Potenzialstudie zu Bioenergie in NRW

Nordrhein-Westfalens Umweltminister Remmel will die Erzeugung von Bioenergie aus Abfällen wie Altholz oder Biomüll steigern. Abfall statt Mais, lautet die Parole. Das Problem ist nur: Großes Potenzial gibt es nicht.

Beschränktes Potenzial für Bioenergie aus Abfall


Wie groß diese Potenziale genau sind, hat Umweltminister Johannes Remmel in der neuen Potenzialstudie Erneuerbare Energien ausrechnen lassen. Ob die Ergebnisse ausreichen, um die Bioenergiepolitik des Landes komplett neu auszurichten, wie es der Minister vor wenigen Tagen angekündigt hatte, ist fraglich. Denn Nordrhein-Westfalen will unter anderem Altholz stärker als Bioenergieträger einsetzen. Doch dessen Potenzial ist schon nahezu ausgeschöpft.

Wie aus der Potenzialstudie hervorgeht, beträgt das Gesamtaufkommen an Altholz in NRW rund 1,5 Millionen Tonnen. Für die energetische Verwertung stehen aktuell 9 Biomassekraftwerke beziehungsweise Altholzverbrennungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von etwa 1,3 Millionen Tonnen zur Verfügung. Die verfügbare Menge zur energetischen Verwertung beläuft sich auf geschätzte 1,23 Millionen Tonnen. Daraus resultieren rund 1,1 TWh Strom pro Jahr sowie rund 2,6 TWh Wärme.

Weil Anlagendurchsatz und Kapazität bereits nahe beieinander liegen, sehen die Autoren der Studie wenig Steigerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Energieausbeute. „Sowohl das minimale als auch das maximale Strompotenzial sind bereits heute zu 96 Prozent ausgeschöpft“, heißt es in der Studie. Der Altholzbereich sei bezüglich einer zusätzlichen energetischen Nutzung durch den Zubau von Verbrennungskapazitäten weitgehend ausgeschöpft. Eine Steigerung könnte allenfalls im Bereich der Wärmenutzung durch den Ausbau von Nah- oder Fernwärmenetzen erreicht werden.

5 Prozent mehr bei Hausmüll

Nach Altholz ist die Verbrennung von Hausmüll die zweitgrößte Quelle für die Strom- und Wärmegewinnung aus dem Abfallbereich. In NRW sammelten die öffentliche-rechtlichen Entsorgungsträger 2010 rund 3,3 Millionen Tonnen Hausmüll ein. Davon wurden 83 Prozent in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Hinzu kamen 0,3 Millionen Tonnen hausmüllähnliche Abfälle, die zu 74 Prozent in MVA entsorgt wurden, sowie 0,7 Millionen Tonnen Sperrmüll (MVA: 35 Prozent). Insgesamt fielen somit 4,3 Millionen Tonnen Hausmüll, hausmüllähnlicher Gewerbeabfall und Sperrmüll an, davon gingen 60 Prozent in die MVA.

Vor dem Hintergrund, dass Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall zu etwa 50 Prozent aus biogenen Anteilen bestehen, resultiert hieraus ein Stromexport von etwa 0,8 TWh pro Jahr, heißt es in der Studie. Die exportierte Wärmemenge betrage rund 1,7 TWh. Bedeutend mehr wird es nach Ansicht der Autoren in Zukunft allerdings nicht werden. Durch die Erhöhung der Dampfparameter und Verbesserung der Turbinen könnte die Energieausbeute lediglich um rund 5 Prozent für Strom und Wärme erhöht werden. Dann würde sich die Stromproduktion auf etwa 0,9 TWh und die Wärmemenge auf rund 1,8 TWh belaufen.

Biomüll verspricht Steigerungsmöglichkeit

Etwas besser sind die Steigerungsmöglichkeiten für Bio- und Grünabfälle. In NRW stehen 63 Kompostierungs- und Vergärungsanlagen zur Verfügung, die auf eine Gesamtkapazität von 1,9 Millionen Tonnen kommen. Dorthin werden die Bio- und Grünabfälle angeliefert, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen werden. Die Kapazität der Vergärung ist laut Studie in der Gesamtkapazität enthalten und beträgt 269.000 Tonnen, was einem Anteil von 14 Prozent entspricht.

Der Durchsatz der 63 Anlagen belief sich 2010 auf rund 1,9 Millionen Tonnen und entsprach damit der Kapazität, heißt es in der Studie. Dabei wurden aus dem Gas, das aus der Vergärung resultiert, insgesamt 0,046 TWh Strom produziert und 0,017 TWh Wärme genutzt. Als minimales Potenzial haben die Autoren der Studie 0,062 TWh Strom und 0,068 TWh Wärme berechnet. Für das maximale Potenzial wurde angenommen, dass die Abschöpfung der Bio- und Grünabfälle erhöht und 50 Prozent der Bioabfälle vergärt statt kompostiert werden. „Dadurch wären jährliche Strommengen von 0,30 TWh und Wärmemengen von 0,33 TWh möglich“, schreiben die Autoren. Um die Wärmepotenziale vollständig nutzen zu können, müssten jedoch ausreichend Wärmeabnehmer vor Ort sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die zusätzlichen Mengen der Müllverbrennung entzogen würden.

Wärme hat größeres Potenzial

Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Strompotenziale aus dem Bereich Abfall bei 2,9 bis 3,5 TWh pro Jahr liegen. Diese Potenziale berechnen sich neben den obigen Abfallströmen zusätzlich aus der Klärschlammverbrennung, der Deponiegasverwertung und der Verwertung von tierischen Nebenprodukten und Speiseresten. Allerdings würden alle bestehenden Anlagen in NRW heute schon 3,1 TWh Strom erzeugen, betonen die Autoren. Das mache deutlich, dass in NRW bereits ein hohes Niveau der Abfallbewirtschaftung erreicht sei.

Für den Bereich Wärme haben die Autoren der Studie machbare Potenziale zwischen 6,3 und 7,3 TWh pro Jahr ermittelt. Die bestehenden Anlagen erzeugen heute bereits 6,2 TWh. Den größten Teil liefert die energetische Verwertung von Altholz, gefolgt von Hausmüll. Grundsätzlich halten die Autoren fest, dass große Teile der produzierten Wärmemengen vor Ort nicht genutzt werden. Es bestünden also noch größere Potenziale durch den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen.

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