Studie

Biobasierte Kunststoffe stehen hoch im Kurs. In Zukunft werden solche Kunststoffe immer mehr in die Entsorgungskette gelangen. Doch wie gut lassen sie sich recyceln? Hier die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung.

Wie gut lassen sich PLA-Abfälle recyceln?


Ein Forschungsverbund aus acht Partnern hat sich mit der Frage beschäftigt, wie gut sich biobasierte Kunststoffe sortieren und zu Rezyklaten verwerten lassen. Anlass ist der zunehmende Einsatz von biobasierten Kunststoffen mit zum Teil chemisch neuartigen Materialien. Bislang machen Biokunststoffe nur 6 bis 7 Prozent an der gesamten Kunststoffmenge weltweit aus, doch in den kommenden Jahren wird der Anteil stark wachsen, glauben Experten. Wissenschaftler der Universität Hannover etwa rechnen damit, dass sich die Menge von rund 1,7 Millionen Tonnen im Jahr 2014 auf 7,95 Millionen Tonnen im Jahr 2019 fast vervierfachen wird.

Die Untersuchung im Forschungsverbund erfolgte am Beispiel von Abfällen aus Polylactid (PLA), die sowohl aus dem industriellen als auch dem Post-Consumer-Bereich stammen. Für die Untersuchung wurde eigens ein Post-Consumer-PLA-Abfall generiert. Dazu wurden zunächst PLA-Verpackungen mit Leichtverpackungsabfällen (LVP) gemischt. Anschließend wurde PLA mittels Nachinfrarotspektroskopie (NIR) positiv sortiert. Danach wurde die Fraktion zerkleinert und gewaschen.

Die sortierte PLA-Fraktion bestand aus 74,3 Prozent PLA, 1 Prozent Papier inklusive Staub, 5,2 Prozent Polyolefine und 1,3 Prozent PET. Neben diesem Post-Consumer-Abfall wurden industrielle PLA-Abfälle betrachtet. Im Verbund wurden dafür werkstoffliche und rohstoffliche Recyclingverfahren getestet und ökobilanziell untersucht.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Strukturgleiche biobasierte Kunststoffe wie beispielsweise das teilbiobasierte PET (Bio-PET) oder das nahezu vollständig biobasierte Polyethylen (Bio-PE) durchlaufen dieselben Verwertungsverfahren wie ihre fossilen Pendants und werden ebenfalls mit hohen Quoten werkstofflich recycelt.
  • Ebenso wie Produktionsabfälle aus fossil basierten Kunststoffen werden auch solche aus biobasierten Kunststoffen weitgehend recycelt. Diese gilt beispielsweise für Produktionsabfälle aus dem Spritzgießen oder Tiefziehen (z. B. von Joghurtbechern).
  • Hersteller von Sortiermaschinen und die Verbundergebnisse bestätigen, dass im Post-Consumer-Bereich die NIR-Identifizierung und Aussortierung von biobasierten Kunststoffen möglich ist. Aufgrund der derzeit noch geringen PLA-Mengen in den Post-Consumer-Kunststoffgemischen ist eine Aussortierung allerdings noch nicht wirtschaftlich.
  • Projektergebnisse der Technischen Universität Chemnitz – einer der acht Projektpartner – haben gezeigt, dass PLA-Abfallanteile von bis zu 3 Massenprozent an Post-Consumer-Polyproylen-Rezyklaten und bis 10 Prozent in Polystyrol-Regranulaten nicht stören. Bei höheren Mengenanteilen können Probleme auftreten – dann aber lohnt sich die Anpassung der Sortiersysteme zur Abtrennung von PLA-Stoffströmen. Andere untersuchte Recycling-Polyolefine weisen eine Inkompatibilität mit PLA aus.
  • Die im Forschungsverbund von Fraunhofer UMSICHT erstellte Ökobilanzstudie konnte bestätigen, dass das Recycling von Biokunststoffen ökologische Vorteile bringt. So trägt ein werkstoffliches oder rohstoffliches Recycling von PLA zur Reduzierung von Umweltwirkungen bei, da der rezyklierte Kunststoff Neuware teilweise ersetzen kann. Die Substitution von Neuware führt zu Treibhausgaseinsparungen und zur Reduktion des fossilen Primärenergieaufwands. In fast allen Wirkungskategorien zeigt das Recycling von PLA-Abfällen ökologische Vorteile gegenüber der thermischen Verwertung.
  • Im Forschungsverbund wurde die Integration von Recycling-PLA in den PLA-Syntheseprozess untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass dies eine interessante Alternative gegenüber dem werkstofflichen Recycling ist, da dann ein Material entsteht, welches die Qualität von Neuware hat. Bei diesem rohstofflichen Recycling wird das Alt-PLA in das Zwischenprodukt Dilactid gespalten. Die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für die Einspeisung von ca. 10 Prozent post-industriellen PLA-Abfällen in den Syntheseprozess wurden am Fraunhofer IAP erarbeitet und im Rahmen des Verbundprojekts auf PLA-Abfall angewendet.
  • Im Forschungsverbund wurde der lösemittelbasierte Recyclingprozess auf Post-Consumer-PLA-Abfall angepasst. Die Ergebnisse von Fraunhofer IVV und Fraunhofer WKI zeigen, dass sich durch den CreaSolv-Prozess aus dem heterogenen Abfallgemisch mit Verunreinigungen von rund 30 Prozent gereinigte PLA-Rezyklate erzeugen lassen. Hinsichtlich der Verarbeitbarkeit während der Spritzgussversuche wurden keine signifikanten Unterschiede zur Neuware festgestellt. Je nach Reinigungsaufwand können verschiedene Grüntöne bis hin zum farblosen Rezyklat generiert werden. Ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil gegenüber dem konventionellen werkstofflichen Recycling besteht darin, dass bei dieser Recyclingvariante etwa 50 Prozent höhere Ausbeuten erzielt werden, da das Verfahren ohne die vorherigen Aufbereitungsschritte Dichtetrennung und Windsichtung auskommt.
  • PLA-Abfälle mit Papier als Verunreinigung können mit bis zu 5 Prozent Verunreinigung problemlos auf Schmelzefiltrationsanlagen verarbeitet und regranuliert werden.

Die Ergebnisse des Verbundprojekts werden erstmalig auf der 12. European Bioplastics-Konferenz, die am 28./29. November in Berlin stattfindet. Das Verbundvorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. Projektträger war die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe FNR. Zu den acht Partner des Verbundprojekts zählten:

  • Fraunhofer-Institute für Angewandte Polymerforschung (IAP), für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV), für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) sowie für Holzforschung (WKI)
  • Hochschule Hannover, IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe
  • Knoten Weimar
  • Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK)
  • Bösel Plastic Management GmbH

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