Mehr Wiederverwertung

Verbände und Interessenvertreter begrüßen die von der EU-Kommission vorgelegte europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft. Einige unterstreichen den Ansatz der Abfallvermeidung, andere fordern eine rasche Umsetzung. Aber es gibt auch Appelle, die thermische Verwertung nicht zu vergessen. Die Reaktionen im Überblick.

Stimmen zur EU-Plastikstrategie


Die ersten Reaktionen auf die gestern vorgestellte EU-Plastikstrategie fallen mehrheitlich positiv aus. Interessenverbände und Umweltverbände begrüßen die Vorschläge der EU-Kommission im Grundsatz, wenngleich es zum Teil weitergehende Forderungen gibt. Ein Überblick über die Stellungnahmen:

Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV):

„Die Strategie bekennt sich klar zum Beitrag von Kunststoffen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Insbesondere die Ankündigung zusätzlicher Investitionen der öffentlichen Hand in den Ausbau der Kreislaufwirtschaft in Europa, der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für das Kunststoffrecycling, besserer Qualitätsstandards für Kunststoffrecyclate sowie einer vertieften internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung des globalen Problems des Eintrags von Kunststoffabfällen in die Meere begrüßen die Kunststoffverarbeiter in Deutschland.“

„Der Strategie müssen nun entschlossene und für sämtliche EU-Mitgliedsstaaten verbindliche Schritte zum Beispiel zu einem zeitnahen europaweiten Deponierungsverbot für Post-Consumer-Kunststoffabfälle folgen. Auch die Getrenntsammlung ist in vielen Mitgliedsstaaten noch deutlich ausbaufähig. Gleichwohl soll werkstoffliches Recycling auch in Zukunft bevorzugt zum Einsatz kommen.

Darüber hinaus „soll die thermische Verwertung von Kunststoffabfällen in Zukunft ihren Platz in der Entsorgungshierarchie behalten, denn auch sie trägt zu einer effizienten Ressourcennutzung und zum Klimaschutz bei.“

Umweltbundesamt (UBA):

„Das Ziel der EU-Kommission, dass bis zum Jahr 2030 weniger Kunststoffe in der Umwelt landen, ist zu begrüßen – ob es auch Realität wird, hängt aber sehr stark von der praktischen Umsetzung der Plastikstrategie ab. Und hier fehlen leider an vielen Stellen griffige Vorschläge. Mir ist das zu zahnlos“, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes. „In der jetzigen Form enthält die Plastikstrategie viele Prüfaufträge und es werden zu einem großen Teil Produzenten, Verbraucher und Mitgliedsstaaten in der Verantwortung gesehen, die Kunststoffstrategie zum Erfolg zu bringen. Konkrete Maßnahmenvorschläge der Kommission selbst, die wirklich sicherstellen, dass weniger Kunststoff in die Umwelt kommt, sind kaum enthalten.“

„Positiv hervorzuheben ist, dass die Kunststoffstrategie alle Aspekte des Umgangs mit Kunststoff adressiert, von der Rohstoffgewinnung bis zur Abfallentsorgung. Zudem werden erstmalig alle Akteure angesprochen, die mit Kunststoff zu tun haben, von den Produzenten über die Konsumenten bis hin zu Recyclingunternehmen und Kunststoff-Verbänden. Allerdings bleibt völlig offen, wie Länder, die bisher kaum oder wenig Kunststoffrecycling betreiben, die ambitionierten Ziele erreichen sollen. Auch der Meeresschutz kommt zu kurz. International wird auf allen Ebenen gegen Müll im Meer gekämpft. Da wäre ein anspruchsvolles Minderungsziel der EU ein wichtiges Zeichen für die Umwelt.“

Verband kommunaler Unternehmen (VKU):

„Es ist ein Armutszeugnis nach einem Vierteljahrhundert Verpackungsverordnung, dass erst durch einen Importstopp Chinas für Kunststoffabfälle offensichtlich wird, dass wir beim Kunststoffrecycling bislang kaum etwas erreicht haben“, sagte VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. Spätestens jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, dass Produkthersteller und private Entsorgungswirtschaft ihrer Verantwortung nachkommen und ihre angekündigten Recyclingkapazitäten realisieren.

„Es ist gut, dass die Kommission nun die Plastikstrategie auf den Weg gebracht hat. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Es liegt an den Mitgliedstaaten, parallel praktikable Strategien für Herstellung und Vermeidung zu entwickeln.“

Hinsichtlich der Einträge von Mikroplastik in die Gewässer erklärte Karsten Specht, VKU-Vizepräsident, Sparte Wasser- und Abwasserwirtschaft: „Es ist gut, dass die EU-Kommission bereits bei den Produktherstellern ansetzen will. Ein erster Schritt hierfür ist der Vorschlag, solche Substanzen, etwa in Kosmetikprodukten, vollständig zu vermeiden. Das ist der richtige Weg.“

Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse):

„Das Kunststoffrecycling muss ausgebaut und gefördert werden. Grundsätzlich gilt Recycling vor Verbrennen und Qualität vor Quantität. Hier hilft aber keine pauschale Steuer auf Kunststoffe, da so keine Lenkungswirkung entfaltet, sondern nur ein Finanzierungsinstrument für einen klammen EU-Haushalt geschaffen wird. Wichtig ist, die Recyclingfähigkeit von Produkten zu fördern bzw. den Einsatz von Recyclaten in neuen Produkten.“

