Neues Dämmmaterial

Dämmstoffe bereiten Recyclern immer wieder Probleme. Oft sind die Materialien fest mit dem Gebäudeteil verklebt und lassen sich nur schwer trennen. Aber es geht auch anders: Wissenschaftler arbeiten an einer flüssigen Lösung, aus der ein recycelbarer Schaum erzeugt werden kann.

Wissenschaftler arbeiten an recyclingfähigen Dämmstoffen


In Wärmedämmverbundsystemen wird heutzutage überwiegend Styropor verbaut. Die Trennung vom Bauteil ist aufwendig. Und ist das Material noch HBCD-haltig bleibt als Entsorgungsweg nur die Verbrennung. Auch für Dämmmaterial aus künstlichen Mineralfasern gibt es noch keine stoffliche Verwertungsmöglichkeit, die einzige Verwertungslösung ab 2018 ist der Bergversatz. Darmstädter Forscher präsentieren nun eine nachhaltigere Lösung.

Ihre Idee ist ein mineralisierter Schaum, der möglichst vollständig recycelbar sein soll. „Die Basis muss man sich im Prinzip wie Rasierschaum vorstellen“, sagt Albrecht Gilka-Bötzow vom Institut für Werkstoffe im Bauwesen (WiB) an der TU Darmstadt. Zunächst wird Wasser mit ein wenig oberflächenaktivem Stoff in einem Generator aufgeschäumt und für die nötige Festigkeit Zementleim beigemischt. Das Ganze muss abbinden und kann danach im flüssigen Zustand direkt auf das zu dämmende Bauteil aufgetragen oder auch in Form gegossen werden.

Wie die Forscher betonen, können mit mineralisiertem Schaum gedämmte Betonteile beim Rückbau als ein materialkonformes Bauteil betrachtet werden. Das heißt: Einfaches Zermahlen genügt. Eine aufwendige Trennung der sonst sehr unterschiedlichen Materialien in Dämm-, Klebe- und Tragschicht beim Recycling ist nicht mehr nötig.

Leicht und nicht brennbar

Darüber hinaus sei ihr Dämmstoff sehr leicht (Porenanteil circa 90 Prozent, Trockenrohdichte von 160 kg/m³ bis 200 kg/m³) und nicht brennbar, erklären die Forscher. Bezüglich der Wärmedämmeigenschaften sei er mit Glas- oder Steinwolle vergleichbar: Wärmeleitfähigkeit bei 180 kg/m³ circa 0,06 W/(m · K).

Einziger Nachteil aus ihrer Sicht: „Während des Abbinde- und Aushärtungsprozesses schwindet das Material etwas“, sagt Gilka-Bötzow. Das wollen sie künftig durch alternative Zusammensetzungen in den Griff bekommen. „Aktuelle Forschungsarbeiten zielen darauf, den Zement, also das festigkeitsgebende Bindemittel im mineralisierten Schaum ganz durch Geopolymere zu ersetzen“, erklärt Eddie Koenders, Leiter des WiB.

Geopolymere sind alkalisch aktivierte Bindemittel, die aufgrund ihrer besonderen Erhärtungsreaktion hohe Frühfestigkeiten und eine hohe Hitzebeständigkeit entwickeln. Weil sie zementfrei sind, weisen sie den Wissenschaftlern zufolge zudem ein im Vergleich deutlich niedrigeres Treibhauspotenzial auf.

Der mineralisierte Schaum hat bereits seinen ersten Praxistest bestanden. Beim Bau der ETA-Fabrik, einer energieeffizienten Modellfabrik auf dem Campus der TU Darmstadt, wurden die tragenden Betonteile schon im Betonwerk vollflächig mit dem neuen Dämmstoff versehen.

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