Green Alley Award

Neue Gründer braucht das Land - und auch die Kreislaufwirtschaft. Der Investor Green Alley fördert deshalb neue Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft. Im Interview mit 320° erklärt Miriam Kehl, Mitgründerin von Green Alley, nach welchen Ideen der Award sucht und was einen erfolgreichen Gründer ausmacht.

„Wir nehmen die Scheu vor der Kreislaufwirtschaft“


Green Alley ist strategischer Investor für Start-ups der Green Economy mit Sitz in Berlin. Der Gründerförderer hat sich auf innovative Ideen der Kreislaufwirtschaft spezialisiert und unterstützt Gründer und Start-ups, die das Thema Abfall und Ressourcenmanagement neu erfinden. Darüber hinaus richtet Green Alley den Green Alley Award aus, Europas ersten Start-up Wettbewerb der Circular Economy. Für den Award können sich sowohl Start-ups mit Finanzierungsbedarf als auch Gründer mit einer ersten Idee bewerben. Green Alley ist eine 100-prozentige Tochter der Landbell AG für Rückhol-Systeme.

Frau Kehl, Green Alley vergibt seit 2014 einen Gründerpreis an Start-ups, die mit neuen Geschäftsmodellen die Kreislaufwirtschaft vorantreiben wollen. Was macht eine gute Geschäftsidee aus?

Green Alley
Green Alley

Eine gute Idee hat ganz unterschiedliche Facetten. Im ersten Schritt prüfen wir das Geschäftsmodell auf folgende Fragen: Bietet die Idee eine Lösung auf ein bestehendes oder zukünftiges Problem und lässt die Idee sich gut verwirklichen? Im zweiten Schritt fragen wir: Ist das Geschäftsmodell gut durchdacht? Wer ist die Zielgruppe? Wie hoch ist der Bedarf für diese Lösung derzeit und wie hoch wird er in Zukunft sein? Die dritte Frage lautet: Ist der Markt überhaupt schon reif für die Idee?

Und? Wie offen ist die Kreislaufwirtschaft für neue Ideen und Innovationen?

So offen wie andere Branchen auch. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass wir es ja nicht nur mit neuen Geschäftsmodellen zu tun haben, sondern die Ideen von Menschen wie Firmen ein Umdenken verlangen. Wir arbeiten auch daran, dass ein solches Umdenken stattfindet, doch das braucht eben Zeit. So hatten wir beispielsweise den Fall, dass ein Gründer in Deutschland nicht vorangekommen ist, jetzt aber in einem anderen europäischen Land durchstartet. Wie schnell eine Idee sich durchsetzt, kann auch von den jeweils nationalen Regulierungen der Abfall- und Kreislaufwirtschaft abhängen.

Wie groß ist umgekehrt das Interesse der Gründerszene an der Kreislaufwirtschaft?

Dass Gründer die Circular Economy bereits auf dem Schirm haben, zeigt die große Resonanz aus dem letzten Jahr. Wir erhielten knapp 200 Bewerbungen aus über 50 Ländern. Wir glauben, dass das erst der Anfang ist und dass wir noch viel mehr motivierte Gründer für das Thema begeistern können. Wir haben Green Alley mit dem Ziel gegründet, Start-ups Unterstützung an die Hand zu geben und ihnen die Scheu vor dem Sektor zu nehmen.

Wie genau unterstützen Sie potenzielle Gründer?

Unser internationales Netzwerk vereint Fachwissen aus verschiedenen Bereichen. Wir kennen nur die gesetzlichen Vorgaben und Regularien sowie den Bedarf von Kunden. Wir wissen auch, welche Ideen sich gut umsetzen lassen. Diese Erfahrung bringen wir mit den Gründern zusammen und tauschen uns beispielsweise in Workshops am Finaltag aus. Als Start-up einen Partner an der Seite zu haben, der frühzeitig auf Stolpersteine oder Hürden hinweist, ist Gold wert. Gesetzliche Vorschriften zu Abfall und Entsorgung engen den Spielraum ein, bieten andererseits aber auch wieder Chancen. Die muss man kennen und verstehen.

Welche Ideen waren bisher beim Green Alley Award vertreten?

