Steigerung der Erfassungsmengen

Die Erfassungsmengen von Elektro-Altgeräten in Deutschland sind im europäischen Vergleich nur mittelprächtig. In Ländern wie Norwegen oder Schweden werden deutlich mehr Altgeräte erfasst. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe, meinen Experten.

Was Deutschland von Norwegen und Schweden unterscheidet


Mit der Novelle des Elektrogesetzes, die an diesem Freitag im Bundesrat auf der Tagesordnung steht, sind einige Erwartungen verbunden: Die Bundesregierung verspricht sich von dem neuen Gesetz, dass deutlich mehr Elektro- und Elektronik-Altgeräte einer ordnungsgemäßen und umweltfreundlichen Entsorgung zugeführt werden. Die private Entsorgungswirtschaft hofft, dass durch die Rücknahmepflicht des Handels mehr Geräte in ihren Erstbehandlungsanlagen landen. Und die Kommunalwirtschaft wird davon ausgehen, dass sie über die fortbestehende Optierung von Altgeräten von steigenden Sammelmengen profitieren kann.

Inwiefern sich die Hoffnungen erfüllen werden, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass Deutschland die Sammlung deutlich steigern muss, um die Sammelziele des Elektrogesetzes zu erfüllen. Die Novelle schreibt ab 1.1.2016 eine Mindestquote von 45 Prozent der in den drei Vorjahren durchschnittlich in Verkehr gebrachten Mengen vor. Ab 2019 erhöht sich die Mindestquote auf 65 Prozent. Im Jahr 2012 lag die Sammelquote in Deutschland bei 40,9 Prozent. Es gibt also einiges zu tun.

Lohnenswert ist dabei ein Blick in andere Länder. Vor allem in diejenigen, die E-Schrott erfolgreicher sammeln als Deutschland. Wie beispielsweise Schweden, das 2012 eine Sammelquote von 74,1 Prozent erreichte – die höchste innerhalb Europas. Oder Norwegen, das mit 58,4 Prozent den zweiten Platz belegt, klar vor Österreich mit 47,7 Prozent. Diese Länder liegen auch hinsichtlich der absoluten Erfassungsmengen an der Spitze. Den 1. Platz belegt Norwegen mit 20,9 Kilogramm pro Einwohner, gefolgt von Schweden mit 17,7 Kilogramm und Dänemark mit 13,6 Kilogramm. Deutschland liegt im europäischen Ranking mit 8,6 Kilogramm auf Platz 9.

Öffentlichkeitsarbeit und Auswertung

Dass es diese großen Unterschiede zwischen Deutschland und den übrigen Top 8-Ländern gibt, hat gute Gründe, glaubt Heinz-Josef Dornbusch von INFA-Institut. Nach seiner Auffassung gibt es drei Punkte, die den Unterschied zwischen Deutschland und den anderen 8 Ländern ausmachen:

Zum einen gebe es in Deutschland keine zentrale Öffentlichkeitsarbeit für die Rücknahme von Elektro-Altgeräten. Die rund 1.700 Annahmestellen der öffentlich-rechtlichen Entsorger (örE) seien hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit auf sich alleine gestellt. Eine Ausnahme gebe es nur bei Gasentladungslampen, für die es mit Lightcycle ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit gebe. Dass Öffentlichkeitsarbeit wirksam sein kann, zeige das Beispiel Österreich. Dort seien die Erfassungsmengen durch eine PR-Kampagne um 12 Prozent in nur einem Jahr gesteigert worden.

Der zweite Unterschied zwischen Deutschland und den besser platzierten EU-Ländern liegt laut Dornbusch in der Auswertung der erfassten Sammelmengen. In den anderen Ländern würden die zentralen Rücknahmesysteme die Sammelmengen regional auswerten. So könnten Schwachstellen einheitlich identifiziert und somit auch ein Ranking erstellt werden, das Anreize für besonders „sammelfreudige“ Kommunen schaffe. In Deutschland dagegen erfolge keine flächenbezogene Auswertung der erfassten Mengen. Die Mengen werden von den einzelnen Akteuren einmal jährlich an die Stiftung ear gemeldet. Lediglich die Container der Abholkoordination würden abholungsscharf mit ihrem Gewicht erfasst. „Zu hohe oder niedrige Meldungen können somit nur bei besonders auffälligen Ausreißern identifiziert werden“, so Dornbusch.

Beraubung der Sperrmüllsammlung

Den dritten Unterschied erkennt Dornbusch im Fehlen beraubungssicherer Systeme. In Deutschland sei der Anteil an Elektro-Altgeräten, der über die Sperrmüllsammlung erfasst wird, im Vergleich zu den anderen Top 8-Ländern hoch. Damit verbunden sei ein großer Schwund in den informellen Sektor. Andere Länder hingegen hätten beraubungssichere zusätzliche Erfassungssysteme wie etwa kleine Säcke im Holsystem, Rücknahmeautomaten in Einkaufszentren oder Reparaturläden entwickelt. „Wenn die Mitnahmen von Elektro-Altgeräten im Rahmen der Sperrmüllabfuhr auch zukünftig eine sinnvolle Systematik darstellen soll, muss hier die Beraubung durch informelle Sammler erfolgreich unterbunden werden“, betont der Wissenschaftler.

Nötig seien also umfassende Maßnahmen, betont Dornbusch. Sonst werde Deutschland die ab 2019 anvisierte Mindesterfassungsquote von 65 Prozent kaum erreichen. Neben den drei genannten Punkten sei die haushaltsnahe Erfassung über Bring- oder Holsystem wichtig, um die Menge von Altgeräten im Restmüll zu reduzieren. Darüber hinaus müssten die Rückgabemöglichkeiten über alle Akteure und Systeme ausgedehnt werden.

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