Aufbereitung von E-Schrott

Bislang landen Shredderreste aus Elektroaltgeräten vor allem in der Müllverbrennung. Forscher des Fraunhofer-Instituts Umsicht haben nun aber das Alternativ-Konzept einer Pyrolyseanlage präsentiert. E-Schrott-Recycler könnten damit zusätzliche Metalle gewinnen und vermarkten, heißt es.

Mehr Wertstoffe durch Pyrolyse


In Deutschland werden pro Jahr knapp 730.000 Tonnen Elektro-/Elektronikaltgeräte verwertet. Dabei fallen rund 165.000 Tonnen als Shredderrückstand an. Bislang werden die Rückstände stofflich nicht verwertet, doch Forscher des Fraunhofer-Instituts Umsicht haben ein Verfahren entwickelt, mit dem das Recycling künftig gelingen soll.

Auf dem diesjährigen International Electronics Recycling Congresss IERC in Salzburg stellte Projektleiter Peter Hense ein dezentrales Pyrolyseanlagenkonzept vor. Das Hauptziel der Pyrolyse sei es, Metalle aus den Resten zu holen; und zwar solche, die in integrierten Kupferhütten recycelt werden können, erklärte der Wissenschaftler. Dazu zählen Silber, Gold, Kupfer, Nickel, Blei sowie Platin, Palladium, Zinn, Zink und Antimon – insgesamt bis zu 18 Metalle. Im Forschungsprojekt gagendta+ versuchen die Forscher zudem, kritische Metalle wie Gallium, Germanium, Neodym und Tantal aus Shredderrückständen und ausgewählten EAG-Bauteilen zurückzugewinnen.

Prozessdauer 30 bis 60 Minuten

Bis dato liefern E-Schrottrecycler ihre Shredderrückstände an Müllverbrennungsanlagen oder Ersatzbrennstoffkraftwerke. Dort werden sie verbrannt. Die enthaltenen Metalle – Aluminium, Kupfer, Messing, VA-Stahl größer zwei Millimeter – landen in der Schlacke und werden vom Betreiber vermarktet.

Wie Hense betonte, gingen durch diesen Prozess allerdings auch rund 90 Prozent der Metalle, nämlich solche mit Korngrößen kleiner zwei Millimeter, verloren. Teilweise würden sie oxidiert, seien also weniger wertvoll.

Die Pyrolyse sei schonender und zeichnet sich dadurch aus, dass zunächst die Shredderreste in einen Schneckenreaktor gegeben werden. Unter Ausschluss von Sauerstoff beziehungsweise Luft wird das Material auf 550 bis 650 Grad Celsius erhitzt. Dabei wird fester Koks gebildet, der auch die Metalle enthält. Darüber hinaus entsteht aus den Kunststoffen Dampf, der dann in weiteren Schritten zu Synthesegas und Öl aufgearbeitet werden kann. Der ganze Prozess ist nach gut 30 bis 60 Minuten abgeschlossen.

Wertschöpfung bleibt beim Recycler

Wie Hense an einem Beispiel vorrechnete, ergebe eine Tonne Inputmaterial 553 Kilogramm Koks/Metall, 269 Kilogramm Gas und 132 Kilogramm Öl. Die beiden letztgenannten Produkte werden unter anderem zur Versorgung der Anlage genutzt. Darüber hinaus erforscht das Entwicklerteam, inwieweit sich das heizwertreiche Öl und Gas auch in einem Blockheizkraftwerk nutzen lässt. Dieses könnte dann rund 1.700 Kilowattstunden Strom und 2.600 Kilowattstunden Wärme liefern. Beide Energieformen könnten vor Ort genutzt, aber auch verkauft werden.

Das wichtigste Produkt bleibt aber der Pyrolysekoks mit den Metallen. Dieser kann direkt an Schmelzbetriebe, insbesondere integrierte Kupferschmelzen verkauft werden. „Mit dem Verfahren gewinnen die E-Schrottaufbereiter zusätzliche Metalle und Energie aus den Shredderresten“, sagte Hense. Beides könnten sie vermarkten, anstatt wie bisher für die Verbrennung in einer MVA zwischen 110 und 150 Euro beziehungsweise in EBS-Kraftwerken 80 Euro je Tonne Shredderrest zu bezahlen.

Pilotanlage ab Mai am Standort Sulzbach-Rosenberg

Der Ingenieur ist davon überzeugt, dass sich die Investition in eine Pyrolyseanlage für die Aufbereiter lohnt. Um das zu unterstreichen, präsentierte er in Salzburg ein entsprechendes Business-Szenario. Demnach müsste für eine Anlage mit einer Jahreskapazität von 385 Tonnen eine niedrige sechsstellige Summe investiert werden.

Fokussiert der Recycler dabei nur auf die Rückgewinnung von Metallen, müssen die Shredderreste also nicht in einer MVA entsorgt werden, könnte sich die Anlage nach gut dreieinhalb Jahren amortisieren, erläuterte Hense. Werden ferner die Wärme vermarktet und die eingesparten Entsorgungskosten mitbetrachtet, arbeite die Anlage nach gut zwei Jahren in den schwarzen Zahlen. Allerdings sei das gezeigte Szenario kein Versprechen. Faktoren wie der verarbeitete E-Schrott, die Anlagentechnik und der Standort der Anlage spielten eine entscheidende Rolle für die Amortisationsdauer.

Unterm Strich sei der Pyrolyseprozess nicht nur interessant für E-Schrottrecycler. Auch Metallrecycler und Kunststoffaufbereiter, die zunehmend mit Kunststoff-Metall-Verbundwerkstoffen sowie CFK/GFK kämpfen, könnten davon profitieren, ergänzte Hense. Ab Mai soll die erste Pilotanlage am Standort Sulzbach-Rosenberg in Betrieb gehen.

© 320°/ek | 01.02.2017

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