Recycling von Mischkunststoffen

Beim E-Schrott-Recycling entsteht ein schwierig zu trennender Teilchenmix aus hochwertigen Kunststoffen und Fremdkörpern. Panasonic hat eine Recyclingmethode entwickelt, mit der drei Plastiktypen gleichzeitig sortenrein aussortiert werden können und die schneller arbeitet als herkömmliche Systeme.

Neues NIR-System sortiert Plastikpartikel im Eiltempo


Beim Zerkleinern von elektrischen und elektronischen Haushaltsgeräten wie Kühlschränken fällt ein Materialmix an, in dem viele auch viele hochwertige Kunststoffteilchen stecken. Genau diese will der japanische Elektronikkonzern Panasonic sortenrein zurückgewinnen und nicht als Mischkunststoffe. „Es ist allerdings schwierig, die Kunststoffpartikel anhand des Aussehens von Fremdkörpern und Flakes zu unterscheiden, die bromhaltige Flammschutzmittel enthalten“, sagt Kazuyuki Tomita, Geschäftsführer des Panasonic Eco Technology Center (PETEC). „Was wir brauchten, war eine Technologie, die automatisch Polypropylen (PP), Polystyrol (PS) und Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) sortiert und bromhaltige Plastikteilchen und Fremdteilchen aussortiert.“

Mittlerweile hat Panasonic die Aufgabe gelöst und eine Technik entwickelt, mit der diese drei Kunststoffe zeitgleich aussortiert und getrennt voneinander gesammelt werden können. Und das sogar dreimal so schnell wie herkömmliche Systeme.

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Zum Einsatz kommt dabei die Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR). Dabei detektiert der NIR-Sensor von jedem Punkt auf dem durchlaufenden Förderband das optische Spektrum. Das generiert eine riesige Datenmenge, aus der gezielt Informationen über bestimmte chemische Elemente in den auf dem Band liegenden Teilchen ermittelt werden können.

Idealerweise haben diese Plastikteilchen eine Größe zwischen 10 und 100 Millimetern. „In Wirklichkeit liegt die Teilchengröße aber zwischen 5 und 150 Millimetern“, sagt Takuya Matsui, General Manager von Panasonics Recycle Solution Development Group, Global Manufacturing Division. Da Kunststoffe ihre je eigene molekulare Struktur haben, weisen sie einzigartige Absorptionseigenschaften von Licht auf. Somit ist es möglich, im selben Schritt auch die unerwünschten bromhaltigen Plastikteilchen auszusortieren, da auch diese für sie charakteristische Absorptionsspektren aufweisen.

System mit mehreren Druckluftdüsen

Die NIR-Technologie arbeitet an sich sehr schnell. Aber in diesem Fall nicht schnell genug. „Die Verarbeitungsgeschwindigkeit war zu langsam, da für jede Kunststoffsorte ein Umschaltvorgang erforderlich war“, schildert Matsui das anfängliche Problem. Um ABS, PP und PS sortenrein zu sortieren, waren drei einzelne Schritte nötig, die insgesamt zu viel Zeit in Anspruch nahmen.

Gelöst wurde dieses Problem durch die Entwicklung eines Systems, das mit mehreren Druckluftdüsen arbeitet, welche die drei Kunststoffsorten zur selben Zeit getrennt voneinander aus dem Abfallstrom aussortieren. Das zog aber ein anderes Problem nach sich: Die Partikel müssen in der richtigen Sammelzone landen. „Es war schwierig, den Luftstrom für das zweite und dritte Los zu kontrollieren und zu stabilisieren, da sich deren Auffangbehälter weiter weg vom Förderband befinden“, so Matsui.

Sortierverfahren eignet sich auch für andere Kunststoffsorten

Die Lösung hierfür erfolgt durch ein Hochgeschwindigkeits-Signalverarbeitungssystem, das die verschiedenen Plastiksorten auf dem Förderband identifiziert und simultan Signale an die drei Druckluftdüsenschickt . Das von Panasonic entwickelte System kontrolliert dabei gleichzeitig die Plastikerkennung sowie die Ausrichtung der Düsen und die Blaszeit, um die korrekte Flugbahn für jedes einzelne Teilchen zu bestimmen.

Laut Panasonic erreicht die neu entwickelte Recyclingmethode eine Sortenreinheit von 99 Prozent. Die Technologie könne auch zur Sortierung von anderen Kunststoffen angewendet werden wie beispielsweise PE, PVC, PET oder PU. Die Geschwindigkeit des Förderbands beträgt 3 Meter pro Sekunde. „Es empfiehlt sich eine Verarbeitungsgeschwindigkeit von 0,7 Tonnen pro Stunde“, sagt Matsui. Möglich seien auch 1,5 Tonnen pro Stunde, wenn ein geringerer Reinheitsgrad der Kunststoffe ausreiche.

Entwickelt wurde das System von der PETEC-Abteilung für Forschung und Entwicklung. Diese arbeitet Hand in Hand mit den anderen R&D-Teams der Panasonic-Gruppe. Bislang wird das neue System in zwei Panasonic-Recyclingcentern eingesetzt: Seit April dieses Jahres läuft es im Panasonic Eco Technology Center, das sich um das Recycling von gebrauchten Haushaltsgeräten in der japanischen Kinki-Region kümmert, und seit Juli im Panasonic Eco Technology Kanto, wo gebrauchte Haushaltsgeräte aus der Kanto-Region recycelt werden. Laut Panasonic wird das recycelte PS zur Herstellung von Klimaanlagen verwendet, das PP in Kühlschränken und Induktionskochplatten.

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