Flexible Energievermarktung

Die Stromproduktion aus der Bioabfallvergärung schwankt relativ stark. In Zeiten hoher Einspeisung wird die Überproduktion oft ungenutzt abgeführt. Mit einem Gasspeicher lässt sich das ändern: Die Energie kann flexibel vermarktet werden – und zwar dann, wenn der Bedarf groß ist.

Energiespeicher für Bioabfallvergärung


Einer, der eine solche Anlagenoptimierung bereits umgesetzt hat, ist Kurt Schäfer. Der Kaufmann ist Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebes des Wetteraukreises. Sein Betrieb war eines der ersten kommunalen Unternehmen, das mit der Vergärung von Bioabfällen als Ergänzung zu einer bestehenden Kompostierungsanlage begonnen hat. Die entsprechende Vergärungsstufe wurde 2007 errichtet, seither verfügt die Anlage über einen Jahresdurchsatz von rund 30.000 Tonnen.

Die Betriebserfahrung zeigt jedoch, dass die Stromproduktion stark schwankt. Und zwar nicht nur jahreszeitlich, sondern auch täglich. Das bestehende Blockheizkraftwerk mit einer installierten Leistung von 625 KW nutze in Phasen niedriger Einspeisung nicht seine Kapazität, erklärt Schäfer. Bei hoher Einspeisung werde die Überproduktion ungenutzt über Fackel abgeführt. „Materialbedingt lag die mittlere Auslastung des BHKW bei 80 Prozent.“

Der Abfallwirtschaftsbetrieb entschied sich deshalb für eine Optimierung der Anlage. Die Bauzeit betrug neun Monate, in der vergangenen Woche wurde die optimierte Vergärungsanlage in Betrieb genommen. Sie verfügt nun über ein zweites Blockheizkraftwerk, mit dem die vollständige Verwertung der gesamten Gasmenge möglich ist.

Höhere Gasausbeute

Die Anlage habe nach der Optimierung eine 20 bis 25 Prozent höhere Ausbeute der Gasproduktion, erklärt Schäfer. Zusätzlich fahre das neue BHKW in der Grundlast einen um 2 Prozent höheren Wirkungsgrad. Hinzu komme, dass das zweite BHKW als Redundanz für die Ausfallsicherung diene. Außerdem könnten zusätzliche Erlöse aus dem EEG 2012 in Form der Flexprämie, Managementprämie oder via Direktvermarktung generiert werden.

AWB Wetterau
AWB Wetterau

Wie Schäfer weiter erläutert, resultierte aus der heterogenen Materialqualität des Bioabfalls, dem zweiten BHKW und der Direktvermarktung auch die Notwendigkeit eines Gasspeichers. Dessen Kapazität beträgt 2.500 m3, ausgelegt auf eine Gasproduktion des Fermenters von sieben Stunden. Das Gesamtinvest für die Optimierung der Anlage beziffert der Betriebsleiter mit 2,2 Millionen Euro, wobei ein Teil einer ohnehin erforderlichen Verfahrensoptimierung zuzurechnen sei. Für die Direktvermarktung waren 0,8 Millionen Euro erforderlich.

Die neue Anlage liefert nun Strom für 1.800 Haushalte. „Mit der Errichtung des Gasspeichers wird die Kompostierungsanlage in Niddatal/Ilbenstadt die erste Anlage bundesweit sein, die Energie aus Bioabfallvergärung speichert und flexibel in den Markt bringt“, sagte der Landrat des Wetteraukreises, Joachim Arnold, bei der Inbetriebnahme der Anlage. Zufrieden zeigte sich auch Abfallwirtschaftsdezernent Wolfgang Patzak. „Mit dem jetzt gebauten Speicher und einem zweiten Blockheizkraftwerk haben wir die Möglichkeit, die Energie dann an den Markt zu geben, wenn der Bedarf groß ist.“

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