Biogasbranche wehrt sich

Die Einführung der Höchstbemessungsleistung für Biogasanlagen beschert den Anlagenbetreibern massive Verluste. Die Proteste blieben bislang folgenlos. Nun wehren sich Branchenvertreter mit einer Verfassungsbeschwerde.

Verfassungs-Beschwerde wegen Biogasbeschluss


Die Verfassungsbeschwerde hat der Verein Nachhaltige Energie eingereicht. Der Verein setzt sich aus rund 120 Biogasanlagenbetreibern und Energiedienstleistern zusammen, die sich zum Ziel gesetzt haben, „die Eingriffe des Gesetzgebers nicht tatenlos hinzunehmen, sondern sich im Rahmen von Gerichtsverfahren gegen Gesetze und Verordnungen für die Gewährung der Existenz seiner Mitglieder einzusetzen“.

Das hat der Verein nun getan. Die gestern eingereichte Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht soll den Gesetzgeber daran erinnern, dass er für die Investitionssicherheit in den Vorgängergesetzen des EEG 2014 ein Versprechen abgegeben hat, heißt es seitens der Interessenvereinigung. Von daher beruft sich der Verein auf den Bestandsschutz von Biogasanlagen. Dieser sei durch das am 1. August 2014 in Kraft getretene EEG 2014 und der Erhebung einer Höchstbemessungsleistung erheblich verletzt worden, argumentiert die Anwaltskanzlei Paluka Sobola Loibl & Partner aus Regensburg, die die Klagegemeinschaft vertritt. Die mit der EEG-Novellierung eingeführte Höchstbemessungsleistung sei ein rechtswidriger Eingriff in das von Art 14 Grundgesetz geschützte Eigentum.

Der vertretende Rechtsanwalt Helmut Loibl hält den Eingriff des Gesetzgebers für unverhältnismäßig und letztlich für sinnlos: „Für die betroffenen Anlagenbetreiber wirkt sich die Regelung dramatisch aus, weil – wie im konkreten Fall – über 50 Prozent des Gewinns wegbrechen können, ohne dass die Allgemeinheit etwas davon hat.“ In der Verfassungsbeschwerde soll der Nachweis geführt werden, dass sich die Beschränkung überhaupt nicht auf die EEG-Umlage auswirkt: „Letztlich greift der Gesetzgeber massiv in den Bestandsschutz einzelner Anlagen ein, ohne dass im Ergebnis die Verbraucher auch nur einen Cent weniger EEG-Umlage zahlen dürften“, erläutert Loibl. Das sei mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.

Gewinn im Nachhinein gestrichen

Nach Angaben des Vereins liegen die Verluste allein für die Mitglieder bei rund 5,5 Millionen Euro pro Jahr. Durch die Einführung der Höchstbemessungsleistung verzeichne ein optimal arbeitender Biogasproduzent bei einem Marktpreis von 4 Cent pro Kilowattstunde ein jährliches Minus von 27.000 Euro. Betroffen seien vor allem Betreiber, die erst kürzlich in hochwertige Technik investiert haben, um ihre Anlagen besonders gut auszulasten. Sinnvolle Anlagenerweiterungen und Effizienzsteigerungen würden damit unwirtschaftlich, da die Beschränkung zum Zeitpunkt der Planung und Installierung nicht absehbar war und ein erheblicher Gewinnanteil durch den Gesetzgeber im Nachhinein gestrichen wurde.

biogas---anzahl-der-anlagen-nach-laendern-europas-2013_statistic_id251208_Kritik äußert auch Caspar Baumgart, Vorstandsmitglied der Schweriner Wemag AG, einem Direktvermarkter von EEG-Strom. „Biogas ist ein wesentlicher Bestandteil des Energiemixes, da es als regelbare, erneuerbare Energie den Wegfall von fluktuierenden Anlagen sicher ausgleichen kann. Wird an der Höchstbemessungsleistung durch die Bundesregierung festgehalten, so werden kleinere und mittlere Anlagenbetreiber in schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Auch wird der Aufbau neuer Leistungskapazitäten zu höheren Stromerzeugungskosten führen, die der Verbraucher für diese Kapazitätsbeschränkung des Gesetzgebers am Ende zahlen muss.“ Gleichzeitig werde eine Abschaffung der Regelung nicht zu einem Ansteigen der EEG-Umlage für den Verbraucher führen, da die Vergütung dieser Leistung vor dem 01.08.2014 bereits in der Umlage enthalten war.

„Mit der Reform des EEG 2014 wurde neben der Höchstbemessungsleistung auch ein weiterer Vergütungsbestandteil gestrichen – ohne Ankündigung und ohne Übergangsfrist“, bemängelt auch Bernd Pommerehne, Vorsitzender des Vereins Nachhaltige Energie. „Der Gesetzgeber hat mit der Höchstbemessungsleistung von 95 Prozent faktisch eine bereits zur Verfügung stehende elektrische Leistung von rund 170 MW aus dem Markt genommen. Diese Leistung entspricht einem mittleren Braun- oder Steinkohlekraftwerk. Wenn die vorliegende Kapazitätsbeschränkung des Gesetzgebers nicht zurückgenommen wird, muss der Verbraucher am Ende die höheren Kosten tragen. “

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