Zusammensetzung der Shredderrückstände

Der Anteil an Kunststoffen in Shredderrückständen wird zunehmen. Dafür sorgt der Trend zu immer leichteren Pkw. Doch die stoffliche Verwertung der Kunststoffe ist nicht einfach: Die Materialien sind komplex.

Steigender Anteil an Altkunststoffen


Europa verbraucht etwa 50 Millionen Tonnen Kunststoffe pro Jahr. Die Automobilindustrie hat daran einen Anteil von zehn Prozent. Künftig wird dieser Anteil steigen, denn Automobilhersteller tendieren immer stärker zu Kunststoffen und Verbundfaserstoffen, um somit eine immer größere Gewichtsreduzierung zu erreichen.

statistic_id275072_plastik---anteile-der-verwendeten-plastiksorten-in-der-automobilindustrie-2012Bereits heute machen Kunststoffe zwischen 9 und 15 Prozent des Fahrzeug-Gesamtgewichts aus. „Dieser Anteil steigt aber sehr schnell“, betonte Surendra Borad Patawari, Vorsitzender der belgischen Handelsorganisation Gemini Corporation, bei der Herbsttagung des Bureau of International Recycling (BIR) in Prag. „2020 könnte der Anteil bereits bei 20 Prozent liegen.“

Von daher wird auch der Druck zunehmen, mehr Altkunststoffe aus Altautos stofflich zu recyceln. Nicht nur wegen der Umweltproblematik, sondern auch, um die Vorgaben der EU-Altautorichtlinie einzuhalten. Diese schreibt seit Anfang 2015 eine Recyclingquote für Wiederverwendung und Recycling von 85 Prozent vor. Doch hinsichtlich der neuen Kunststoffe, die eingesetzt werden, ist das in vielen Fällen einfacher gesagt als getan.

Sehr heterogene Materialverbünde

Die im Autobau verwendeten Kunststoffe sind sehr komplex. Im Grunde genommen sind die hochwertigen Kunststoffe im Auto in zwei Formen verbaut: als Thermoplaste und als Duroplaste. Chemisch betrachtet sind Duroplaste stark quervernetzte Kunststoffe. Ein Stück Duroplast ist also im Prinzip ein einziges Riesenmolekül. Aufgrund seiner geringen Dichte, der relativ hohen Temperaturstabilität und der häufig geringeren Bauteilkosten nimmt der Trend zu Duroplast im Automobilbau deutlich zu.

Allerdings sind Duroplaste nicht rezyklierbar. Umso wichtiger sind aus Recyclersicht die Thermoplaste, um die EU-Recyclingvorgaben zu erfüllen. Diese lassen sich recyceln, auch wenn es derzeit noch nicht immer durchgeführt wird. Denn diese Materialien sind oft sehr heterogen. Einzelne Bauteile bestehen aus Kombination von bis zu fünf verschiedenen Kunststofftypen, oftmals sind Thermoplaste und Duroplaste vermengt.

Patawari würde von diesen Kunststoffteilen gern mehr recycelt sehen, doch in der Praxis stößt das Recycling an seine Grenzen: „Was technisch machbar ist, ist in der Realität nicht immer auch praktisch umsetzbar“, sagte der BIR-Spartenvorsitzende in Prag. „Nehmen Sie zum Beispiel die Motorabdeckung aus Plastik. Diese kann mit Flüssigkeiten stark verschmutzt sein, was es nicht sehr wirtschaftlich macht, dieses Plastik zurückzugewinnen.“

Shredderrückstände durchaus lohnendes Ziel

Hinzu kommt die große Wissenslücke, welcher Kunststoff an welcher Stelle im Automobil verwendet wurde. Das macht den Demontagebetrieben und Recyclern das Leben zusätzlich schwer. Patawari drängte deshalb darauf, die bereits bestehende Datenbank namens IDIS – International Dismantling Information System – zu nutzen. „Die Hersteller müssten diese allerdings einheitlich, durchgängig und mit korrekten Informationen füttern“, forderte Patawari.

Ebenso wichtig sei eine stärkere Durchsetzung des Prinzips „Design for Resource Efficiency“. Der Kunststoffexperte ist allerdings zuversichtlich, dass die Gesetzgebung sowohl das als auch technologische Weiterentwicklungen stimulieren wird.

Hinsichtlich der Verwertung der Shredderrückstände dürften sich die Anstrengungen lohnen. In Europa werden laut Patawari jährlich zwölf Millionen Fahrzeuge demontiert. In den Shredderrückständen sind rund 69 Kilogramm Kunststoffe pro Auto zu finden, schätzt der Verbands Auto Recycling Netherlands. Hochgerechnet auf Europa, sind das rund 800.000 Tonnen Plastik. „Das ist eine gewaltige Menge, die großartige Chancen darstellt“, ist Patawari überzeugt.

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