Alte Diesel-Autos

Die großen Autohersteller legen eine Umweltprämie für den Kauf umweltfreundlicher Neuwagen auf. Den Autokäufern winken bis zu 10.000 Euro. Verbraucher und Autohersteller können daraus einen Vorteil ziehen, doch können das auch die deutschen Altauto-Verwerter?

Was die Umweltprämien den Altauto-Verwertern bringen


Der Diesel-Gipfel wäre durchaus geeignet gewesen, verloren gegangenes Vertrauen in die Automobilhersteller wiederherzustellen. Doch die Ergebnisse scheinen nicht auszureichen, um den tief sitzenden Stachel des Diesel-Abgasskandals wirksam zu ziehen. Die Umweltprämien, die die Automobilhersteller ankündigten, seien wohl primär ein Instrument, um das Neuwagen-Geschäft anzukurbeln, lautete einer der vielfach geäußerten Vorwürfe.

Vor allem Umwelt- und Verbraucherverbände üben scharfe Kritik. So äußert sich unter anderem der Deutsche Städte- und Gemeindebund skeptisch und bezeichnet die Prämien als „Verkaufsmasche“. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert sie gar als „Ablassprämie“. Die Autohersteller wollten sich damit nur vom Dieselbetrug freikaufen.

Beim Diesel-Gipfel in der vergangenen Woche haben sich die deutschen Autohersteller zu Software-Updates für jüngere Dieselmodelle verpflichtet. Für ältere Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 1 bis 4 lobten sie eine so genannte Umweltprämie aus. Damit sollen alte Dieselwagen mit hohem Schadstoffausstoß von der Straße geholt werden. Die Höhe der Prämie variiert dabei je nach Marke und Modell:

  • VW beispielweise will für Dieselautos der Schadstoffklassen Euro 1 bis Euro 4 zwischen 3.000 und 10.000 Euro zahlen. Das Alter und die Marke des abgegebenen Fahrzeugs sind unerheblich. Der Preisnachlass bei den Konzernmarken ist bis zum Jahresende befristet und nach der Größe des gewünschten Neuwagens gestaffelt. Der Wolfsburger Autokonzern schüttet darüber hinaus noch eine „Zukunftsprämie“ aus. Diese beträgt 1.000 Euro für ein Erdgasauto, 1.785 Euro für ein Hybridmodell und 2.380 Euro für ein reines Elektrofahrzeug.
  • Auch BMW gewährt eine Prämie ohne Ansehen der abgegebenen Marke. Beim Kauf eines Neuwagens der Marke BMW oder Mini winkt bei der Abgabe eines Dieselfahrzeugs der Abgasnorm Euro 4 oder älter eine Vergünstigung von bis zu 2.000 Euro. Die BMW-Umweltprämie wird modellabhängig gewährt. Die Aktion soll im August starten und bis Ende Dezember dauern.
  • Daimler schüttet die Prämien ausschließlich für konzerneigene Alt-Diesel aus. Beim Stuttgarter Autohersteller beträgt die Umweltprämie für Gebrauchtwagen mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter bislang 2.000 Euro.
  • Bereits vor dem Diesel-Gipfel hat Ford eine Diesel-Umtauschprämie eingeführt. Ford will somit Besitzern älterer Diesel der Euro-Normen 1 bis 3 einen Umweltbonus zwischen 2.000 und 8.000 Euro gewähren. Die Marke des zurückgegebenen Autos spielt ebenfalls keine Rolle. Allerdings muss das alte Dieselauto vor 2006 erstmals zugelassen worden sein.
  • Wer seinen Diesel gegen einen neuen Toyota-Hybriden eintauscht, erhält dafür einen Bonus in Höhe von 2.000 Euro plus eine Hybridprämie von 2.000 Euro. Der Diesel-Eintauschbonus ist gültig bei Inzahlungnahme eines mindestens sechs Monate zugelassenen Diesel-Gebrauchtwagen.
  • Auch der französische Autohersteller Renault bietet ab sofort beim Kauf eines Neuwagens eine Wechselprämie an. Diese kann bis zu 7.000 Euro betragen. Die Prämie wird Privatkunden auf den Kaufpreis eines neuen Renaults angerechnet, wenn ein alter Diesel-Pkw mit Abgasnorm Euro 4 oder älter in Zahlung gegeben wird.
  • Erst heute hat Opel seine Umweltprämie bekanntgegeben: Autofahrer, die von einem älteren Dieselfahrzeug (Euro 1- bis Euro 4-Norm) gleich welcher Marke auf ein effizientes, neues Opel-Modell umsteigen, erhalten ab sofort ein Prämie zwischen 1.750 und 7.000 Euro. Einzige Voraussetzung ist die Abgabe und zertifizierte Verschrottung des alten Diesel-Fahrzeugs, das mindestens sechs Monate auf den Kunden zugelassen sein muss.
  • Nicht zuletzt bietet Audi seinen Kunden, die von ihrem bisherigen Diesel-Fahrzeug der Abgasnorm Euro 1 bis Euro 4 auf einen Audi mit Euro-6-Standard wechseln, eine Prämie. Die Marke des eingetauschten Autos ist dem Konzern dabei egal. Die Wechselprämie beträgt je nach Fahrzeugklasse des Neuwagens zwischen 3.000 Euro und 10.000 Euro. Bei einem Plug-in-Hybrid-Audi erhöht sich die Prämie noch.

