Stahlschrottmarkt in Deutschland

Im August sind die Stahlschrottpreise nochmals gefallen. Zum Teil liegen die Preise bereits unter denen des Krisenjahres 2009. Das Gleiche gilt für die Stahlpreise. Analysten sind aber trotzdem zuversichtlich.

Stahlschrottpreise: Druck von allen Seiten


Die Umstände für die Stahlschrottwirtschaft bleiben äußerst ungünstig: Ein unverändert niedriger Eisenerzpreis, eine flaue Stahlkonjunktur in Europa und der starke Konkurrenzdruck durch billigen Stahl aus China. Hinzu kommt die Abwertung der chinesischen Währung Yuan und der aktuelle Einbruch der Aktienmärkte. Zu viel, um spurlos am Stahlschrottmarkt vorüberzugehen.

Die weitere Preissenkung im August erschien daher unumgänglich. Nach der aktuellen Erhebung des Stahlrecyclingsverbands BDSV sind die Schrottpreise meist um durchschnittlich 18 bis 19 Euro je Tonne gefallen. Am besten schnitt Shredderstahlschrott (Sorte 4) ab. Hierfür verzeichnet die BDSV einen Preisrückgang von durchschnittlich 15,50 Euro je Tonne. Im Einzelnen ergibt sich nach BDSV-Angaben folgendes Preisbild für August:

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Lagerverkaufspreise (in Euro/t) Aug 15 Jul 15 Differenz (in Euro)
Sorte 1 (Stahlaltschrott) 166,0 184,2 -18,2
Sorte 2/8 (Stahlneuschrott) 183,8 202,1 -18,3
Sorte 3 (Schwerer Stahlaltschrott) 183,9 202,8 -18,9
Sorte 4 (Shredderstahlschrott) 192,4 207,9 -15,5
Sorte 5 (Stahlspäne) 144,1 161,9 -17,8

Quelle: BDSV
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Damit nähern sich die Stahlschrottpreise langsam, aber sicher dem Preisniveau des Krisenjahres 2009. Ähnliches gilt auch für die Stahlpreise selbst. Stahl sei derzeit so günstig zu haben wie seit 2009 nicht mehr, berichtet der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Insbesondere die Kontraktpreise für Warmbreitband seien im dritten Quartal nochmals um 10 bis 15 Euro je Tonne gefallen.

Die von den Stahlherstellern avisierte Erholung scheint somit zunächst auszubleiben. „Mit aktuell 335 Euro je Tonne liegen die Preise für Warmbreitband weit hinter den Erwartungen der Produzenten zurück“, sagt Volkmar Klein, Leiter für Benchmark-Services beim BME. Denn an der fundamentalen Überversorgung des Marktes habe sich nichts geändert: Eine leicht verbesserte Nachfrage aus der Automobilindustrie und dem Baugewerbe trifft auf billigen Importstahl aus Drittländern, der die Märkte überschwemmt. Allerdings scheint nun der Boden erreicht. Für weiter fallende Preise sei kaum noch Luft, glaubt Klein.

Überkapazitäten werden abgebaut

Das sehen Analysten der Bank UBS ähnlich. Sie erwarten sogar bald eine Kehrtwende. Europas Stahlerzeuger seien im Gegensatz zu anderen wichtigen Branchenunternehmen erfolgreich dabei, Überkapazitäten abzubauen, sagt UBS-Stahlexperte Carsten Riek. Rund 6 Millionen Tonnen an Überkapazitäten (29 Prozent der gesamten Überkapazitäten von 19,5 Millionen Tonnen) seien bereits vom Markt verschwunden, so Riek. Außerdem sei die Nachfrage in den wichtigsten Abnehmerbranchen „sehr ordentlich“.

Entspannung sieht Riek auch bei Chinas Stahlexporten. Nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl produziert China pro Jahr 300 Millionen Tonnen Stahl mehr, als es benötigt. Das entspreche dem Jahresverbrauch Europas. Bei einigen Produkten werde der europäische Markt durch unfaire, gedumpte Importe geschädigt, beklagt die Wirtschaftsvereinigung. Doch Riek geht davon aus, dass Europa der Importflut aus Fernost mit Antidumping-Maßnahmen begegnen und sich die Lage am Markt somit entspannen wird.

Dass davon auch der Schrottmarkt profitieren würde, erscheint naheliegend, doch ob das ausreichen würde, um die Schrottpreise wieder nach oben zu bewegen, ist fraglich. Denn glaubt man der Einschätzung von Goldman Sachs, dann dürfte der Schrottpreis in Zukunft weiter unter Druck geraten. Die Investmentbanker erwarten, dass der Eisenerzpreis in den kommenden 18 Monaten um 30 Prozent einbrechen wird. Derzeit liegt der Eisenerzpreis bei rund 55 US-Dollar je Tonne.

Zur Begründung verweist Goldman Sachs auf die rückläufige Nachfrage aus China und die Abwertung des Yuan. Käme es tatsächlich zu diesem Preiseinbruch müsste entweder der Schrottpreis ebenfalls nachgeben, um gegenüber dem Eisenerzpreis konkurrenzfähig zu bleiben, oder die Elektrostahl-Produktion ginge noch weiter zurück. In Deutschland liegt die Elektrostahl-Produktion im ersten Halbjahr bereits 3,6 Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück. Im Vergleich dazu hinkt die gesamte Oxygenstahl-Produktion nur 0,6 Prozent hinterher.

Anhaltender Preisdruck

Vieles spricht daher dafür, dass der Schrottpreis weiterhin unter Druck stehen dürfte. Kurzfristig, weil die Abwertung des Yuan die Stahlexporte Chinas verstärken wird und Antidumping-Maßnahmen noch nicht existieren. Und mittelfristig, weil Goldman Sachs Recht behalten könnte und der Eisenerzpreis weiter fallen wird und zugleich die Nachfrage nach Stahlschrott den Preisrückgang nicht ausgleichen kann. Im besten Fall käme es daher kurz- bis mittelfristig zu einer Stabilisierung der Schrottpreise. Läuft es jedoch weniger gut, dann ist nicht auszuschließen, dass die Stahlschrottpreise noch weiter zurückgehen werden.

 

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