Tarifverhandlungen

In Berlin blieben gestern vielerorts die vollen Mülltonnen stehen – die Beschäftigten der BSR-Tochter Berlin Recycling GmbH streikten für einen neuen Tarifvertrag. Verdi und der BDE machen sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich.

Streik in Berlin: Fronten zwischen Verdi, BDE und BSR verhärtet


Im Streit um einen neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten von Berlin Recycling wurde gestern eine erste Eskalationsstufe erreicht. Etwa 300 Mitarbeiter des Tochterunternehmens der Berliner Stadtreinigung (BSR) legten an allen vier Standorten in Berlin die Arbeit nieder. Aufgerufen zu dem Streik hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die für die Beschäftigten einen neuen Tarifvertrag aushandeln will.

Laut Verdi konnte mit Geschäftsführung und Vorstand der Muttergesellschaft BSR auch in der vierten Verhandlungsrunde keine Einigung erzielt werden. „Die Berlin Recycling GmbH bringt der Berliner Stadtreinigung jährlich Millionengewinne ein, die Beschäftigten aber haben aktuell ein deutlich niedrigeres Einkommen als ihre Kollegen von der BSR“, kritisiert Ellen Naumann, bei Verdi für den Bereich Ver- und Entsorgung zuständig. „Das Unternehmen greift zusätzlich mit Billigung des BSR-Vorstandes täglich auf eine Vielzahl von Leiharbeitnehmern zurück, die lediglich den Branchenmindestlohn erhalten.“

Verdis Forderung nach einem neuen Tarifvertrag ist offenbar die Folge der gescheiterten Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeberverband BDE. Noch bis Ende 2016 fiel Berlin Recycling – ein Mitgliedsunternehmen des BDE – unter den Flächentarifvertrag der privaten Entsorgungswirtschaft.

Weil sich BDE und Verdi aber nicht auf Bedingungen zur Fortführung des Flächentarifvertrags einigen konnten, kündigte Verdi dem Entsorgerverband die Tarifpartnerschaft auf und verweigerte weitere Gespräche. Stattdessen will die Gewerkschaft nun mit den Arbeitgebern eigene Haustarifverträge abschließen. Auch Berlin Recycling soll einen solchen Tarifvertrag bekommen.

Keine Einigung nach vier Verhandlungsrunden

Der BDE reagierte gestern mit Unverständnis und Kritik auf Verdis Vorgehen. „Für ein Strohfeuer in Berlin werden lange gelebte und bewährte, deutschlandweit Geltung beanspruchende Tarifstrukturen geopfert“, sagte BDE-Vizepräsident Oliver Gross, der gleichzeitig Vorsitzender der kleinen Tarifkommission im BDE ist. „Verdi zerstört den lange bewährten Flächentarifvertrag in der privaten Entsorgungswirtschaft.“

Der BDE wirbt erneut dafür, dass die Gespräche über einen neuen Flächentarifvertrag wieder aufgenommen werden. Dieser würde dann auch für die Beschäftigten von Berlin Recycling gelten. „Wir können zügig zu einem Abschluss kommen“, glaubt Gross. Die Tarifkommission habe sich bei allen Forderungen sehr auf die Gewerkschaft zubewegt.

Sollte Verdi die Verhandlungen nicht wieder aufnehmen, ist laut BDE auch der Branchenmindestlohn gefährdet. Die Marke von 9,10 Euro sei bereits am 31. März dieses Jahres ausgelaufen. Durch die Blockadehaltung von Verdi stünden auch weitere gemeinsame Projekte der Sozialpartner wie die Altersvorsorge Entsorgungswirtschaft AVE vor dem Aus, so der BDE.

© 320°/ek | 29.06.2017

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