Beschluss des EU-Parlaments zu Plastiktüten

Um 50 Prozent soll der europäische Verbrauch von Kunststofftüten bis 2017 gedrosselt werden, bis 2019 sogar um 80 Prozent. Für Deutschland hätte das kaum Auswirkungen. Der Grund liegt in der Ausgestaltung der geplanten Regelung.

Für Deutschland bedeutungslos


Nach dem Willen der EU-Parlamentarier sollen leichte Plastiktüten in den kommenden fünf Jahren um 80 Prozent reduziert werden. Dabei geht es um Kunststofftüten, deren Folien weniger als 0,05 Millimeter stark sind. Die Kunststofftüten sollen durch Tüten aus recyceltem Papier oder biologisch abbaubarem Kunststoff ersetzt werden.

Damit geht das Parlament weit über das hinaus, was die Kommission gefordert hatte. Diese hatte lediglich eine allgemeine Verringerung ins Spiel gebracht, ohne dabei konkrete Ziele zu benennen. Für Deutschland dürfte die geplante Regelung aber dennoch folgenlos bleiben. So weist die Deutsche Umwelthilfe (DUH) darauf hin, dass die Ziele sich auf den europäischen Durchschnitt von 198 verbrauchten Plastiktüten pro Kopf und Jahr beziehen. In Deutschland jedoch verbrauche jeder Bürger 71 Plastiktüten jährlich. Eine Verringerung um 50 Prozent hätte folglich, gemessen am europäischen Durchschnitt, keine Relevanz, stellt die DUH klar.

Die DUH fordert deshalb die Bundesregierung auf, nicht europäischen Mindestzielen ohne Bedeutung für Deutschland zu folgen, sondern die Verringerung des Plastiktütenkonsums selbst in die Hand nehmen. Um den Verbrauch von jährlich über 6,1 Milliarden Plastiktüten in Deutschland zu stoppen, müsste eine bundesweite Plastiktütenabgabe in Höhe von 22 Cent eingeführt werden. In Irland habe die Einführung der Abgabe den Plastiktütenverbrauch von 328 auf heute nur noch 16 Stück pro Kopf reduziert.

Regelungen sind nicht zielführend

Kritik übt die DUH auch an der Festlegung auf besonders dünnwandige Plastiktüten mit einer Wandstärke unter 50 Mikrometern. „Wenn Hersteller diese Regelung umgehen wollen, müssen sie ihre Tüten nur ein wenig dicker machen, um Abgaben oder Verboten zu entgehen“, bemängelt der Leiter für den Bereich Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer.

Auch die vom EU-Parlament beschlossene Bezahlpflicht für dünne Plastiktüten ist nach Auffassung der DUH nicht ausreichend, da sie sich auf den Lebensmitteleinzelhandel beschränkt. „Ein Großteil der in Deutschland verbrauchten Plastiktüten wird kostenlos im Einzelhandel, zum Beispiel in Kaufhäusern oder Textilgeschäften, herausgegeben. Daran würde sich durch die eingeschränkte Bezahlpflicht nichts ändern“, so Fischer weiter.

Der Beschluss des EU-Parlaments erfolgte in 1. Lesung. Im nächsten Schritt wird der Gesetzesentwurf im EU-Rat behandelt, der die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten repräsentiert. Nachdem sich EU-Rat und Kommission positioniert haben, kommt es zur zweiten Lesung.

Insgesamt wurden 2010 in Europa 1,61 Millionen Tonnen Kunststoff-Tragetaschen produziert. Die Unterschiede bezüglich der Nutzung solcher Türen sind gewaltig: Während in Ungarn oder Polen 466 Plastiktüten pro Person verbraucht werden, benutzt jeder Deutsche im Durchschnitt 64 Plastiktüten. In Finnland und Dänmark sind es sogar nur 4 Tüten pro Person und Jahr.

Statistik: Anzahl der einmal verwendeten und weggeworfenen Plastiktüten je Verbraucher in der Europäischen Union nach Ländern im Jahr 2010 | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

 

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