Kunststoffrecycling

Das Kunststoffrecycling hat noch Luft nach oben, darüber herrscht Einigkeit. Die Frage ist, wie groß das Potenzial tatsächlich ist und welche Maßnahmen in Frage kommen, um das Potenzial auszuschöpfen. Das Umweltbundesamt hat hierzu eine Abschätzung vorgenommen.

UBA empfiehlt Mindest-Recyclatquote für Kunststoffprodukte


Das Potenzial klingt vielversprechend: Über 1,1 Millionen Tonnen Altkunststoffe könnten jährlich zusätzlich stofflich verwertet werden – vorausgesetzt die Potenziale aus den verschiedenen Abfallströmen würden auch genutzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Umweltbundesamtes, die Franziska Krüger vom Fachgebiet Produktverantwortung vergangene Woche beim bvse-Altkunststofftag in Bad Neuenahr vorgestellt hat.

Gemäß Studie teilt sich das Gesamtpotenzial auf vier Abfallströme auf: gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle, LVP und stoffgleiche Nichtverpackungen sowie Elektroaltgeräte und Altfahrzeuge. Nach den Abschätzungen des UBA ergibt sich somit folgendes Mengengerüst:

  • Gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle: Laut UBA fallen hier jährlich rund 1,49 Millionen Tonnen Kunststoffe an. Bislang werden davon nur 70.000 Tonnen werkstofflich verwertet. Das UBA glaubt, dass diese Menge deutlich steigerbar ist und geht von einem Potenzial von weiteren 780.000 Tonnen aus. Insgesamt käme das Recycling dann auf 850.000 Tonnen – immerhin mehr als die Hälfte des tatsächlich anfallenden Kunststoffes aus diesem Bereich.
  • Leichtverpackungen (LVP) und stoffgleiche Nichtverpackungen (StNVP): Von den 1,39 Millionen Tonnen Kunststoffen, die hier jährlich anfallen, könnten laut UBA 290.000 Tonnen zusätzlich recycelt werden. Zusammen mit den 490.000 Tonnen, die derzeit werkstofflich verwertet werden, kämen die Recycler dann auf 780.000 Tonnen pro Jahr.
  • Separat erfasste Elektro-/Elektronikaltgeräte: Etwa 193.000 Tonnen Kunststoffe fallen in diesem Bereich jährlich an – mit rund 18.000 Tonnen wird aber nur ein Bruchteil davon stofflich verwertet. Auch hier sieht das UBA ein Steigerungspotenzial, das mit 27.000 Tonnen zusätzlichem Material pro Jahr aber nicht sehr hoch ist.
  • Altfahrzeuge (PKW): Jährlich fallen bei Altautos etwa 47.000 Tonnen Kunststoffe an. Laut UBA könnte die derzeit recycelte Menge von 2.000 Tonnen um weitere 10.000 Tonnen gesteigert werden. Das wären dann immerhin 12.000 Tonnen und somit eine Versechsfachung.

Um die Potenziale auszuschöpfen, hat das UBA mehrere Vorschläge gemacht, die zwei Ansätze verfolgen: Zum einen soll das Angebot an werkstofflich verwertbaren Kunststoffabfallmengen erhöht werden und zum anderem soll die Nachfrage nach Kunststoffrecyclaten verbessert werden.

Um das Angebot an verwertbaren Mengen zu erhöhen, fordert das UBA nach wie vor, dass LVP und StNVP bundesweit gemeinsam gesammelt werden – beispielsweise in einer Wertstofftonne. Für den Bereich Altfahrzeuge empfiehlt das UBA, entweder die großen Kunststoffteile konsequent zu demontieren oder die Pflicht einzuführen, dass in jedem Auto 20 Kilogramm Kunststoffe zurückzugewonnen und dann stofflich verwertet werden müssen. Für den Bereich E-Schrott stellt sich das UBA kunststoffspezifische Recyclingvorgaben vor und schlägt außerdem vor zu prüfen, ob eine Verpflichtung zur Demontage großer Kunststoffteile aus Großgeräten Sinn macht.

Um andererseits auch die Nachfrage der Recyclate anzukurbeln, fordert das UBA unter anderem eine Mindestrecyclatquote für Kunststoffprodukte. Die Behörde verweist hierbei auf die Pilotbeispiele Kunststoff-Einwegtragetaschen und Mülltonnen mit Mindestrecyclatgehalten von jeweils 80 Prozent. Außerdem soll der Einsatz von Sekundärrohstoffen in der Ökodesign-Richtlinie vorgegeben werden.

Weitere Maßnahmen für mehr Akzeptanz der Recyclate sind nach Ansicht des UBA die Stärkung der Nachfrage durch die öffentliche Beschaffung, die Weiterentwicklung aussagekräftiger Umweltproduktdeklarationen für Bauprodukte und Imagekampagnen für Recyclingprodukte. Bei den Kampagnen sollen dann vor allem Alltagsprodukte im Mittelpunkt stehen, betonte Krüger.

© 320°/ek | 07.06.2017

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