bvse-Alttextiltag

Die privaten Textilrecycler schimpfen, aber es hilft nichts. Sie werden sich mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern arrangieren müssen. Tun sie nicht, werden sie auf Dauer nicht überleben, warnt ein Vertreter des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM).

„Ich kann Ihnen nur raten, mit den Kommunen zusammenzuarbeiten“


Helmut Schmidt, Zweiter Werkleiter des AWM, wusste, worauf er sich einließ, als er zum bvse-Alttextiltag nach Berchtesgaden reiste. „Ich wurde bereits als Mann der Gegenseite und Vertreter der Staatswirtschaft begrüßt“, sagte er zu Beginn seines Vortrags. Schmidt ist an diesem Tag der einzige kommunale Vertreter inmitten von Textrecyclern aus den Reihen des bvse. Er soll schildern, was er vorhat mit der Alttextilsammlung in München.

Schmidt weiß, dass sich das als undankbare Aufgabe entpuppen könnte. Viele der bvse-Mitglieder sind sauer, weil der Gesetzgeber ihnen den Erstzugriff auf Alttextilien verwehrt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz raubt ihnen den ersten Teil ihrer Wertschöpfung und macht sie abhängig von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE). Wenn diese entscheiden, die Sammlung selbst zu übernehmen, haben die Privaten bestenfalls Glück, wenn der örE ihnen noch den Auftrag zur Verwertung gibt.

Auch die Stadt München macht hierbei keine Ausnahme. Der AWM sammelt schon seit 15 Jahren Alttextilien auf den Wertstoffhöfen. Im Februar 2013 hat der Stadtrat beschlossen, die Alttextilsammlung ausschließlich in kommunale Hände zu geben. Seither ist die Aufgabenverteilung klar geregelt: Der AWM sammelt ein, die Privaten verwerten.

Bislang wurden auf den Wertstoffhöfen rund 1.000 Tonnen pro Jahr erfasst, künftig sollen es 3.000 Tonnen sein, kündigt Schmidt an. Dazu soll die Zahl der Standplätze auf 600 erhöht werden. Aktuell gibt es 250 Alttextil-Container, mit denen im Durchschnitt 150 Tonnen pro Monat erfasst werden. Seit einem Jahr setzt der Kommunalbetrieb auch Depotcontainer ein.

„Wir haben festgestellt, dass im Münchner Restmüll 10.000 Tonnen Alttextilien sind, und die wollen wir erschließen“, sagt der AWM-Vertreter. Die Erfahrungen zeigten, dass die Bevölkerung die Sammelcontainer gut annehme. Es gebe keinerlei Klagen über eine schlechte Qualität der Ware, erklärt Schmidt. Einwände von Textilrecyclern, dass höchstens 1 Prozent der im Restmüll befindlichen Alttextilien verwertbar sind, weist er zurück. Die Verwertungsbetriebe, mit denen der AWM zusammenarbeitet, würden ihm berichten, dass die Alttextilien im Restmüll hochwertig seien.

DRK verliert 20 bis 25 Prozent der Mengen

Wie Schmidt betont, arbeitet der AWM in München mit über 30 privaten Entsorgern zusammen. „Wir werden operativ in der Verwertung nie tätig werden“, versichert der AWM-Werkleiter. Partner des AWM seien ausschließlich Mitgliedsbetriebe des bvse. „Wir legen Wert auf faire Zusammenarbeit und eine hochwertige Verwertung“, betont Schmidt. Aber wie die neuen Machtverhälntnisse aussehen, ist auch klar. „Ich kann ihnen nur raten, mit den Kommunen zusammzuarbeiten“, mahnt er. „Denn nur dann werden Sie dauerhaft überleben.“

Die Privaten sind jedoch nicht die einzigen, die zurückstecken müssen. Betroffen sind auch die karitativen Organisationen. Das Deutsche Rote Kreuz habe in den vergangenen zwei bis drei Jahren zwischen 20 und 25 Prozent der eingesammelten Mengen verloren, berichtet Günther Batschak, Geschäftsführer des DRK-Landesverbands Saarland. An den Erlösen habe der Mengeneinbruch bislang wenig geändert, räumt Batschak ein. Das liege daran, dass die Preise in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen seien. „Aber wenn der Preis allgemein sinken wird, dann werden wir das spüren.“

Laut Schmidt gibt es in München derzeit 43 Anzeigen für Alttextilsammlungen. Davon entfallen 9 auf gemeinnützige Sammler. 6 Sammlungen seien dauerhaft genehmigt worden, eine sei noch in Prüfung und 2 hätten zurückgezogen. Darüber hinaus hätten 34 gewerbliche Sammler die Alttextilerfassung angezeigt. Davon seien 9 bis 30. September dieses Jahres befristet, 10 würden in Kürze vorbeschieden, 8 seien noch in Bearbeitung und 7 Anzeigen seien zurückgezogen worden.

Aus Sicht des bayerischen Umweltministeriums hat das Nebeneinander von Kommunalen und Privaten bislang immer gut funktioniert. „Die Kommunen sind nah am Bürger dran, aber die Privaten sind innovativ und investieren“, sagt Ministeriumsvertreter Michael Spitznagel. Er geht davon aus, dass dies so bestehen bleibt. „In Bayern haben Sie als Private durchaus Chancen“, macht er den Textilrecyclern Mut. Das werde auch dadurch belegt, wie die unteren Abfallbehörden mit den angezeigten gewerblichen Sammlungen umgehen: Bis Ende 2013 seien weniger als 5 Prozent untersagt worden.

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