Neue Untersuchung

Der Beitrag der Abfallverbrennung zur Energiewende in Deutschland ist nicht zu vernachlässigen, wie aus einer aktuellen Studie hervorgeht. Für Branchenvertreter ist das Grund genug, Forderungen an die Bundesregierung zu stellen. Aber auch an das Umweltbundesamt.

Studie beziffert Beitrag der Müllverbrennung zur Energiewende


Etwa drei Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien wird in Deutschland in thermischen Abfallbehandlungsanlagen (TAB) erzeugt. An der gesamten Stromherstellung tragen die TAB immerhin ein Prozent bei. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Energy Brainpool, die den Beitrag thermischer Abfallbehandlungsanlagen zur Energiewende untersucht hat.

In Auftrag gegeben hat die Studie die Interessensgemeinschaft Thermischer Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD), die dadurch die Bedeutung der thermischen Abfallbehandlung für den Energiemarkt belegt sieht. Auch der Vermeidungsfaktor von Treibhausgasemissionen bei Strom und Fernwärme sei höher als gemeinhin angenommen. „Die Annahmen des Umweltbundesamtes über die Höhe der CO2-Fracht des Siedlungsabfalls sollten in diesem Zusammenhang kritisch überprüft werden“, heißt es in der Studie.

Insgesamt behandeln die ITAD-Mitglieder, die 94 Prozent der thermischen Entsorgungskapazität für Siedlungs- und Gewerbeabfälle in Deutschland repräsentieren, rund 23 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr. Daraus stellen sie rund 10 Terawattstunden Strom und 20 Terawattstunden Wärme her. „Da im Mittel 50 Prozent des Brennstoffs biologisch abbaubarer Abfall ist, gelten auch 50 Prozent der von der TAB produzierten Energie als erneuerbar“, betonen die Autoren der Studie – also 5 Terrawattstunden.

Gemessen an der installierten elektrischen Leistung der Anlagen würden TAB-Anlagen somit zu den größten Erneuerbare-Energien-Anlagen zählen, heißt es in der Studie. Einen Vergütungsanspruch nach dem EEG haben die Anlagen gleichwohl nicht. Darüber hinaus haben die Autoren aber noch weitere Punkte herausgearbeitet, die gleichzeitig die Bedeutung für die Energiewende belegen sollen:

  • Rund ein Fünftel der steuerbaren Bioenergie wird durch TAB bereitgestellt. Würden die 5 Terrawattstunden durch geförderte Biomassenanlagen hergestellt werden, würde dies das EEG-Umlagekonto mit weiteren 740 Millionen Euro belasten.
  • TAB-Anlagen mindern die volkswirtschaftlichen Stromgestehungskosten um aktuell 4 Millionen Euro jährlich. Mit weniger Grundlasterzeugung soll sich dieser Effekt bis zum Jahr 2030 mehr als verdreifachen.
  • Rund 15 Millionen Tonnen Treibhausgase werden über die Energienutzung und das anschließende Metallrecycling aus der Schlacke substituiert.
  • Derzeit werden bei der Stromerzeugung in TAB gegenüber der Herstellung in Kohle- und Gaskraftwerken rund 4 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart.
  • Bei den Emissionen von fünf Schadstoffen wurden für die TAB signifikant geringere Werte gemessen, als bei der Schadstoffbelastung von Kohlekraftwerken.
  • Durch die Abfallverbrennung werden jährlich 450 Hektar Deponiefläche gespart.
  • In der Regelleistung können vor allem größere TAB-Anlagen in einem gewissen Leistungsband Flexibilität bei der Stromeinspeisung bereitstellen. So wurde bereits exemplarisch gezeigt, dass eine Anlage bei unterdurchschnittlichen Strompreisen 20 Prozent weniger Strom produzieren könne.

Für ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn wird durch die Studie die häufig in Frage gestellte Bedeutung der thermischen Abfallbehandlung für den Energiemarkt widerlegt. „Somit ist es auch folgerichtig, dass die thermische Abfallbehandlung weiterhin die vermiedenen Netzentgelte erhalten“, betont Spohn.

Der Mechanismus der vermiedenen Netzentgelte führt dazu, dass dezentrale Stromerzeuger von dem Verteilnetzbetreiber ein Entgelt bekommen, da sie den Strom direkt vor Ort einspeisen und so die Netze und Überlandleitungen entlasten. Bei konventionellen sowie geförderten Anlagen werden die vermiedenen Netzentgelte unmittelbar ausgezahlt. Bei Wind- und Solarstromanlagen wird dieses Entgelt über die EEG-Förderung verrechnet. Die Bundesregierung will die vermiedenen Netznutzungsentgelte jedoch abschaffen.

© 320°/ek | 20.03.2017

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