Klärschlamm zu Gas und Kohle

Französische Ingenieure haben ein Verfahren entwickelt, um aus Klärschlamm Synthesegas und Biokohle herzustellen. Dabei kommt die neue Methode ohne Verbrennung aus. Vor allem für kleine Gemeinden könnte das interessant sein.

Wie kleine Gemeinden Kläranlagen-Abfall nutzen können


Mehr als 10 Millionen Tonnen trockener Klärschlamm fallen pro Jahr in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an. Laut Schätzungen der EU-Statistiker werden 60 Prozent des Materials in Kläranlagen kleiner Gemeinden erzeugt, die das Abwasser von weniger als 10.000 Einwohnern behandeln. Für diese ist eine Verbrennungsanlage oftmals zu teuer oder der Weg zur nächsten zu weit. Darüber hinaus ist die einfache landwirtschaftliche Nutung politisch nicht mehr gewollt. Einen neuen Verwertungsweg schlagen nun Ingenieure des französischen Technologieunternehmens Etia vor.

Sie haben innerhalb des EU-Projekts Pyrochar ein thermo-chemisches Verfahren entwickelt, um mit Hilfe eines Pyrolyseschritts aus Klärschlamm nützliche Biokohle und Synthesegas zu erzeugen. Dafür wird der Klärschlamm zunächst getrocknet, um daraus 20 bis 22 Kilogramm Trockensubstanz zu erhalten. Anschließend durchläuft das Material einen Hochtemperatur-Pyrolyseprozess. Dabei würden 50 Prozent des Schlamms in Synthesegas mit einem Qualitätswert von rund 17 Megajoule pro Kubikliter umgewandelt, schildert der Projektkoordinator Olivier Lepez. Dieses Gas könne verbrannt werden. Der dabei entstehende Dampf kann für das Trocknen des Schlamms genutzt werden.

Darüber hinaus ist es möglich, das Synthesegas in einem Gasmotor zu verstromen. Das andere Produkt, welches während der Pyrolyse entsteht, ist eine Art Biokohle. Die kann als Bodenverbesserer oder Festbrennstoff verwertet werden. „Das ist“, sagt Lepez, „abhängig von den enthaltenen Schmutzstoffen wie Schwermetallen, Pharmazeutika oder chemischen Produkten.“

Günstige Lösung für kleine Gemeinden

Als Brennstoff besitze die Kohle einen Qualitätswert von etwa 10 bis 15 Megajoule pro Kilogramm. Allerdings geht Lepez davon aus, dass die Biokohle einen guten Dünger oder Bodenverbesserer abgibt. Denn in kleineren Gemeinden sei in der Regel keine Industrie an die Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen.

Derzeit arbeitet der Ingenieur mit seinen Kollegen an einer Pilotanlage. Die finalen Tests sollen in den kommenden zwei Monaten laufen. „Wir möchten eine Lösung bieten, die rund 50 bis 60 Euro pro Tonne Nassschlamm kostet. Deponien kosten heutzutage zwischen 60 bis 80 Euro pro Tonne und die Verbrennungskosten liegen je nach Land zwischen 100 bis 200 Euro pro Tonne“, sagt Lepez.

Wenn alles wie geplant funktioniert, ist beabsichtigt, eine größere Anlage für Demonstrationszwecke zu errichten und in fernerer Zukunft das Konzept zu kommerzialisieren. Kleine Gemeinden müssen sich also noch ein wenig gedulden.

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