„Auch im Bereich der Kunststoffsortierung muss sich die Qualitätsprämisse als oberste Zielsetzung durchsetzen. Neben der Erweiterung von Sortierkapazitäten müssen technische und rechtliche Voraussetzungen für eine gleichzeitige Steigerung der Qualitäten geschaffen werden. Zudem ist die Gesetzgebung gefragt, die Auflagen für die Genehmigungen und den Betrieb von Kunststoffrecycling-Anlagen, die vielen Menschen Beschäftigung bieten, in Zukunft zu erleichtern, damit neue Recycling-Kapazitäten jetzt und nicht irgendwann geschaffen werden können.“

Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE):

„Die Kunststoffstrategie setzt die richtigen Akzente. Die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft sind auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen, um die notwendigen Investitionen tätigen zu können“, sagt BDE-Präsident Peter Kurth.

„Ein wichtiger Baustein der Strategie ist aus Sicht des BDE die EU-weite Selbstverpflichtungskampagne, die die Kommission dazu initiiert hat. Hersteller von Kunststoffprodukten haben somit die Möglichkeit, sich an dieser freiwilligen Lösung zu beteiligen, wenn sie verhindern möchten, künftig durch Vorschriften zum Rezyklateinsatz verpflichtet zu werden. Die rechtlichen Grundlagen zur Ausweitung der Menge an Rezyklaten in den nächsten zehn Jahren sind gelegt. Nun sind fortschrittliche Unternehmer in der EU gefragt, die daran mitarbeiten wollen, die Rohstoffkreisläufe durch Verwendung von Rezyklaten zu schließen.“

European Bioplastics (EUBP):

„Die am Dienstag von der Europäischen Kommission veröffentlichte Europäische Kunststoffstrategie setzt klare Ziele zur Reduzierung von Kunststoffabfällen, zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Schaffung von Beschäftigung in Europa. Die Strategie fokussiert sich jedoch vor allem auf werkstoffliches Recycling und bleibt hinter den Erwartungen an einen ganzheitlichen Ansatz zurück. Konkrete Schritte, die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen durch die Verknüpfung der Kreislaufwirtschaft mit der Bioökonomie zu reduzieren sowie innovative biobasierte Kunststofflösungen zu unterstützen, werden weiter verschoben. Der Beitrag biologisch abbaubarer Kunststoffe zu einer Kreislaufwirtschaft wird zwar in der Strategie anerkannt, konkrete Maßnahmen aber fehlen ebenfalls.“

„Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind eine nachhaltige Alternative für viele Kunststoffprodukte“, sagt François de Bie, Vorsitzender von European Bioplastics (EUBP), dem Verband der Biokunststoffindustrie in Europa. „So wichtig die Erhöhung des Recyclinganteils in Kunststoffen auch ist, andere nachhaltige Alternativen wie biobasierte Rohstoffe müssen ebenfalls gefördert werden, um den Anteil der in der Kunststoffindustrie eingesetzten fossilen Rohstoffe zu reduzieren.“

Deutsche Umwelthilfe (DUH):

„Die Deutsche Umwelthilfe begrüßt die vorgestellte Strategie zur Vermeidung von Plastikabfall in der Umwelt und wertet dies als starkes politisches Signal.“ Als positiv bewertet der DUH, dass die EU-Kommission biologisch abbaubare Kunststoffe nicht bevorteilt, sondern als kritisch bei Recyclingprozessen und problematisch beim Abbau in der Natur einschätzt.“

Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft erklärte: „Immer häufiger werden Verpackungen hergestellt, die faktisch nicht mehr recyclingfähig sind. Die EU-Plastikstrategie greift diesen wichtigen Punkt auf. Kompliziert und mehrschichtig aufgebaute Verbundstoffe sollen bis 2030 der Vergangenheit angehören. Hierfür müssen jedoch verbindliche Standards zur Recyclingfähigkeit festgelegt werden, welche es zum jetzigen Zeitpunkt in Deutschland nicht gibt. Hier muss dringend nachgebessert werden.“

Naturschutzbund Deutschland (NABU):

„Die Strategie zum zukünftigen Umgang mit Kunststoffen kommt zur richtigen Zeit, denn es gibt zahlreiche Baustellen beim Thema Plastik: Es basiert auf fossilen Rohstoffen, es gibt zu viel davon in vermeidbaren Einwegprodukten – von der Kunststofftüte bis zur Plastikflasche – und nach einem sehr kurzen Leben wird es häufig verbrannt, deponiert oder achtlos in der Umwelt entsorgt.“

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller fordert: „Die Vermeidung von Einweg-Plastik muss an erster Stelle der zukünftigen politischen Maßnahmen stehen.“ […] Zusätzlich müssen mehr wirtschaftliche Anreize für weniger Plastik geschaffen werden. NABU-Umweltexperte Sascha Roth ergänzte: „Eine Materialsteuer, die bei den Plastikproduzenten ansetzt, könnte erheblich zur Kunststoffvermeidung und zu besserem Recycling beitragen.“

 

© 320°/bs | 17.01.2018

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