Recycling von Altbeton

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP hat ein neues Verfahren zum Recycling von Altbeton getestet. Der Vorteil liegt in der staub- und kontaminationsfreien Zerkleinerung. Das Verfahren ist nun ausgezeichnet worden.

Selektive Fragmentierung


Ob Bauschutt, Müllverbrennungsschlacke, kohlefaserverstärkter Verbundwerkstoff oder Elektronikschrott – jedes Jahr fallen weltweit insgesamt mehrere Millionen Tonnen derartiger Abfälle an. Nur ein Bruchteil wird bislang effizient wiederaufbereitet. Für das Recycling von Verbundwerkstoffen hat das Fraunhofer-Institut IBP nun das Verfahren der elektrodynamischen Fragmentierung getestet, mit dem es möglich sein soll, verschiedene Verbundmaterialien selektiv aufzutrennen und zurückzugewinnen.

Laut IBP beruht das Verfahren auf dem Prinzip, dass ultrakurze (< 500 nsec) Unterwasserimpulse Festkörper selektiv fragmentieren, indem die Blitzentladung bevorzugt durch den Festkörper entlang von Phasengrenzen verläuft. Eingesetzt wird hierfür eine Maschine der Schweizer Firma Selfrag. Ein elektrischer Durchschlag erzeugt dabei Druckwellen (p = 1 GPa), wodurch das Verbundmaterial in seine Komponenten zerlegt wird. Diese Technologie wird bereits großtechnisch eingesetzt, zum Beispiel zur Zerkleinerung von hochreinem Silizium für die Silizium-Wafer-Industrie bzw. Solarzellen-Industrie oder zum Herauslösen von Lithium-Mineralien aus der umgebenden Gesteinsmatrix. Der Vorteil des Verfahrens liege in der staub- sowie kontaminationsfreien Zerkleinerung, da im Vergleich zu einer mechanischen Aufbereitung kein Abrieb entsteht.

Bisher fanden die Versuche der Wissenschaftler nur im Labormaßstab statt. Die Anlage des Fraunhofer IBP ist mit einem Prozessgefäß für fünf Liter ausgestattet, so dass die Versuche bisher nur im diskontinuierlichen Betrieb durchgeführt werden können. »Das möchten wir gerne ändern, indem wir die vielversprechende und auf verschiedenste Industriezweige anwendbare Methode vom Labor auf einen wirtschaftlichen Realmaßstab übertragen«, erklärt Institutsleiter Klaus Sedlbauer.

Beton ist der meistverwendete Baustoff der Welt. Er wird aus Zement, Wasser und einer Mischung aus Gesteinskörnern wie Kies oder Kalksplitt in unterschiedlichen Größen hergestellt. Im Jahr 2010 betrug allein in Deutschland die Abfallmenge 130 Millionen Tonnen. Bislang werde Altbeton unter enormer Staubentwicklung zerschreddert und lande überwiegend als Tragschicht unter der Straße, so das Institut. Mithilfe der elektrodynamischen Fragmentierung hingegen könnten aus Altbeton sowohl hochwertige Gesteinskörnungen für die Produktion von Frischbeton als auch Rohstoffe für die Zementherstellung wiedergewonnen werden.

Großes Potenzial sehen die Wissenschaftler auch in der Wiederaufarbeitung von Müllverbrennungsschlacke. Von diesem Material fallen weltweit jährlich rund 320 Millionen Tonnen an. Mit der Anwendung der elektrodynamischen Fragmentierung würde man neben der Schonung immer knapper werdender Deponieflächen eine deutlich erhöhte Rückgewinnungsrate von wertvollen Sekundärrohstoffen und Metallen erreichen.

Einen weiteren Anwendungsbereich stelle die Luftfahrtindustrie dar. Die zunehmende Verbauung von kohlenfaserverstärkten Kunstoffen in Flugzeugen verlange auch nach einer Recyclingtechnologie, um wichtige Ressourcen zu schonen und die wieder gewonnenen Kohlefasern wirtschaftlich in neue Produkte einsetzen zu können. Gleiches gelte auch für Elektronikschrott sowie viele weitere Verbundmaterialien, die bislang entweder gar nicht oder nicht sauber genug aufgetrennt werden können.

Für das neue Verfahren hat das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP gestern den Preis als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ und der Deutschen Bank verliehen bekommen. Bereits vor einigen Wochen war verkündet worden, dass das Fraunhofer IBP für diese Innovation unter allen Preisträgern zudem Bundessieger in der Kategorie Wissenschaft ist.

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