Neue Technologie für Kraftwerksnebenprodukte

Wird Kohle verbrannt, bleibt in der Regel Flugasche zurück. Die wird entweder als billiges Ersatzprodukt in der Zement- und Betonindustrie verwendet oder im Tagebau abgelagert. Ein junges Unternehmen will das ändern und mit einem neuen Verfahren hochwertigen Bausand herstellen.

Start-up will Flugasche zu Sand aufbereiten


Geht es nach Abbas Khan, gibt es ab Ende 2016 einen neuen Baustoff auf dem deutschen Markt zu kaufen. Dieser soll aus Flugasche hergestellt und unter dem Markennamen ZaakSand vertrieben werden. Das zugrunde liegende Verfahren präsentiert der Ingenieur mit indischen Wurzeln und Gründer der Firma Zaak Technologies derzeit verschiedenen Kraftwerksbetreibern und Verarbeitern von Kraftwerksnebenprodukten. Sein Ziel: Jährlich 7,5 Millionen Tonnen Steinkohle- und Braunkohle-Flugasche zu hochwertigem Bausand aufzubereiten.

Das lässt aufhorchen. Denn Braunkohle-Flugasche wird bislang kaum recycelt. Der Kraftwerksverband VGB verzeichnete für 2013 ein Aufkommen an Braunkohle-Flugasche von 9,14 Millionen Tonnen. Nahezu das gesamte Volumen ging in den Tagebau, etwa zwei Prozent der Gesamtmenge in sonstige Verwendungen. Neben dem Tagebau wird das Material beispielsweise als Bodenverbesserer oder Deponiebaustoff eingesetzt sowie im Versatz genutzt.

statistic_id168395_braunkohle---groesste-kraftwerke-in-deutschland-nach-leistung-2014Demgegenüber wird Steinkohle-Flugasche hierzulande beinahe komplett verwertet. Laut aktuellen Zahlen des VGB für das Jahr 2013 lag das Aufkommen an Steinkohle-Flugasche bei 3,17 Millionen Tonnen. Davon ging der überwiegende Anteil in die Zement- und Betonproduktion: rund 2 Millionen Tonnen in das Segment Transportbeton und Werkfrischmörtel und rund 387.000 Tonnen in die Herstellung von Betonwaren und -fertigteilen sowie etwa 146.000 Tonnen in die Zementproduktion. Obendrein wurden 400.000 Tonnen Steinkohle-Flugasche in den Straßen-, Wege-, Erd- und Grundbau abgesetzt und rund 25.000 Tonnen in die Produktion von Mauersteinen/Keramischen Erzeugnissen. Weitere 210.000 Tonnen wurden im Segment Bergbau/Trockenbaustoffe untergebracht.

Verwertung am Anfallort

Doch nach Khans Auffassung ist die Verwertung in der Zementindustrie „ein minderwertiger Einsatz“. Er will die Flugasche aus Braunkohle und Steinkohle künftig mit einem alternativen Verfahren verwerten. Dazu soll das Material, das üblicherweise bei der Rauchgasreinigung in Kohlekraftwerken über einen Elektrofilter abgeschieden wird, direkt in einer Anlage am Anfallort behandelt werden. „Auf diese Weise entfallen für den Betreiber die Kosten für Sammlung, Lagerung und Transport“, erklärt Khan.

In der Anlage soll die Flugasche in Gegenwart bestimmter Prozesshilfsmittel und Hitze in ein sandartiges Material umgewandelt werden. Das Verfahren hierfür hat Khan in Zusammenarbeit mit dem Indian Institute of Technology Bombay entwickelt, der zweitgrößten staatlichen technischen Universität in Indien. Mehr will der Ingenieur nicht verraten. Nur so viel: „Als Produkt entsteht ein hochwertiger Bausand von definierter Korngröße, Kornverteilung und Schüttdichte, der wesentlich günstiger ist als die konventionellen Alternativen.“

Den Sand will der Unternehmer vielfältig einsetzen. In Frage komme der Ersatz in Betonen, Putzen und Mörteln. Darüber hinaus könne das Produkt als Baustoff für den Leichtbau verwendet werden. „Im Vergleich zu normalem Sand ist Zaak-Sand etwa 50 Prozent leichter und hat einen bis zu 400 Prozent besseren Wärmedämmfaktor“, erläutert Khan die Vorteile. Aber auch für Nischenanwendungen soll der Sand zum Einsatz kommen. „Aufgrund der geringeren Dichte und höheren Wasserhaltefähigkeit im Vergleich zu normalem Sand eignet sich Zaak-Sand etwa als Bodenstabilisierer im Gartenbau, als Gießereisand oder Zusatzmaterial in Reifen und Farben.“

Auch für MVA-Aschen geeignet

Bis jedoch die ersten Tonnen Sand in Deutschland ausgeliefert werden, kann es noch eine Weile dauern. Eine Pilotanlage soll im dritten Quartal 2016 in Berlin ihren Betrieb aufnehmen. Erweist sich das Verfahren als zuverlässig, plant das Start-up-Unternehmen mit Sitz in Zwickau eine großtechnische Anlage, in der 300.000 Tonnen Flugasche jährlich verarbeitet werden sollen. Die finanzielle Unterstützung hierfür hat sich Khan bereits gesichert: Er weiß den Investor KIC InnoEnergy Germany mit Sitz in Karlsruhe hinter sich.

Ob das Geschäft allerdings in Deutschland funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich ist das Aufkommen an Steinkohle- und Braunkohle-Flugasche seit Jahren einigermaßen konstant und zumindest die Menge an Steinkohle-Flugasche scheint vergeben. Zudem dürfte langfristig gesehen der geplante Kohleausstieg in Deutschland problematisch werden, geben Experten zu Bedenken.

In Indien hingegen könnte Khan mit seinem Verfahren einen Nerv treffen. Laut Schätzungen des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie der indischen Regierung fallen dort jährlich über 200 Millionen Tonnen Flugasche an, bis Ende 2017 sollen es sogar mehr als 300 Millionen Tonnen sein. Bisher wird davon erst etwa mehr als ein Drittel wiederverwertet.

Trotzdem ist der Gründer von Zaak Technologies auch vom hiesigen Markt überzeugt. Mehrere große Baustoffproduzenten in Europa und Indien haben laut Khan bereits ihr Interesse signalisiert. Mit einigen arbeite man bereits an neuen Bauprodukten, die auf dem Produkt basieren. Und wenn das nicht klappt, dann gebe es auch Alternativen. So könnte sich das Verfahren laut Khan auch für Müllverbrennungsaschen eignen, auch wenn das noch nicht getestet wurde.

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