Eine ganze Bandbreite – und das spiegelt unser breites Verständnis der Circular Economy wider. Fangen wir mit dem Gewinner aus dem letzten Jahr an. Das Start-up ‚Green City Solutions’ hat eine freistehende, mit Moosen bewachsene Wand entwickelt. Die Moose können Feinstaub in Biomasse umwandeln. So absorbiert die Wand rund 240 Tonnen CO2 Äquivalente, so viel wie knapp 300 normale Bäume. Wenn die Wand in der Stadt aufgestellt wird, kann sie die Luftqualität in ihrem Umfeld verbessern. Hat das etwas mit Kreislaufwirtschaft zu tun? Natürlich, denn prinzipiell werden auf diese Weise Feinstaub und CO2 recycelt. Ein anderes großes Feld ist die Vermeidung von Verpackungsabfall. Das Start-up RePack aus Finnland hat beispielsweise eine wiederverwendbare Versandtasche entwickelt, die im Online-Handel eingesetzt wird. Ein anderes Start-up hat ein Mehrweg-Leihsystem für wiederverwendbare Essensboxen entwickelt. Auch die Idee von Tischen aus recycelten Solarpanelen hat es in ein Finale geschafft. Den Ideen sind also keine Grenzen gesetzt.

Wie viele der Ideen und Projekte haben es auch zur Marktreife gebracht?

Nehmen Sie das Beispiel von Green City Solutions, dem Gewinner des Awards 2016 – die Mooswände finden Sie inzwischen auch in Paris und Oslo, die Liste der Awards, die sie gewonnen haben wächst und wächst. Oder RePack aus Finnland: Sie haben inzwischen die Zulassung für den deutschen Markt und expandieren in andere Länder. Aber klar ist auch: Ein Geschäftsmodell kann noch so gut durchdacht sein, die große Hürde ist der Eintritt in den Markt. Wir stellen immer wieder fest, dass genau hier oft der Knackpunkt liegt. Das Feedback von potentiellen Kunden kann noch so toll sein– dennoch braucht es auch jemanden auf der Seite der Industrie, der den Mut beweist, neue Schritte zu gehen und die Priorität auch wirklich auf Nachhaltigkeit auszurichtet. Hier sehe ich noch viel Aufklärungsarbeit!

Welche Bedeutung hat inzwischen das Thema Kreislaufwirtschaft in der Industrie?

Nachhaltigkeit hat offiziell einen hohen Stellenwert bei Unternehmen, aber diesen Zielen folgen leider noch zu wenige Taten. Die Unternehmen scheuen oft die Kosten, die eine Umstellung ihrer Prozesse von ‚linear“ zu ‚Kreislauf’ erfordert. Dafür müssen die Unternehmen in einem ersten Schritt investieren. Es braucht andere Produktionsprozesse, eine andere Kundenansprache, mehr Transparenz. Und sie sollten mit den neuen Geschäftsmodellen, die zunehmend die Welt kommen, zusammenarbeiten. Auch wir Konsumenten haben einen großen Einfluss. Denn wir können einfordern, dass es mit der Ressourcenverschwendung vorbei ist und die Circular Economy endlich konsequent umgesetzt wird – oder wer von uns braucht schon verpackte Bananen? Und wir müssen neuen Geschäftsmodellen – auch wenn sie anfangs sehr radikal erscheinen – eine Chance geben.

Ab sofort sucht der Green Alley Award wieder nach neuen Ideen. Im November findet die Verleihung in Berlin statt. Was kommt auf die Gründer zu, wenn sie es ins Finale schaffen?

In individuellen Workshops mit Experten der Circular Economy erhalten die Gründer wertvolle Tipps von erfolgreichen Gründern und etablierten Unternehmen, wie sie ihr Geschäftsmodell etablieren können. Schließlich müssen die Start-ups dann in einem Live-Pitch vor Publikum die Fachexperten überzeugen und zwar in fünf Minuten. Das Start-up, das unsere Jury zum Gewinner kürt, erhält ein Paket aus Geld- und Sachleistungen im Wert von bis zu 30.000 Euro und zusätzlich die Chance auf eine Finanzierung durch Investment, Crowdfunding oder Teilnahme an einem Accelerator-Programm.

Interessierte Gründer und Start-ups können sich ab 25. April für den Green Alley Award 2017 bewerben. Weitere Informationen unter www.green-alley-award.com.

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