Forschungsprojekt

Schon bald läuft die EEG-Vergütung für mehr als 9.000 Biogasanlagen aus. Sie müssen so nachgerüstet werden, dass sie Strom auch ohne Förderung wirtschaftlich produzieren können. Wissenschaftler zeigen, wie das möglich ist.

Wie Biogasanlagen auch ohne EEG-Vergütung wirtschaftlich werden


Damit Biogasanlagen den bestmöglichen Beitrag zur Energiewende leisten und die unstete Stromerzeugung aus Sonne und Wind ausgleichen können, müssen sie Strom nicht mehr konstant, sondern künftig flexibel produzieren. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, wie etwa die Nachrüstung der Methanaufbereitung oder die Erhöhung der Kapazitäten von Gasspeicher und BHKW. Doch diese Maßnahmen sind häufig nicht wirtschaftlich. Außerdem steigt bei einem großen Gasspeicher der Aufwand zur Anlagensicherheit.

Ökonomisch vielversprechender erscheint es manchen Wissenschaftlern, die Substrate flexibel zuzuführen – je nach Strombedarf viel oder wenig. Im Projekt OptiFlex will ein Forscherteam um die Universität Hohenheim diesen Ansatz nun weiter entwickeln.

Algorithmus findet optimale Fütterungsmenge

Den Grundstein für diesen Ansatz legte das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) mit seinem Prozessmodell für die sogenannte prädiktive (vorhersagbare) Fütterung. Bei diesem Modell geben Netzfahrpläne den zu erwartenden Stromverbrauch vor. Ein Optimierungsalgorithmus findet dann die optimale Fütterungsmenge und das bestmögliche Mischungsverhältnis der verfügbaren Substrate.

Dieser Ansatz hat 2015 den Biogas-Innovationspreis gewonnen. Mit ihm lassen sich Einsparungen bei Investitionen für zusätzliche Gasspeicher von bis zu 50 Prozent realisieren, erklären die Hohenheimer Wissenschaftler. Anpassungsbedarf gebe es noch bei der Eintrags- und Rührtechnik, die große Substratmengen in kurzen Zeiträumen optimal bewegen muss.

Hier setzt OptiFlex an: Die Forscher wollen weitere Regelalgorithmen für alle zentralen und peripheren Anlagenkomponenten entwickeln. Neben den Rührwerken betrifft dies auch Einrichtungen zum Substrataufschluss, die definierte Substrateigenschaften bereitstellen müssen. Auch hier wird an Vorläuferprojekte angeknüpft, etwa an die Arbeiten des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS über die Zusammenhänge zwischen Substrateigenschaften, Prozessbedingungen, Strömungsprofil im Reaktor und Biogasausbeute.

Das OptiFlex-Konzept soll sich nicht nur zur Ausrüstung neuer, sondern auch zur Nachrüstung bestehender Anlagen eignen. Es könnte als „Post-EEG-Strategie“ einen Beitrag dazu leisten, Biogasanlagen effizienter und zukunftsfähiger zu machen, meinen die Hohenheimer Forscher. Im Idealfall würden flexible Biogasanlagen bedarfsgerechten Strom so wirtschaftlich erzeugen, dass sich ihr Betrieb auch ohne Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lohnt. Etwa ab dem Jahr 2020 läuft die nach diesem Gesetz garantierte 20-jährige Vergütungsdauer für immer mehr der rund 9.000 Biogasanlagen in Deutschland aus.

Praktisch erprobt wird die neue Systemlösung in der Forschungsbiogasanlage „Unterer Lindenhof“ der Uni Hohenheim. OptiFlex wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Weitere Informationen stehen unter folgenden Förderkennzeichen bereit:

22402716: Großtechnische Validierung – Universität Hohenheim – Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie

22401617: Weiterentwicklung Regelungskonzept – Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme

22401717: Weiterentwicklung MPC (modellbasierte prädikative Regelung) – DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH

22402017: Optimierung Rührprozessparameter – Technische Universität Berlin – Institut für Prozess- und Verfahrenstechnik – Fachgebiet Verfahrenstechnik

22402117: Entwicklung Rührtechnik – Maier Energie und Umwelt GmbH

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