Verwertung von Elektrofahrzeugen

Autoverwerter und Automobilindustrie arbeiten an neuen Verwertungsprozessen für Elektrofahrzeuge. Nun liegen Ergebnisse aus ersten Projekten vor.

Experten untersuchen Recyclingpotenziale


Eigentlich hat alles noch ein wenig Zeit. Denn Elektrofahrzeuge werden erst nach dem Jahr 2030 in größeren Stückzahlen zum Recycling anfallen. Doch Autohersteller und Recycler haben bereits zahlreiche Projekte gestartet, um die Voraussetzungen für ein hochwertiges Recycling der neuen Komponenten und Werkstoffe zu schaffen. Erste Versuchsergebnisse deuten darauf hin, dass die ab dem Jahr 2015 in der EU vorgeschriebenen Werte von 85 Prozent Recycling und 95 Prozent Verwertung sogar übertroffen werden können.

Toyota und die belgische Groupe Comet beispielsweise haben an 165 Plug-In-Hybridfahrzeugen spezifische Shreddertests durchgeführt. Die ausgebauten Lithium-Ionen-Batterien wurden von der belgischen Materialtechnikgruppe Umicore recycelt. Der Batterierecycling-Prozess von Umicore nutzt eine patentierte Ultrahochtemperatur-Schmelztechnologie. „Dieser Prozess erlaubt das kosteneffiziente und umweltverträgliche Recycling wertvoller Batteriebestandteile wie Kobalt, Nickel und Kupfer“, erklärte Ronny Denis, Manager bei Toyota Motor Europe, beim International Automobile Recycling Congress (IARC) in Brüssel.

Die beim Shreddern entstehenden Stoffströme wie Metalle, Plastik oder die mineralische Sandfraktion hat Groupe Comet in ihren speziellen Post-Shredder-Technik-Anlagen weiter zerkleinert, getrennt und verwertet. Laut Massenbilanz sind die Quotenvorgaben, die ab Januar 2015 gelten, um fast zwei Prozent übertroffen worden. „Der Anteil des stofflichen Recyclings am Gesamtfahrzeuggewicht lag bei 91,2 Prozent. Einschließlich energetischer Verwertung haben wir eine Quote von 96,9 Prozent erreicht“, berichtet Denis. „Es ist also technisch und wirtschaftlich möglich, die neuen, höheren EU-Recyclingvorgaben zu erreichen.“ Für den Toyota-Manager ist das Beweis genug, dass keine neuen gesetzlichen Vorgaben für die kommenden E-Auto-Generationen nötig sind, zumal sich die Recyclingprozesse für Elektrofahrzeuge nicht erheblich von der heutigen State-of-the-art-Recyclingtechnologie unterscheiden würden.

100-prozentige Demontage von Leiterplatten ist nicht nötig

Die „Demontage vs. Shreddern“-Studien haben noch andere Erkenntnisse gebracht, die generell für Altautos gelten. So empfiehlt Pierre-François Bareel von der Groupe Comet zwar die händische Zerlegung des Transaxle-Antriebs zur Rückgewinnung der darin verbauten Seltenen Erden. Bei der Rückgewinnung von Edelmetallen aus Leiterplatten sei aber keine „Demontage zu 100 Prozent“ nötig.

„Nur zwei elektronische Bauteile sind für Betreiber von Shredderanlagen von einem potenziellen ökonomischen Interesse: das Steuergerät für den Motor und die Wechselstrom-Einheit“, sagte er. Bei allen anderen elektronischen Bauteilen seien die Demontagekosten höher gewesen als der Materialwert.

Folie1Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der Volkswagen-Konzern, der Bauteilanalysen für den Golf 7 durchgeführt hat. Demnach befinden sich im Golf insgesamt 60 elektronische Bauteile. Um alle zu demontieren, wären etwa fünf Stunden manueller Arbeit notwendig, veranschaulicht VW-Recyclingexperte Lutz Zur-Lage den Demontageaufwand. Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass die drei Bauteile mit dem größten Materialwert relativ schnell demontiert werden können und insgesamt sechs Bauteile ein „günstiges Verhältnis von Materialwert zu Demontageaufwand“ haben. Zu diesen sechs Teilen gehören:

  • Steuergerät für Motor
  • Steuergerät für Infotainment
  • Anzeige- und Bedieneinheit
  • Zusatzbremsleuchte
  • Kombiinstrument
  • Auslösegerät für Airbag

Wie die Bauteilanalysen ergaben, stecken in den Leiterplatten der elektronischen Bauteile über 40 Prozent all jener strategischen wichtigen Technologiemetalle, die insgesamt im Golf eingebaut sind. Zählt man die Edelmetalle hinzu, die über die Aufbereitung der Shredderrückstände zurückgewonnen werden, so ergebe sich eine Recyclingquote für Technologiemetalle aus elektronischen Bauteilen von über 50 Prozent, erklärte Zur-Lage. Der zusätzliche Demontageaufwand betrage rund zehn Minuten.

Aufwand lohnt sich

Ein lohnendes Ziel sind auch die Katalysatoren und Dieselpartikelfilter: Der Metallwert in Katalysatoren und DPF ist mindestens viermal so hoch ist wie der in Leiterplatten. Zumal ein Katalysator im Handumdrehen demontiert werden kann. Zur-Lage zieht das Fazit, dass durch die Demontage des Katalysators und der sechs elektronischen Bauteile mehr als 90 Prozent der betrachteten strategisch wichtigen Technologiemetalle im Fahrzeug einem Recycling zugeführt werden können.

Folie1Vielversprechend ist nach Auffassung des VW-Vertreters die generell zunehmende Elektrifizierung des Antriebstrangs bei Elektrofahrzeugen. „Aus Sicht des Recyclings bringt diese Entwicklung neue Aufgaben mit großem Potenzial“, sagt er. Das Potenzial macht er am Vergleich der Wertstoffverteilung in einem E-Golf mit der in einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor fest: „Es fällt auf, dass der Metallanteil insgesamt konstant bleibt, wobei der Eisenmetallanteil um 7,7 Prozentpunkte fällt. Der Leichtmetall- und der Buntmetallanteil steigen hingegen um 2,1 Prozentpunkte respektive um 5,6 Prozentpunkte.“

Da Buntmetall- und Leichtmetallschrotte generell höhere Preise erzielen als Eisenmetallschrotte, liegt die Vermutung nahe, dass die Schrotterlöse bei E-Fahrzeugen potenziell höher als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sind. Zur-Lage weist aber darauf hin, dass bei reinen E-Fahrzeugen die Erlöse aus dem Recycling von Katalysatoren entfallen und dass bei einigen Recyclingverfahren für neue Komponenten der E-Mobilität noch Optimierungsbedarf besteht.

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