Kreislaufwirtschaftspaket der EU

Natürlich geht es auch um Ökologie - aber sie steht nicht im Vordergrund. Stattdessen verfolgt die EU-Kommission mit dem Kreislaufwirtschaftspaket vor allem wirtschaftliche Ziele, wie auf der Berliner Abfallwirtschaftskonferenz deutlich wurde. Energiepolitische Überlegungen spielen keine Rolle.

„Wir sehen es als Investitionspaket“


Vergangene Woche hatte Gunther Wolff Gelegenheit, die EU-Pläne zur europäischen Abfallpolitik den Abfallverbrennern in Deutschland vorzustellen. Der Mitarbeiter der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission war zur Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz eingeladen worden. Der Zeitpunkt war gut – erst einige Tage zuvor hatte die Kommission ihre Leitlinien zur künftigen Rolle der Abfallverbrennung veröffentlicht.

Die Kommission hatte darin eine sorgfältige Kapazitätsplanung gefordert und vor Überkapazitäten in Europa gewarnt. Sie will deshalb EU-Fördermittel für den Kapazitätsaufbau nur noch sehr begrenzt und in gut begründeten Ausnahmefällen vergeben. Nationale Förderprogramme für die Müllverbrennung und die Deponiegasgewinnung will sie auslaufen lassen.

„Unsere Kernbotschaft ist, dass die energetische Verwertung eine vorbildhafte Rolle spielen kann und soll“, sagte Wolff in Berlin. Auch in Zukunft werde es Abfälle geben, die nicht recycelt werden können. Die Abfallverbrennung werde jedoch nur eine „ergänzende Rolle“ spielen, sie dürfe nicht auf Kosten von höheren Abfallvermeidungs-, Reuse- und Recyclingzielen gehen.

Kreislaufwirtschaft schafft Arbeitsplätze

„Wir wollen die Situation vermeiden, die im letzten Jahr vielfach zu beobachten war, als einige Mitgliedstaaten geneigt waren, die Abfallpolitik als ein Instrument zur Energiepolitik zu missbrauchen“, betonte Wolff. „Aus unserer Sicht ist klar: Abfälle sollten aus der Kreislaufwirtschaft heraus behandelt werden. Abfallpolitik soll nicht das Ergebnis von Energieengpässen sein.“

Stattdessen will die Kommission das Kreislaufwirtschaftspaket als ökonomischen Hebel nutzen. „Wir sehen das Kreislaufwirtschaftspaket als Investitionspaket für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen“, erklärte Wolff. Aber nicht nur der Zugang zu Rohstoffen soll verbessert werden, auch der Arbeitsmarkt soll profitieren: Denn die stoffliche Verwertung schaffe deutlich Arbeitsplätze als die energetische Verwertung.

Wird der Abfall verbrannt, werde pro 10.000 Tonnen Gebrauchsgüter, die zu Abfall werden, ein einziger Arbeitsplatz geschaffen, erklärte Wolff. Werden die Abfälle deponiert, entstünden potenziell 6 Arbeitsplätze. Werde die gleiche Menge jedoch recycelt, so würden potenziell 36 Arbeitsplätze geschaffen.

Kritik der ITAD

Der Verband der MVA-Betreiber in Deutschland, ITAD, reagierte mit Unverständnis auf die Ankündigungen der Kommission. „Die Kommission hat sich hier im politischen Prozess zu einer unverständlichen Position hinreißen lassen, die mit den tatsächlichen abfallwirtschaftlichen und energiepolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre wenig zu tun hat“, kommentierte ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn.

Vielmehr sollte die EU-Kommission anerkennen, dass die thermische Abfallbehandlung ein „Grundpfeiler einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ist und beim längst überfälligen Ausstieg aus der Deponierung von Siedlungsabfällen in Europa ein großes, energetisches Potenzial aufweist“. In einer umweltgerechten Kreislaufwirtschaft könne hochwertiges Recycling nur mit einer Schadstoffsenke funktionieren. „Wie die Kommission dazu kommt, vor Überkapazitäten zu warnen, während fast 70 Millionen Tonnen Siedlungsabfall sowie eine unbekannte Menge Gewerbeabfälle deponiert und diese Ressourcen so zu einer Belastung werden“, ist aus Sicht der ITAD unverständlich.

Einstieg in die Recyclinggesellschaft

Unterstützung erhielt Kommissions-Vertreter Wolff hingegen von Helge Wendenburg, Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium. „Die Bundesrepublik Deutschland steht an der Seite der Kommission“, betonte Wendenburg in Berlin. „Ich weiß, dass die deutschen Abfallverbrenner darauf setzen, dass wir den Siedlungsabfall nicht getrennt halten und die Bürger die Kunststoffe in den Ofen schmeißen, weil das besser brennt. Wir haben hier einen klaren Dissens. Ein Dissens, der sich bis in das Wertstoffgesetz hinein auswirkt. Dass das Wertstoffgesetz keinen Erfolg hatte, liegt daran, dass die kommunalen Abfallverbrenner darauf gesetzt haben, dass sie die Hand auf den Abfall bekommen.“

Alles, was das BMUB mache, stehe unter dem Oberbegriff ‚Einstieg in die Recyclinggesellschaft‘, erklärte Wendenburg. Dazu sei es notwendig, sich sehr viel stärker mit dem Cradle-to-Cradle-Gedanken auseinanderzusetzen. Auf diese Weise würde deutlich, welche Materialien für die Produktion zu einem guten Recycling führen und welche nicht.

„Das ist auch der Grund, warum wir beim Verpackungsgesetz darauf achten werden, dass Materialaufwand und Recyclingfähigkeit der Materialien bei der Höhe der Lizenzentgelte berücksichtigt werden“, sagte Wendenburg. Das BMUB wolle sich im weiteren Verlauf Strafmaßnahmen überlegen, um die Entsorgung von verbundenen Kunststoffen, die nicht mehr getrennt und recycelt werden können, so teuer zu machen, dass die Hersteller von sich aus auf die Verwendung verzichten.

Das sei der Weg der Zukunft, betonte Wendenburg. „Das ist der Weg in die Recyclinggesellschaft.“

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