Wegen Deponiesteuer

Weil die Deponiesteuer in England fast 100 Euro beträgt, landen immer mehr Ersatzbrennstoffe im Ausland. Auch Deutschland profitiert davon. Doch das britische Umweltministerium bezweifelt, ob die Abfälle ausreichend vorbehandelt werden.

Starker Anstieg der Abfallexporte aus England


Der Export von Abfällen aus Großbritannien hat im vergangenen Jahr stark zugenommen. Nach vorläufigen Zahlen der Environment Agency, das vergleichbar mit dem deutschen Umweltbundesamt ist, wurden 2013 knapp 1,6 Millionen Tonnen Ersatzbrennstoffe exportiert. Das entspricht einem Zuwachs von fast 80 Prozent gegenüber 2012. Im Vergleich zu 2011 beträgt die Steigerung sogar stolze 570 Prozent.

Der rasante Anstieg resultiert aus der Deponiesteuer für nicht-inerte Abfälle in Großbritannien. Die Steuer wurde zuletzt am 1. April auf rund 97 Euro pro Tonne erhöht und soll im April des kommenden Jahres nochmal auf dann 100 Euro angehoben werden. Da ausreichende Verwertungskapazitäten noch im Aufbau sind, wird ein Teil der Siedlungsabfälle als RDF (Refuse Derived Fuel / Ersatzbrennstoff) auf das europäische Festland exportiert.

Im vergangenen Jahr gingen auf diese Weise insgesamt 181.406 Tonnen nach Deutschland, wo das Material zu Sekundärbrennstoff (SBS) aufbereitet wird. Das entspricht etwa 11 Prozent der Gesamtmenge. Rund ein Viertel lieferte Biffa Waste Services nach Deutschland, gefolgt von N & P Alternative Fuels (13 Prozent) und Shanks Waste Management (8 Prozent). Der größte Anteil der Exporte ging allerdings in die Niederlande (74 Prozent). Dort gehen die Abfälle direkt in die Verbrennung. Weitere Empfängerländer waren Dänemark, Estland, Irland, Lettland, Norwegen und Schweden. In geringem Umfang gab es auch Transporte nach Frankreich, Spanien, Finnland und Belgien, aber wahrscheinlich eher zu Testzwecken, um Kosten und Abwicklung zu erkunden.

DEFRA lässt Exporte untersuchen

In Großbritannien werden die Exporte jedoch mit Sorge beobachtet. Das britische Umweltministerium DEFRA (Department for Environment, Food & Rural Affairs) hat bereits eine Marktuntersuchung in Auftrag gegeben. Hintergrund ist vermutlich, dass in der Vergangenheit mehrfach illegale Zwischenlager für den RDF-Export entdeckt wurden. Außerdem sieht das Ministerium Anzeichen dafür, dass RDF für den Export nur minimal vorbehandelt wird, um auf diese Weise das britische Exportverbot für unbehandelten Abfall zu umgehen.

Eine solche minimale Vorbehandlung kann durch einfaches Zerkleinern und Sieben geschehen. Das Material sei im Rohzustand allenfalls für die Müllverbrennung geeignet, kommentieren deutsche Branchenvertreter. Aus ihrer Sicht ist der Ersatzbrennstoff attraktiv, weil er Geld mitbringt. Sie erhalten für die Abnahme der Ersatzbrennstoffe rund 50 Euro pro Tonne. Mehrere deutsche Aufbereiter geben an, dass sie den Brennstoff zu gütegesichertem Sekundärbrennstoff (SBS) veredeln, möchten sich aber zu Details nicht äußern.

SBS hat einen höheren Heizwert, weniger Halogene und Schwermetalle, ist feinkörniger und wird zur Mitverbrennung in Zementwerken und Kohlekraftwerken genutzt. Weil die Mitverbrennung zugenommen hat und zudem mehr EBS-Kraftwerke um das Material buhlen, erzielen SBS-Aufbereiter inzwischen auch Erlöse, sofern das Material von guter Qualität ist. In diesen Fällen liegen die Erlöse im Bereich von 5 bis 20 Euro pro Tonne, berichten Branchenvertreter. Vielfach werde das Material aber auch „Null-gegen-Null“ gehandelt.

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