Internationaler Stahlschrottmarkt

Nach einem kurzen Höhenflug sind die Stahlschrottpreise im Juli fast wieder auf das Niveau vom März gefallen. Für einen erneuten Anstieg spricht derzeit eher wenig. Auch weltweit ist die Lage für Stahlschrotthändler eher angespannt.

Stahlschrottpreise: Keine Erholung in Sicht


Nach dem Preisrutsch von 55 bis 60 Euro pro Tonne im Juni sind im Juli die Notierungen für Stahlschrotte in Deutschland nochmals gefallen. Je nach Sorte sank der Preis zwischen 10 und knapp 19 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie die aktuelle Preiserhebung des Stahlrecyclingverbands BDSV zeigt.

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Stahlaltschrott Sorte 1: 141,0 Euro/Tonne (-14,8 Euro vs. Juni 2016)

Stahlneuschrott Sorte 2/8: 153,8 Euro/Tonne (-14,3 Euro vs. Juni 2016)

Schwerer Stahlaltschrott Sorte 3: 155,7 Euro/Tonne (-16,6 Euro vs. Juni 2016)

Shredderstahlschrott Sorte 4: 161,9 Euro/Tonne (-18,7 Euro vs. Juni 2016)

Stahlspäne Sorte 5: 119,7 Euro/Tonne (-10,2 Euro vs. Juni 2016)

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Quelle: BDSV

Dass die Preise in den nächsten Monaten wieder nach oben klettern werden, gilt als eher unwahrscheinlich. An den Einflussfaktoren, die zu den schwachen Notierungen geführt haben, hat sich wenig geändert. Der Eisenerzpreis, der für die integrierten Stahlwerke oft ein Entscheidungsfaktor für oder gegen den Einsatz von Stahlschrott ist, liegt derzeit auf ähnlichem Niveau wie im März.

Auch das Versprechen Chinas, die Stahlproduktion zu drosseln und so weniger Material auf den internationalen Markt zu werfen, wurde bisher nicht eingelöst. Im Gegenteil: Wie William Schmiedel, Präsident der Stahlsparte im Weltrecyclingverband BIR im aktuellen Quartalsbericht schreibt, hat China zwar die Kapazitäten gedrosselt, aber trotzdem im Juni mit 10,9 Millionen Tonnen Rohstahl den zweithöchsten Produktionswert in diesem Monat erreicht. „Der Abbau von Kapazitäten in China nützt nur, wenn dabei auch die Produktion zurückgeht“, betont Schmidel. Im Jahr 2015 lagen in China die Kapazitäten rund 400 Millionen Tonnen über der Produktion.

Außerdem greifen chinesische Unternehmen inzwischen auch zu anderen Mitteln, um ihren Einfluss in der Stahlbranche zu sichern. Wie bekannt wurde, versucht China angeblich, ein serbisches Stahlwerk zu nutzen, um billigen Stahl nach Europa zu verkaufen. Vor wenigen Monaten hatte der chinesische Konzern HBIS überraschend das Stahlwerk gekauft – offenbar mithilfe von hohen chinesischen Staatssubventionen. „China nutzt Smederevo, um eigenen Stahl ohne Probleme nach Europa zu bringen“, befürchtet der Generaldirektor des europäischen Stahlverbandes „Eurofer“, Axel Eggert.

Als dritter Faktor kommt für die Stahlschrottbranche erschwerend hinzu, dass Abnehmer wie Italien im Monat August traditionell im Urlaub sind. Auch wie es in der Türkei als größter Schrottabnehmer der EU-28-Länder weitergeht, ist nach dem turbulenten Putschversuch nicht abzuschätzen.

Ukraine verhängt Ausfuhrzölle

Auch außerhalb der EU tun sich die Stahl- und damit auch die Stahlschrottbranche schwer. Mit der Einführung eines Ausfuhrzolls in Höhe von 30 Euro pro Tonne in der Ukraine haben die lokalen Stahlhersteller einen großen Vorteil gegenüber internationalen Käufern, schreibt Andrey Moiseenk von Ukrmet im BIR-Marktbericht. Allerdings würden nicht alle lokalen Verwerter versuchen, die Preise zu drücken, da die Schrottsammlung derzeit extrem niedrig sei. Der Export sei fast zum Erliegen gekommen.

Auch in den USA wurde gegen Ende des ersten Halbjahres weniger Schrott exportiert. Eine stärkere Sammlung in Kombination mit einer schwächeren Nachfrage hat laut George Adams von SA Recycling für fallende Preise gesorgt. Der starke Dollar zieht zusätzlich günstig zu kaufendes Material aus Europa in das Land. Laut Adams soll sich daran auch im August wenig ändern.

Auch aus Indien berichtet Zain Nathani von einer schwachen Stahlnachfrage, die Fabriken setzten nur billige Schrotte ein. In der Folge exportieren die Händler vermehrt in Nachbarländer wie Bangladesch und Pakistan.

Weltweite Stahlproduktion im Juni genau wie im Vorjahr

Trotz Schwankungen einzelner Länder bleibt die weltweite Stahlproduktion im Juni im Vergleich zum Vorjahr stabil – sie liegt mit 136 Millionen Tonnen beim Vorjahreswert. Die neuesten Zahlen von Worldsteel bestätigen auch die Einschätzung des BIR-Präsidenten. So wurde in China 1,7 Prozent mehr Rohstahl hergestellt als noch im Juni 2015.

In Deutschland lag die Produktion mit 3,7 Millionen Tonnen rund 2,1 Prozent unter dem Vorjahreswert, in Italien wurden hingegen mit 2 Millionen Tonnen rund 5,9 Prozent mehr hergestellt. Gestiegen ist auch die Produktion in der Türkei: Um 2 Prozent auf 2,9 Millionen Tonnen. Die weltweiten Kapazitäten waren damit zu 71,8 Prozent ausgelastet. Gegenüber dem Wert vom Mai ist das ein kleines Plus von 0,3 Prozentpunkten.

Insgesamt ist die Rohstahlproduktion in den ersten sechs Monaten des aktuellen Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Mit 794,8 Millionen Tonnen lag die Menge rund 1,9 Prozent unter der Vorjahresproduktion. Wie das Wirtschaftsforschungsinstitut RWI in einem aktuellen Bericht schreibt, waren die Kapazitäten in Deutschland dabei mit rund 89 Prozent „außerordentlich gut ausgelastet“. Die deutsche Stahlindustrie habe sich demnach in dem schwierigen internationalen Umfeld „gut behauptet“.

Laut worldsteel ging in den EU-28-Ländern die Herstellung im ersten Halbjahr aber stark zurück: Das Minus im Vergleich zu den ersten beiden Quartalen 2015 liegt bei 6,1 Prozent. In Südamerika war das Minus mit 13,8 Prozent mehr als doppelt so hoch. Ein leichtes Plus von 0,6 Prozent vermeldeten hingegen die CIS-Staaten.

© 320°/ek | 26.07.2016

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