Pyrolyse, Vergasung und Co.

Ob eine alternative thermische Abfallbehandlung Erfolg hat, hängt stark von den länderspezifischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Darum laufen bestimmte Verfahren in manchen Regionen erfolgreich im Dauerbetrieb - während sie anderswo scheitern.

Sonderfall Japan


Alternative Verfahren zur thermischen Behandlung von Siedlungsabfällen wie Pyrolyse oder Vergasung sind in Südostasien ein großer Erfolg. Vor allem in Japan. Was jedoch auffällig ist: Nur in dieser Region werden alternative Verfahren in größerer Zahl im großtechnischen Maßstab und im Langzeitbetrieb gefahren. In anderen Regionen wie in Deutschland sind derartige Anlagen bislang weitgehend gescheitert.

Die Gründe für den ungleichen Erfolg liegen in der Geschichte des Landes verborgen. In Japan hatten Müllverbrennungsanlagen mit Wirbelschichtverfahren in den 90er Jahren mit den Dioxinskandalen zu kämpfen. Die Regierung erließ daraufhin die Vorschrift, dass Schlacken aus der thermischen Abfallbehandlung einzuschmelzen sind. „Diese Vorschrift war ein wesentlicher Grund für die Etablierung verschiedener alternativer thermischer Verfahren mit integrierter Schlackeschmelze zu Beginn des neuen Jahrhunderts“, heißt es in einem Gutachten zu alternativen thermischen Abfallbehandlungsverfahren. Energieeffizient brauchten diese Anlagen nicht zu sein, wichtiger war vielmehr, dass die Abfälle möglichst schadstoff- und rückstandfrei entsorgt und die Anlagen störungsfrei betrieben werden konnten.

Außerdem ist in Japan jede Kommune für die Sammlung und Entsorgung selbst verantwortlich. Dies hat dazu geführt, dass jede Kommune eigene Behandlungskapazitäten vorhält, wenn auch nur mit geringer Kapazität. Folglich verfügt Japan heute über 1.243 Anlagen zur thermischen Abfallbehandlung, wie aus dem Gutachten hervorgeht. Zum Vergleich: In Deutschland sind 168 thermische Abfallbehandlungsanlagen in Betrieb.

Viel Zeit für Wartung und Instandsetzung

„Zur kompromisslosen Gewährleistung der Entsorgungssicherheit wurden außerdem großzügige Wartungs- und Instandhaltungszeiträume eingeplant“, schreiben die Gutachter. Die geplanten Betriebszeiten liegen demnach zwischen 6.500 und 7.500 Stunden pro Jahr. Die Anlagen laufen also häufig nur an 240 bis 280 Tagen im Jahr. Somit bleibt mehr Zeit für die Wartung und Instandsetzung, was bei komplexen und wartungsaufwendigen Technologien wie Pyrolyse oder Vergasung hilfreich sein kann.

Hinzu kommen die hohen Abfallbehandlungs- und Deponiekosten in Japan. Die Behandlungskosten liegen laut Gutachten bei mindestens 300 Euro pro Tonne und damit deutlich über denen in Europa. Im Großraum Tokio lägen die Kosten bei rund 400 Euro pro Tonne. Schätzungen von Branchenkennern gehen sogar von noch höheren Kosten aus. Auch die Deponierung ist teuer. Genaue Zahlen können die Gutachter hierzu allerdings nicht nennen, „da diese in Japan nicht als Abfallgebühr einzeln ausgewiesen werden, sondern aus dem steuerfinanzierten Haushalt der Kommunen gedeckt werden – mehr oder weniger transparent“. Das insgesamt hohe Preisniveau der Behandlungskosten erlaube somit den Betrieb wesentlich kostenintensiverer Verfahren, als dies unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa oder gar den USA möglich wäre, heißt es in der Studie.

Auch die besondere Qualität des Siedlungsabfalls dürfte für den Erfolg alternativer thermischer Verfahren in Japan verantwortlich sein. So soll der Abfall in hohem Maße vorsortiert sein und Aschegehalte von lediglich 10 bis 15 Gewichtsprozent aufweisen. Entsprechend einfacher sei die Aufbereitung für den Einsatz in komplexeren thermischen Verfahren. „Es ist nachvollziehbar“, so die Gutachter, „dass der niedrigere Aschegehalt den Energieaufwand für die Ascheschmelze signifikant verringert.“

Dank dieser Rahmenbedingungen sind in Japan zwischen 1997 und 2011 über 100 alternative thermische Müllbehandlungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von 5,5 Millionen Jahrestonnen gebaut worden. Allein in den Jahren 2000 und 2001 sind 44 Vergasungsanlagen entstanden. Viele der in Japan in Betrieb befindlichen Vergasungsanlagen verfügen somit bereits über mehr als zehn Jahre Betriebserfahrung.

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