IERC-Branchentreffen

Neue technologische Trends stellen die E-Schrott-Recycler vor zusätzliche Herausforderungen. Insbesondere die Verwendung neuer Materialien könnte den Recyclern noch Kopfzerbrechen bereiten. Das wurde heute auf dem IERC-Branchentreffen in Salzburg deutlich.

Neue Trends fordern E-Schrott-Recycler heraus


Das Internet der Dinge zählt zu den entscheidenden Zukunftstrends. Bereits heute sind 15 Milliarden Dinge digital miteinander vernetzt. Bis zum Jahr 2020 erwarten Experten 50 Milliarden Geräte im IoT (Internet of Things). Dazu gehören neben Computern, Tablets und Smartphones auch Wearables, Unterhaltungselektronik und Fahrzeuge. Dieser Megatrend war auch beim diesjährigen International Electronics Recycling Congress (IERC) ein Thema.

Die eigenständig agierenden Gegenstände im Smart Home sollen dem Menschen Arbeiten abnehmen, anstatt ihn zusätzlich zu beschäftigen. Für den Verbraucher bedeuten diese Geräte daher einen Gewinn an Komfort. Für den Recycler hingegen können die neuen Produkte durchaus Schwierigkeiten mit sich bringen.

„Neben den zunehmend komplexer werdenden Materialien und Materialzusammensetzungen und bekannten Schwermetallaltlasten und halogenierten Flammschutzmitteln stellen auch neue Additive wie beispielsweise Nanopartikel die Recycler vor neue Herausforderungen“, betonte Mike Biddle, Managing Director beim Cleantech-Fonds Evok Innovations und Gründer des Recyclingunternehmens MBA Polymers, bei der IERC-Pressekonferenz.

Neue Additive bergen neue Gefährdungen

Bisher sei nur wenig bekannt darüber, wie sich diese neuen Materialien in den traditionellen Recyclingprozessen verhalten werden. „Es ist möglich, dass einige dieser Materialien und Additive auch neue Gefahren hinsichtlich des Umweltschutzes und der Arbeitssicherheit mit sich bringen“, sagte Biddle. Das könnte unter anderem beim Shredderprozess drohen. Darüber hinaus sei es nicht einfach oder sogar unmöglich für den Recycler zu wissen, welche Produkte überhaupt Additive aufweisen, die eine spezielle Handhabung erforderlich machen. Denn viele dieser Additive gelten als Geschäftsgeheimnis.

Aber auch auf betriebswirtschaftlicher Seite wird es in den kommenden Jahren herausfordernd bleiben. Und das ausgerechnet wegen dreier Trends, die eigentlich „gut für den Planeten“ sind, wie Biddle es ausdrückte. Da wäre zum einen das Downsizing: „Ein Grund für den Rückgang des E-Schrott-Aufkommens sind die immer kleiner werdenden elektronischen Geräte.“ Dann wäre da noch die Verlängerung der Lebensdauer von Apparaten. Und zum dritten die Entwicklung hin zu einer Sharing Economy.

Recycler kommen um strategische Entscheidungen nicht herum

„Vor allem in Großstädten weitet sich das Sharing weit über das Auto hinaus aus“, sagte Biddle. „Warum auch muss jeder Haushalt alle möglichen elektrischen Werkzeuge und Maschinen besitzen, die man, wenn es hochkommt, nur ein paar Mal im Jahr benutzt?“ Dass die Menschen immer weniger besitzen und immer mehr teilen wollen, wird sich negativ auf die Menge der produzierten Neugeräte und auf die Menge der entsorgten Altgeräte auswirken.

Angesichts all dieser Herausforderungen müssen Recycler strategische Entscheidungen treffen, wollen sie wettbewerbsfähig bleiben. Diese Entscheidungen betreffen sowohl Kosteneinsparung als auch Innovation, Spezialisierung und Internationalisierung, wie Norbert Zonneveld, Executive Secretary der European Electronics Recyclers Association (EERA), betonte. „Die Problemlösung wird für jede Art der E-Schrott-Behandlung unterschiedlich ausfallen. Einige Recycler arbeiten bereits an zukunftsfähigen Geschäftsmodellen, aber es bleibt noch immer eine große Unsicherheit.“

Diese Unsicherheit wird laut Zonneveld durch die unterschiedliche Umsetzung der WEEE-Vorschriften in Europa noch verstärkt. Dazu kämen auch noch die bekannten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung. „Das engt den Rahmen für zukunftsfähige Geschäftsmodelle ein“, sagte er.

Auszeichnung für Christian Müller-Guttenbrunn

Dass es E-Schrott-Recyclern trotz vieler Widrigkeiten dennoch gelingt, erfolgreich am Markt zu agieren, zeigt das Beispiel Christian Müller-Guttenbrunn. Der Österreicher ist geschäftsführender Gesellschafter und CEO der Müller-Guttenbrunn GmbH. Er wurde beim diesjährigen IERC mit dem IERC Honorary Award ausgezeichnet, der jedes Jahr im Rahmen des IERC an verdiente Persönlichkeiten der Recyclingbranche verliehen wird

„Christian erhält diese Auszeichnung für sein Lebenswerk, für die Entwicklung neuer Recyclingprozesse und die Gründung neuer Cleantech-Unternehmen in Österreich und Osteuropa in verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel Kunststoffrecycling und Metallsortierung“, begründet das Steering Committee des IERC 2017 die Auszeichnung für Christian Müller-Guttenbrunn. Mit dem Preis werde auch das innovative Team der Müller-Guttenbrunn-Gruppe gewürdigt, das die Einführung neuer Technologien zur Schadstoffentfrachtung von E-Schrott und zum Upgrade von Recyclingplastik für die Industrie vorangetrieben hat.

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