Kommissionspläne zur Kreislaufwirtschaft

Einige Vorschläge im Reformpaket der EU-Kommission bereiten der Kunststoff-Recyclingbranche große Sorgen. Der Branchenverband Plastics Europe warnt unter anderem vor den Folgen der neuen, Output-bezogenen Berechnungsmethode der Recyclingquote.

Zum Downcycling gezwungen


Die neue Juncker-Kommission wird vermutlich keine großen Änderungen am vorliegenden Reformpaket der EU-Kommission „Towards a Circular Economy“ vornehmen. Doch Europas Kunststoffhersteller und -recycler würden sich in einigen Punkten durchaus Nachbesserungen wünschen. So kommt die geplante Einführung der Output-bezogenen Berechnung der Recyclingquote zur Unzeit, warnt der Branchenverband Plastics Europe. „Wir befürchten, dass es durch eine Änderung der Berechnungsmethode, die gleichzeitig mit der Vorgabe neuer Recyclingziele eingeführt werden soll, verstärkt zu einem Downcycling kommen könnte“, sagte Verbandsgeschäftsführer Martin Engelmann bei der Konferenz des europäischen Dachverbands der Betreiber von Waste-to-Energy-Anlagen, CEWEP, in Brüssel.

Die Befürchtung äußerte Engelmann vor allem hinsichtlich der Mischkunststoffe. „Der heutige Stand der Technik beim Plastikrecycling sind noch immer mechanische Verfahren. Und diese sind empfindlich gegenüber Verunreinigungen des Materials.“ Besonders bei Mischkunststoffen schwankt die Qualität extrem. Neben einer Vielzahl an Fremdstoffen weist dieser Stoffstrom auch noch einen hohen Wasseranteil auf. Die verschiedenen Plastiksorten lassen sich nur schwer und damit entsprechend teuer trennen. Ohnehin stellen die Verwerter von Mischkunststoffen schon seit Längerem fest, dass ihre Produktausbeuten bei der Verarbeitung dieser Fraktionen permanent sinken.

Anteil von recyceltem Kunststoff an Kunststoffnachfrage in der Europäischen Union in den Jahren 2003 bis 2013 „Höhere Recyclingquoten können hier nur durch ein Downcycling erreicht werden“, stellte der Plastics-Europe-Geschäftsführer fest. Er plädiert dafür, erst die Auswirkungen der neuen Berechnungsmethode abzuschätzen, bevor man neue Zielvorgaben setzt. Um negative ökologische und ökonomische Folgen zu vermeiden, sollte sich die Berechnung der Recyclingquote deshalb weiter an der Input-Seite orientieren.

Auch beim Deponierungsverbot sieht der Verband noch Nachbesserungsbedarf. Laut Kommissionspapier darf der Anteil an recycelbaren Abfällen, der ab 2025 deponiert wird, höchstens 25 Prozent betragen. „Diese Vorgaben sollten sich aber nicht nur auf rezyklierbare Abfälle erstrecken, sondern auch ‚andere wiederverwertbare Abfälle‘ einschließen“, fordert Engelmann. Somit sollte das Deponierungsverbot auch hochkalorische Fraktionen wie Plastik oder Papier, die sich nicht bzw. nicht mehr für ein stoffliches Recycling eignen, einschließen. Diese müssten vielmehr zur Energiegewinnung in Waste-to-Energy-Anlagen (WtE-Anlagen) genutzt werden. „Damit könnten zusätzlich 200 Terrawatt Wärme und Elektrizität erzeugt werden“, verdeutlichte Engelmann das auf Deponien brachliegende Energiepotenzial.

2025-Ziel ist eine Herausforderung, aber realisierbar

Einen großen Teil an diesem Energiereservoir machen die Altkunststoffe aus. EU-weit ist noch immer die Deponierung der bevorzugte Abfallbehandlungsweg für diesen Stoffstrom. Zahlen von Plastics Europe für 2012 zeigen, dass 38 Prozent (9,5 Millionen Tonnen) an Post-Consumer-Kunststoffen deponiert wurden. Weitere 36 Prozent (8,6 Millionen Tonnen) wurden für die Energiegewinnung in WtE-Anlagen genutzt. Stofflich recycelt wurden lediglich 26 Prozent (6,6 Millionen Tonnen).

„Um das 2025-Ziel zu erreichen, müssen sich etliche Staaten erheblich anstrengen und noch eine ganze Menge ins Recycling investieren“, sagte Engelmann. Es sei zwar eine Herausforderung, die Vorgaben bis 2025 zu meistern, doch unmöglich sei es nicht. Das zeige die Entwicklung in Deutschland.

Hierzulande wurde im Jahr 2001 ein Deponierungsverbot für unbehandelte Restabfälle beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt lag die Deponierungsquote bei 46 Prozent, wie aus einer Studie von Consultic Marketing und Industrieberatung hervorgeht. 36 Prozent wurden mechanisch recycelt, 14 Prozent energetisch genutzt. 2005 trat dann das Deponierungsverbot in Kraft. In den vier dazwischenliegenden Jahren ist die Deponierungsquote rapide auf 10 Prozent gesunken. Allerdings wurde nicht mehr stofflich recycelt; die Quote lag um nur einen Prozentpunkt höher als vier Jahre zuvor. Stattdessen gingen die Kunststoffabfälle verstärkt in die Verbrennung. Die Quote für die energetische Verwertung war auf 38 Prozent gestiegen. Inzwischen zeichnet die Consultic-Studie für das Jahr 2011 folgendes Bild: Nur noch 1 Prozent an Kunststoffabfällen landen auf den Deponien. 42 Prozent werden werkstofflich und 56 Prozent energetisch genutzt.

Die Vorgaben aus Brüssel sind also durchaus lösbare Aufgaben. Und sie lohnen sich unter ökonomischen Aspekten. „60 Millionen Tonnen Kunststoffe mehr stünden zur Verfügung, wenn das Ziel ‚Zero-Plastics-to-Landfill‘ bereits 2025 erreicht werden würde und nicht erst 2037, wie sich derzeit aus Hochrechnungen extrapolieren lässt“, rechnete Engelmann vor. Das entspreche über 750 Millionen Barrel mehr Öl oder 60 Milliarden Euro.

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