Internationaler Markt

Nach einem guten Jahresbeginn bleiben die Akteure auf dem weltweiten Stahlschrottmarkt überwiegend positiv gestimmt. Der Handel läuft gut, die Stahlwerke arbeiten vielerorts auf Volllast. Nur die Strafzölle auf Stahl sorgen für Unruhe.

Überwiegend positive Stimmung auf dem Stahlschrottmarkt


Die Stimmung auf dem globalen Stahlschrottschrottmarkt bleibt nach dem guten Jahresstart überwiegend positiv. „Wir haben zwar über die vergangenen Wochen eine leichte Verlangsamung des Marktes erlebt, aber die Berichte aus den verschieden Regionen zeigen, dass die allgemeine Grundstimmung vorsichtig optimistisch bleibt“, schreibt Tom Bird, Interims-Vorsitzender des BIR-Ausschusses für den Stahlbereich, im aktuellen Marktbericht des Weltrecyclingverbands.

Auf die Stimmung drücken lediglich die Zölle, die die USA und auch China eingeführt haben. Sie haben laut Bird zumindest kurzfristigen Einfluss auf die Stahlschrotte: Zum einen fallen die Verkaufszahlen für Rohstahl, und somit die Preise und letztlich auch die Stahlschrottpreise. Zum anderen werden sich die Absatzmärkte verändern, weil große Rohstahlmengen aus Russland neue Verkaufsziele brauchen – möglicherweise in Europa. Auch das wird sich auf die Schrottnachfrage und die Preise auswirken.

Langfristig glaubt Bird allerdings, dass der globale Markt sich wieder einpendeln wird. „Wie immer, wird der Markt sich anpassen. Solange die Nachfrage bestehen bleibt und die Handelsströme sich anpassen, sollte sich auch der Stahlschrottmarkt halten“, so der Experte.

Kurzfristig jedoch gibt es in den einzelnen Ländern noch unterschiedliche Entwicklungen, wie die Marktkommentare verschiedener BIR-Vertreter zeigen:

USA

In den USA ist die Nachfrage nach heimischem Stahl groß. Entsprechend stark ist die Schrottausfuhr gedrosselt worden. Wie George Adams von SA Recycling berichtet, leidet darunter die Türkei als größter Abnehmer von US-Stahlschrotten am meisten. Allerdings ging zeitgleich auch der Schrottbedarf der Türkei zurück, da dort weniger Rohstahl hergestellt wurde.

Trotz der steigenden Schrottnachfrage in den USA konnte die Händler aber ihre Vorstellung von Preiserhöhungen von 20 bis 30 US-Dollar pro Tonne nicht realisieren. Grund ist der Umstand, dass durch den gesunkenen Export mehr Mengen verfügbar waren. Letztendlich stiegen die Notierungen zwischen 10 und 20 US-Dollar.

Türkei

Frank Heukeshoven von TSR Recycling bestätigt Adams Einschätzung bezüglich der Türkei: Der Verkauf von Rohstahl ist in den vergangenen Monaten zurückgegangen. Nach einem kleinen Preishoch Anfang März seien auch die Notierungen anschließend aufgrund der schlechten Verkaufszahlen und der Strafzölle abgefallen. Auch die anstehende vorgezogene Wahl könnte laut Heukeshoven den Markt verlangsamen.

Keinen Effekt hat hingegen wie schon in den Jahren zuvor der Ramadan, der am 15. Mai begonnen hat. Zuletzt aber habe der Markt wieder leicht angezogen und die Preise für HMS 80/20 hätten zwischen 345 und 350 US-Dollar pro Tonne gelegen. Auch von einigen Verkäufen in die EU wurde laut Heukeshoven berichtet.

EU

In Europa hingegen sind nach Angaben von Heukeshoven die Tonnenpreise im März um 15 bis 20 Euro gestiegen. Die Nachfrage im März und April sei sehr gut gewesen – besonders in Deutschland. Zwar sind die Notierungen im April wieder um ein bis 3 Euro gefallen, doch Heukeshoven rechnet weiterhin mit einer guten Nachfrage und stabilen Preisen.

Grundsätzlich sei der Stahlschrotthandel zwar langsam aber kontinuierlich gewesen: „Die Händler halten nichts zurück und verkaufen auch Lagerbestand.“ Da die Fabriken auf Volllast fahren, wird sich an den guten Aussichten erstmal nichts ändern, betont Heukeshoven.

China

Nach dem Neujahrsfest, einem harten Winter, Produktionsdrosselungen und der Zolleinführung scheint sich der in den vergangenen Monaten lustlose Stahlmarkt in China wieder zu erholen. Laut Adams sind die Preise für Rohstahl im April um 60 US-Dollar pro Tonne gegenüber März gestiegen. Trotz der Zollstreitigkeiten und neuen Regeln zur Neuverschuldung der Provinzen glaubt Adams, dass der Stahlmarkt weiter wachsen wird. Grund sind auch Infrastrukturverbesserungen im Transportbereich sowie in der Stadtentwicklung.

Großen Auftrieb wird dem Stahlschrottmarkt laut Adams auch die Zustimmung der Regierung zu neuen Elektrolichtbogenöfen mit einer Gesamtkapazität von 150 Millionen Tonnen geben. „Diese neuen Kapazitäten werden zweifellos dafür sorgen, dass das Land auch mehr Anlagen zur Verarbeitung von Stahlschrotten braucht.“

Japan

In Japan sorgte der starke Yen dafür, dass die Stahlschrottexporteure ihre Ware kaum wettbewerbstauglich verkaufen konnten. Entsprechend sind die Preise laut Hisatoshi Kojo von Metz Corporation für die Sorte H-2 beispielsweise von zuletzt bis zu 353 US-Dollar pro Tonne auf 311 US-Dollar gefallen. Der Marktführer Tokyo Steel hat die Einkaufspreise seit Ende März alleine fünf Mal gesenkt.

Die Jahresbilanz für Japan zeigt, dass auch dort immer mehr auf Schrott gesetzt wird. Zwar fiel die Stahlproduktion leicht um 0,3 Prozent auf rund 105 Millionen Tonnen. Doch die Herstellung in Elektrolichtbogenöfen stieg um 7,2 Prozent auf 26 Millionen Tonnen, wohingegen die Produktion in Pfannenöfen um 2,5 Prozent auf rund 79 Millionen Tonnen fiel.

Indien

In Indien setzt Zain Nathani von der Nathani Group of Companies vor allem auf den derzeit laufenden Verkauf von mehreren maroden Stahlfabriken. „Die Regierungsbehörde in Indien ist in den letzten Zügen, Käufer für die Stahlfabriken Essar, Bhushan Steel und Monnet Ispat zu finden“, schreibt der Stahlschrottexperte. „Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, werden die Banken eine große Menge ausstehender Kredite vergeben, was wiederum der Gesamtwirtschaft und vor allem dem Stahlsektor einen großen Auftrieb geben wird.“

 

© 320°/dpa | 18.05.2018

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