Kosten/Nutzen-Analyse für Bioabfälle

Eine neue Studie lenkt das Augenmerk auf die Kosten der getrennten Erfassung von Bioabfällen. Das Fazit: Im Vergleich zu alternativen Verwertungsformen ist die Biotonne ein überteuertes Konzept.

Studie zweifelt am Nutzen der Biotonne


Für die Befürworter der Biotonne liegen die Vorteile klar auf der Hand: Mit der Pflicht zur Einführung einer Biotonne ab 1. Januar 2015 sollen 3 bis 4 Millionen Tonnen Bioabfall zusätzlich erfasst werden. Diese Mengen kommen aus jenen Regionen, die bislang noch keine Getrennterfassung von Bioabfällen anbieten. Damit verbunden sind im besten Fall diverse ökologische Vorteile – in erster Linie die Nutzung von Phosphor und die Bereitstellung humusbildender Stoffe zur Verbesserung der Bodenqualität.

Doch nach heutigem Stand werden die geplanten Mengen nicht in vollem Umfang zusammenkommen. Denn nicht alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind von der Vorteilhaftigkeit der Biotonne überzeugt. Rund 60 Landkreise werden ab dem kommenden Jahr voraussichtlich keine Biotonne anbieten. Zwar ist fraglich, ob sie mit der Verweigerungshaltung durchkommen werden, in jedem Fall können sie nun aber auf eine Studie verweisen, die der Getrennterfassung vergleichsweise hohe Kosten ausstellt.

Die Studie wurde von der ITAD, der Vereinigung der MVA-Betreiber in Deutschland, in Auftrag gegeben. Erstellt hat sie das Berliner Ingenieurbüro ICU –Partner Ingenieure. Das Büro hat die Bioabfallerfassung über die Biotonne mit alternativen Verwertungsformen verglichen. Die Biotonne wurde dabei den drei Verwertungswegen Eigenkompostierung, Grüngut zur Fremdnutzung und thermische Verwertung mit dem Hausmüll gegenübergestellt.

Das Ergebnis zeigt, dass eine Biotonne unter ökologischen Aspekten nur in Ausnahmefällen die bessere Variante ist. So bilanziert die Studie, dass nur eine sehr hochwertige Vergärung des Bioabfalls klimaentlastender wirkt als die energetische Verwertung der Hausmüll-Organik über die MVA. Das wiegt umso schwerer, als derzeit rund 70 Prozent der derzeit gesammelten Bioabfälle eben nicht hochwertig vergärt, sondern kompostiert würden, heißt es in der Studie.

Gewinn an Phosphor und Humus-C wird erkauft

Um den Vergleich zwischen Biotonne und energetischer Verwertung mit dem Hausmüll anzustellen, haben die Autoren zwei Modellszenarien einer Bioabfallsammlung in einem Muster-Landkreis von 150.000 Einwohnern entwickelt, dessen Hausmüll über eine MVA mit mittlerer energetischer Effizienz verwertet wird. Wie die Studie hervorhebt, lassen sich für beide Varianten Umweltvorteile bestimmen. Die energetische Verwertung mit dem Hausmüll kann einen relevanten Treibhausgas-Entlastungsbeitrag auf der Habenseite verbuchen. Rund 50 Prozent der im Hausmüll enthaltenen Energie stammen aus biogenen Abfallstoffen. Die Getrennterfassung über die Biotonne hingegen kann den Zugewinn von Phosphor ins Feld führen, der aus der Umlenkung von der Hausmüllorganik in die Biotonne resultiert. Ob man auch einen zusätzlichen Phosphorgewinn aus der Eigenkompostierung hinzurechnen kann, bezweifeln die Autoren. Denn wenn der Gartenbesitzer die entzogene Phosphormenge durch andere Dünger ausgleicht, sei der Nettonutzen gleich Null.

Die Differenzbetrachtung beider Entsorgungsvarianten zeigt laut Studie, dass der Gewinn an Phosphor und Humus-C mit einer Klimabelastung „erkauft“ wird. Denn die hoch klimaentlastende Wirkung der energetischen Verwertung werde von einer gängigen Bioabfallvergärung nicht erreicht. Wollte man die Umweltvorteile dennoch erzielen, würde die Variante Biotonne zehn Mal so viel kosten wie die Variante über die Hausmüllentsorgung. Wie die Autoren betonen, müssten in einen aussagekräftigen Kostenvergleich die vollständigen Mehrkosten einer Biogutsammlung unter Einschluss der Sammlungskosten eingestellt werden. Allein die Bewertung der Behandlungskosten genüge dazu nicht.

„Die Biotonne erscheint damit bei Hausmüllentsorgung über eine energetisch effizientes System, zu dem die Abfallverbrennung gehört, als ein stark überteuertes Konzept“, heißt es in der Studie. Darüber hinaus müssten auch die mit der Biotonne erzielbaren Umweltvorteile relativiert werden: Der Ausbau der Biogutsammlung um zusätzliche 4 Millionen Tonnen würde den deutschen Netto-Phosphorimport um rund 1 Prozent entlasten. In ähnlicher Höhe liege der Humus-C-Gewinn. Die Treibhausgas-Beeinflussung, so die Autoren, liege bei maximal 2 Promille.

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