Geplante Bauvorhaben

Fast jeder Unternehmer kann ein Lied davon singen: Bauvorhaben können enorm schwierig werden und erfordern einen sensiblen Umgang mit der Öffentlichkeit. Wer jedoch einige Regeln beachtet, kann die Akzeptanz des Vorhabens deutlich verbessern.

Wie die Öffentlichkeits-Beteiligung am besten gelingt


Es muss nicht gleich der Bau einer Müllverbrennungsanlage sein, schon kleinere Bauvorhaben können ungeahnte Widerstände in der Bevölkerung hervorrufen. Insbesondere dann, wenn die Luft- und Wasserqualität beeinträchtigt wird und mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen ist. Dann treten meist Bürgerinitiativen auf den Plan. Spätestens dann stellt sich die Frage: Wie kann man Bürger am besten an der Planung und Durchführung eines Vorhabens beteiligen?

Der Gesetzgeber meint hierzu, dass die betroffene Bevölkerung bei einem privaten oder öffentlichen Vorhaben in jedem Fall „frühzeitig“ beteiligt werden soll, also noch vor der Einreichung des Plans oder Antrags. Die Betonung liegt auf “soll”, denn eine zwingende Verpflichtung zur Beteiligung der Öffentlichkeit schreibt das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht vor. Die Behörde ist nur verpflichtet, auf eine solche frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung “hinzuwirken”. Verantwortlich für die Öffentlichkeitsbeteiligung ist der Vorhabenträger. Es liegt im seinem Ermessen, wann er die Öffentlichkeit beteiligt.

Kommunikation auf Augenhöhe

Wann hierfür der geeignete Zeitpunkt ist, ist nicht einfach zu beantworten. In jedem Fall sollte das Projekt bereits ein Planungsstadium erreicht haben, sagte die Juraprofessorin Jutta Stender-Vorwachs am vergangenen Dienstag auf der Berliner Recyclingkonferenz. Bevor die Bürgerbeteiligung gestartet wird, sollte der Vorhabenträger eine Projektbeschreibung vorlegen können, die die Ziele des Vorhabens aufzeigt und über eventuelle Auswirkung informiert.

Neben der frühzeitigen Einbeziehung der Öffentlichkeit sollte auch sichergestellt werden, dass die betroffene Bevölkerung verständlich informiert wird. Nur dann habe sie den Eindruck, dass sie mit dem Vorhabenträger auf Augenhöhe kommunizieren kann. „Daher ist die schriftliche Darlegung des Projekts durch den Vorhabenträger sowie eine Darstellung des Rechtsrahmens und des Ablaufs eines späteren Genehmigungsverfahrens durch die zuständige Behörde unerlässlich”, erklärte Stender-Vorwachs.

Um die nötigen Unterlagen der beteiligten Öffentlichkeit vorzustellen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. In der Regel werde ein mündlicher Termin notwendig sein, sagte die Professorin. Denkbar sei aber auch die Nutzung neuer Kommunikationsmedien, die es ermöglichen, alle Planungs- und Genehmigungsunterlagen im Internet zur Verfügung zu stellen und anzupassen. Darüber hinaus könnten auch Dialogforen eingerichtet werden.

Neutrale Verfahrensleitung

Eine weitere Voraussetzung für eine “befriedende Bürgerbeteiligung” sei, dass das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung von einer neutralen Person geleitet wird. Diese Neutralität sollte sowohl gegenüber dem Projektträger als auch gegenüber der Behörde bestehen, betonte Stender-Vorwachs. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass die Öffentlichkeit eine Interessenverquickung von Behörde und Vorhabenträger unterstellt oder der Behörde eine mangelnde Berücksichtigung von Bürger- und Gemeinwohlinteressen vorgeworfen wird.

All diese Maßnahmen müssten frühzeitig ergriffen und miteinander verzahnt werden, betonte die Professorin. Nur so könnten Konflikte frühzeitig erkannt und sichtbar gemacht werden.


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[su_spoiler title=“Zusammengefasst: Alle wichtigen Maßnahmen für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung“]

  • Informelle und formelle Öffentlichkeitsbeteiligung sind miteinander zu verzahnen. Die informelle Öffentlichkeitsbeteiligung wird gestärkt, wenn ihre Ergebnisse für das folgende Genehmigungsverfahren eine Bedeutung erlangen. Deshalb sollten Genehmigungsbehörden eine frühzeitige und kontinuierliche Kommunikation des Vorhabenträger mit der Öffentlichkeit unterstützen.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung durch den Vorhabenträger muss frühzeitig beginnen, zwar abhängig von den projektspezifischen Besonderheiten, jedoch in dem Zeitpunkt, in dem für die Öffentlichkeit relevante Informationen vorliegen.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung muss transparent konzipiert und strukturiert sein.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung bedarf eines professionellen Managements. Dessen ausreichende Finanzierung ist durch den Vorhabenträger sicherzustellen.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung umfasst eine klare Formulierung ihrer Ziele und Grenzen, um Missverständnissen vorzubeugen und unerreichbaren Erwartungen entgegenzuwirken.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung bedarf bei komplexen Projekten einer externen Moderation. Diese ist transparent auszuwählen.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung sollte sowohl Verbände als auch einzelne Bürgerinnen und Bürger aktiv einbeziehen. Die möglichen Beteiligungsformate und Prozessgestaltungen sind an das gesellschaftliche Spektrum der Beteiligten anzupassen.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung soll auch Chancen für diejenigen eröffnen, die bisher kaum in Beteiligungsprozessen vertreten waren. Hier bietet sich etwa eine Zufallsauswahl an.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung führt zu Ergebnissen, die vom Vorhabenträger zu dokumentieren und der Genehmigungsbehörde einzureichen sind. Die Behörde hat sich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit diesen Ergebnissen auseinanderzusetzen und deren Behandlung im Einzelnen zu dokumentieren.
  • Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert Expertise und Knowhow im Umgang mit Kommunikationsprozessen. Insoweit ist sowohl bei privaten wie bei öffentlichen Vorhabenträgern ein Weiterbildungsbedarf vorhanden.
Quelle: Jutta Stender-Vorwachs

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