Aktuell gibt es noch viele Unklarheiten

VW und Opel sind übrigens die einzigen Autohersteller, die angekündigt haben, dass die Altfahrzeuge stillgelegt und verschrottet werden. Alle anderen Konzerne haben sich noch nicht dazu geäußert, was sie mit den zurückgegebenen Dieselwagen konkret vorhaben. Der Stahlrecyclingverband BDSV ist deswegen skeptisch, ob sich diese Umweltprämien auch bei den Altauto-Verwertern in klingender Münze auszahlen werden.

„Momentan bestehen noch zu viele Unklarheiten, wie die Hersteller das Ganze organisieren wollen“, sagt Verbandsgeschäftsführer Ulrich Leuning. Anders als bei der staatlichen Abwrackprämie im Jahr 2009 sei derzeit beispielsweise noch keine Rede von einem Verwertungsnachweis. Unklar ist auch, wie groß die Rücklaufmenge an Alt-Diesel sein wird.

Insgesamt beläuft sich der Bestand an Diesel-Fahrzeugen in Deutschland aktuell auf über 15 Millionen Stück. Davon kommen rund 6,4 Millionen alte Diesel für die diversen Umweltprämien der Autohersteller in Betracht. Wie viele Besitzer von alten Dieselwagen bis Ende des Jahres auf Neuwagen umsteigen, steht derzeit allerdings in den Sternen.


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Abgesehen davon erwartet der BDSV-Geschäftsführer ohnehin kein großes Geschäft für die deutschen Verwertungsbetriebe. Die meisten Autos dürften wohl in den Export gehen. „Die Lebenserwartung der zurückgegeben Diesel-Autos ist noch hoch. Daher lassen sich diese Wagen wunderbar in der Welt vermarkten“, sagt Leuning. Von daher werde sich die Frage stellen, welcher Konzern auf dieses Geschäft verzichten und die Autos verschrotten lassen will.

Auch hinsichtlich des Ersatzteilgeschäfts können sich die deutschen Altauto-Verwerter keine Wunder erhoffen. Selbst wenn wider Erwarten Millionen alte Dieselfahrzeuge in ihren Betrieben ankommen sollten. „Was soll man mit den zurückgewonnenen Bauteilen machen, wenn es diese Fahrzeuge nicht mehr gibt?“, gibt Leuning zu bedenken.

Mehrere Verwerter hätten bereits ihr Ersatzteilgeschäft aufgegeben, weil sich keine Käufer mehr finden würden. Auch die Abwrackprämie von 2009 habe den Betrieben einen Riesenanfall von Ersatzteilen beschert, erklärt Leuning. Doch die Fahrzeuge, für die diese Ersatzteile hätten verwendet können, seien längst nicht mehr auf dem Markt gewesen.

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