Windkraftanlagen

In wenigen Jahren läuft die EEG-Vergütung für die erste Windkraftanlagen-Generation aus. Was dann mit den Anlagen passiert, ist ungewiss: Weiterbetreiben, Ersetzen oder Rückbauen? Für Letzteres will sich Veolia als Partner ins Gespräch bringen – mit einem eigenen Konzept.

Wie Veolia Windräder umweltgerecht recyceln will


Obwohl Strom aus Wind nach wie vor sehr gefragt ist, müssen bald schon etliche Windkraftanlagen verwertet werden. Experten schätzen, dass allein 2020 bis zu 4.500 Windräder vom Netz gehen könnten. Dann läuft für sie die EEG-Förderung aus, sodass sich nur noch das Recycling lohnt.

Hinzu kommen noch kleine Altanlagen, die im Sinne des Repowering größeren weichen werden. Für beide Fälle will der Entsorgungskonzern Veolia vorbereitet sein. „Wir haben uns nichts Geringeres vorgenommen, als Standards zu setzen“, sagte Markus Binding, Geschäftsführer von Veolia Umweltservice West auf einer Podiumsdiskussion auf der IFAT 2018 zum Thema. Auch wenn es sich momentan eher um ein „Tröpfchengeschäft statt den großen Strom“ handele.

„Bislang ist die Masse Produktionsabfall, End-of-Life sind eher Einzelfälle oder Mangelbehebungen“, so Binding. Sein Mitdiskutant, Martin Westbomke vom Institut für Integrierte Produktion Hannover, geht von jährlich 300 bis 350 Anlagen aus. Wie auch immer die Zahlen konkret ausfallen werden – Veolia will die Windräder mit einem vierstufigen Entsorgungskonzept behandeln:

  • Konzeptionierung Baustellen- und Ressourcenplanung
  • Demontagemanagement: Unterstützung bei Zeitplanung, Genehmigungen und Monitoring
  • Zerlegung: a) der Rotorblätter durch die Veolia-Rotorblattseilsäge (in bis zu 1,50 Meter lange Stücke), b) der Gondel, um Komponenten wiederzuverwenden, c) des Turms (Recycling von Schrott und Mineralik), d) des Fundaments (Recycling der Mineralik)
  • Verwertung: a) stoffliche Verwertung der Faserverbundstoffe sowie Einzelfraktionen, b) energetische Verwertung (Zementproduktion, Pyrolyse)

Wie in der Diskussion deutlich wurde, ist die Vorbereitung und Konzeption des Rückbaus der entscheidende Schritt. „Wenn ich die Anlage einfach umziehe, dann verteilen sich die Rotorblätter Hunderte Meter übers Feld und die Gondel landet drei Meter tief im Boden; das ist wenig sinnvoll“, sagte Westbomke, der den Rückbau im Projekt „DemoNetXXL – Demontagenetzwerke für XXL-Produkte“ erforscht hat. Besser sei eine Demontage, die nach und nach vorgehe und umfangreich dokumentiert werde. Anschließend könnten dann auch Motor, Antriebsstränge oder andere Komponenten wiederverwendet werden.

Diese Standards versucht Westbomke mit einem freiwilligen nachhaltigen Gütesiegel seit zwei Jahren im Rahmen des Demontage-Netzwerktreffens zu etablieren. Denn gesetzlich ist der Rückbau von Windkraftanlagen derzeit kaum formuliert. „Die Regelungen und Genehmigungsbescheide für den Rückbau sind sehr dünn“, so Bernd Wust, Mitglied des Juristischen Beirats des Bundesverbandes WindEnergie.

Es gelte lediglich Paragraf 35 Abs. 5 BauGB. Demnach muss derjenige, der eine Anlage errichtet, sie auch rückbauen und die Bodenversiegelung beseitigen. Darüber hinaus sind allgemeine Regelungen gültig, etwa die Regelung aus der Bundesbodenschutzverordnung, dass keine Schadstoffe in den Boden eingebracht werden dürfen.

„Torte mit sechs bis acht Zutaten“

Ist die Anlage ordnungsgemäß zerlegt, fängt das Recycling erst an. Eine Windkraftanlage besteht zu 60 bis 65 Prozent aus Stahl und Beton, das einfach in den Kreislauf zurückgeht. Darüber hinaus stecken 30 bis 35 Prozent Metalle in einem Windrad. Auch dieses Material lässt sich einfach recyceln.

Die Stoffgruppe, die massenmäßig den kleinsten Anteil der Anlage stellt, bereitet die größten Probleme: 2 bis 3 Prozent machen die Rotorblätter aus, die entweder aus CFK oder GKF bestehen. Hinzukommen Harze, teilweise Carbonfaserbruch, Füllmaterial und Beschichtungen. „Wir sind quasi ein Konditor und müssen eine Torte mit sechs bis acht Zutaten recyceln“, wählte Binding eine Analogie. Um die Blätter künftig zu recyceln, habe man in ein Start-up investiert.

Darüber hinaus sind Binding künftig Partnerschaften und Kommunikation wichtig. Alle, Projektentwickler, Genehmigungsbehörden Hersteller und Entsorger, müssten sich an einen Tisch setzen. Auch um zu wissen, was an Materialien in Windrädern stecke.

Mehr Sensibilisierung und Informationshilfe für das Thema Rückbau wünscht sich auch Marie-Luise Pörtner. Die Geschäftsführerin des Projektentwicklers BayWa r.e. Wind schlug vor, transparent zu machen, was Rückbau wirklich kostet. Zudem sei eine Checkliste oder ein Ampelsystem wichtig, um festzuhalten, was dabei zu beachten ist.


Video: Mobile Rotorblattzerkleinerung

https://www.youtube.com/watch?time_continue=71&v=MVGhykFpctQ

 

© 320°/bs | 14.05.2018

Mehr zum Thema
So lassen sich Lederreste upcyceln
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Erstes deutsches Unternehmen für Schiffsrecycling
Circular Economy: München hat die meisten Start-ups
Voestalpine will Buderus Edelstahl verkaufen
Wertstofftonne: Karlsruher hadern mit privatem Entsorger
Forscher entwickeln Lkw-Front, die Leben retten soll