Kapitalgüter, zum anderen erfordern Planung und Bau von Stahlwerken eine recht lange Zeit. Hinzu komme, dass viele Staaten die Stahlindustrie subventionieren.

An dem Problem der niedrigen Kapazitätsauslastung in der Stahlindustrie dürfte sich vor diesem Hintergrund vorerst nichts ändern, glaubt das RWI. Weltweit sei zu erwarten, dass die Erzeugungskapazitäten in den kommenden Jahren sogar noch steigen. Das gelte insbesondere für Asien, wo sich noch viele Stahlwerke im Bau befinden. „Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass viele Produzenten versuchen werden, ihre Kapazitätsauslastung durch vermehrte Exporte zu verbessern“, so das Institut. „Bei einer nur noch langsam wachsenden Nachfrage nach Stahl könnte dies für die Unternehmen aber zu einem gefährlichen Preiskampf führen – die Stahlpreise sind mittlerweile bereits deutlich gesunken.“

 

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