Entsorgung HBCD-haltiger Abfälle

Es wird spannend bei der heutigen Sitzung des Bundesrats. Auf der Agenda steht die Entscheidung zur Entsorgung von Styropor-Abfällen. Bei einer Reihe von Bundesländern ist noch nicht absehbar, wie sie abstimmen werden. Umweltverbände fordern unterdessen die Beibehaltung der geltenden Regelung.

Tag der Entscheidung im Bundesrat


Am heutigen Freitag wird ein Schlussstrich unter die schwelende Diskussion zur Entsorgung HBCD-haltiger Abfälle gezogen. Dann entscheidet der Bundesrat über den Antrag des Saarlands, die geänderte Abfallverzeichnis-Verordnung zurückzudrehen. Seit Oktober zählen Styropor-Abfälle, die einen Hexabromcyclododecan (HBCD)-Anteil von 1.000 Milligramm pro Kilogramm überschreiten, als gefährlicher Abfall.

Es könnte eine knappe Entscheidung werden. Bislang stimmen der Bundesratsinitiative laut dem saarländischen Umweltminister Reinhold Jost (SPD) die Bundesländer Bayern, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Sachsen und Thüringen zu. Damit erreichen diese Bundesländer 32 der mindestens 35 benötigten Stimmen. Fünf Bundesländer, zumeist mit einer roten Mehrheit im Landtag, sind noch unentschieden. Zünglein an der Waage könnte das schwarz-grün regierte Hessen werden.

Die Entscheidung im Plenum ist heute der 73. von 89 Tagesordnungspunkten. Das Saarland hat um sofortige Sachentscheidung seines Antrags gebeten. Angekündigte Redner sind Anke Rehlinger (SPD, Saarland), Johannes Remmel (Die Grünen, Nordrhein-Westfalen), Ulrike Höfken (Die Grünen, Rheinland-Pfalz) und Franz Untersteller (Die Grünen, Baden-Württemberg). Darüber hinaus werden sprechen: Joachim Lohse (Die Grünen, Bremen), Stefan Wenzel (Die Grünen, Niesersachsen) und aus dem Bundesumweltministerium Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD).

Umweltverbände fordern: Aktuelle Regelung beibehalten

Unterdessen haben sich am Vorabend der Entscheidung noch einmal verschiedene Umweltverbände geäußert. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) teilte mit, dass er strikt gegen den saarländischen Vorstoß ist. Er rief alle Bundesratsmitglieder dazu auf, den Antrag abzulehnen. „HBCD ist ein gefährliches Umweltgift, das nur unter strenger Kontrolle als gefährlicher Abfall entsorgt werden dar“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Es wäre fahrlässig, nur aufgrund von kurzfristig höheren Entsorgungskosten, die Regelungen aufzuweichen.

Sollten belastete Dämmplattenabfälle bundesweit als ungefährlich eingestuft werden, befürchtet der Umweltverband, dass diese in Zukunft „wieder unkontrolliert in deutschen Müllöfen ohne Sondergenehmigung behandelt werden“. Das ist aus Sicht des Verbands auch den Recyclingverfahren, an denen bereits geforscht werde, nicht zuträglich. „Wenn die Politik weiterhin den Weg für die unkontrollierte Verbrennung ebnet, können sich solche Verfahren auf dem Markt nicht durchsetzen“, heißt es.

Chance für den Aufbau von Recyclingkapazitäten

Ähnlich sehen das die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Naturschutzring (DNR). Beide Umweltverbände fordern eine Beibehaltung der Einstufung von Dämmstoffen mit HBCD als gefährlicher Abfall und den Aufbau von Kapazitäten für ein umweltfreundliches Recycling. Durch die aktuelle Regelung müssten HBCD-haltige Dämmstoffe dokumentiert, getrennt erfasst und gesondert abtransportiert werden. Das biete ideale Möglichkeiten für ein hochwertiges Recycling von jährlich mehr als 40.000 Tonnen schadstoffbelasteter Polystyrol-Dämmstoffe, so die Verbände.

Zudem seien die Müllverbrennungsanlagen in Deutschland derzeit ausgelastet und verweigerten die Annahme des Abfalls. In der Folge seien auch die Entsorgungspreise gestiegen. „Damit ergeben sich ideale Voraussetzungen und ein finanzieller Anreiz für das Recycling dieses wichtigen und energiereichen Kunststoffes“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

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