Erfassung von Speiseabfällen

Mit der Biotonne soll das getrennt erfasste Aufkommen an Biogut gesteigert werden. Doch rund 40 Prozent der Bioabfälle sind im Hausmüll verborgen. Um diesen Anteil separat zu erfassen, braucht es neue Konzepte. Doch welche?

Neues Erfassungssystem gesucht


Bioabfälle erfüllen gleich zwei Superlative. Zum einen sind sie die größte separat erfasste Wertstofffraktion in Deutschland und zum anderen sind sie die größte nicht getrennt erfasste Wertstofffraktion.

Der scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn man die Zahlen betrachtet, die Michael Kern, Geschäftsführer des Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie auf dem Biomasseforum in Bad Hersfeld präsentierte. Demnach wurden 2012 insgesamt 9,1 Millionen Tonnen Bio- und Grüngut erfasst. Davon stammen etwa 4,4 Millionen Tonnen aus der Biotonne und rund 4,7 Millionen Tonnen aus der separaten Grüngutsammlung. Damit sind die Bioabfälle die größte separat erfasste Wertstofffraktion in Deutschland.

Andererseits befinden nach Analysen des Witzenhausen-Instituts noch etwa 40 Prozent Speiseabfälle im Restmüll. Das entspricht laut Kern zwischen 4 und 5 Millionen Tonnen. Folglich sind Bioabfälle auch die größte nicht getrennt erfasste Wertstofffraktion.

Appell für „Braunen Beutel“

Nach den Untersuchungen des Witzenhausen-Instituts stammt der überwiegende Anteil der Bioabfälle, die im Hausmüll enthalten sind, direkt aus den Haushalten, nur etwa ein Fünftel stammt aus Gärten. Bei etwa der Hälfte der Bundesländer wird sogar mehr Biomüll über den Restmüll entsorgt als über die Biotonne getrennt erfasst. Von daher müsse neben der getrennten Biogutsammlung auch eine deutliche Steigerung der Erfassung von Küchen- und Nahrungsabfällen erreicht werden, betont Kern. Das gilt auch vor dem Hintergrund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, wonach auch Nahrungs- und Küchenabfälle ab 1. Januar 2015 getrennt mit den Bioabfällen erfasst und verwertet werden müssen.

Folglich müsste die gesamte Logistik und Verwertungskette auch auf diesen Stoffstrom abgestimmt werden, fordert der Abfallexperte. Nötig sei zum einen eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit, um die Bürger für das Thema Nahrungsabfälle zu sensibilisieren. Darüber hinaus müsse die Erfassung der Nahrungsabfälle für den Bürger komfortabel gestaltet werden. Der Bürger wünsche sich eine einfache, bequeme und hygienische Erfassung. Mit einem Vorsortiergefäß gelinge dies nicht, glaubt Kern. Der Verbraucher bevorzuge es aus hygienischen Gründen, seine Nahrungsabfälle in einer Plastiktüte zu sammeln und diese dann über den Hausmüll zu entsorgen.

Aus diesem Grund sollte bundesweit ein einheitlich gestalteter biologisch abbaubarer Bioabfall-Sammelbeutel etabliert werden. Konkret schlägt Kern einen „Braunen Beutel“ vor – mit einer genormten Farbe und einem einheitlichen Layout. Analog zum Gelben Sack müsse der Braune Beutel als Sammelsystem für insbesondere feuchte Küchen- und Nahrungsabfälle die gleiche Akzeptanz finden. Die Kommunen würden sodann entscheiden, ob sie den Braunen Beutel über den Handel verkaufen oder am Anfang des Jahres den Bürgern ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung stellen.

Unverständnis über Abfallsatzungen

Werden keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen, würden gerade für die Kaskadennutzung große Biogas- und Nährstoffpotenziale nicht erschlossen, warnt Kern. Vor allem Kommunen, die ihre Bioabfallverwertung auf eine Kaskadennutzung mittels Biogasanlage weiterentwickelt haben, würden immer wieder feststellen, dass die Biogaserträge unbefriedigend sind und deutlich hinter den Erwartungen zurückliegen. Unverständlich sei in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass Städte und Landkreise noch immer gekochte Speiseabfälle, Fleisch- und Wurstwaren oder feuchtflüssige Nahrungsmittel wie Joghurt oder Quark aus der Biotonne per Abfallsatzung ausschließen und vorgeben, dass diese Abfälle über den Hausmüll zu entsorgen sind.

Dass der Braune Beutel nicht von heute auf morgen umsetzbar ist, ist sich auch Kern bewusst. Deshalb müsse zunächst ein Konsens über das Ziel der gesteigerten Erfassung von Küchen- und Nahrungsmittel erzielt werden, fordert der Experte. Dann könnte – im nächsten Schritt – die Entwicklung gemeinsam mit kommunalen und privaten Akteuren sowie mit Herstellern von biologisch-abbaubaren Bioabfallsammelbeuteln und Anlagenbetreibern vorangetrieben werden.

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