Zukunft der Klärschlammverwertung
Elf deutsche Verbände setzen sich dafür ein, unbedenkliche Klärschlämme weiterhin landwirtschaftlich verwerten zu können. Darüber hinaus fordern sie den Ausbau und die Förderung der stofflichen Verwertung von Klärschlamm.
Verbände legen Klärschlammstrategie vor
Die Klärschlammausbringung zu Düngezwecken soll beendet werden. So steht es im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien. Phosphor und andere Nährstoffe sollen jedoch zurückgewonnen werden. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) und zehn weitere Organisationen sind gegen dieses pauschale Verbot. Wie die Zukunft der Klärschlammverwertung aussehen könnte, haben sie in einem gemeinsamen Eckpunktepapier dargelegt. Sie fordern darin unter anderem fachlich differenzierte Regelungen für die Verwertung von Klärschlämmen.
„In Deutschland fallen jährlich zwei Millionen Tonnen Klärschlammtrockenmasse an, die etwa 60.000 Tonnen Phosphor enthalten. Davon werden bisher jedoch nur 45 Prozent als Dünger oder anderweitig verwendet; der Rest geht verloren“, sagt BDE-Präsident Peter Kurth. „Wir setzen uns deshalb im gemeinsamen Eckpunktepapier zur Klärschlammstrategie dafür ein, unbedenkliche Klärschlämme weiterhin landwirtschaftlich und landbaulich verwerten zu können und damit den im Klärschlamm vorhandenen Phosphor umfassender zu nutzen.“
Die Betonung liegt dabei auf „unbedenklich“. Nur Klärschlämme von guter Qualität dürften landwirtschaftlich verwertet werden. Ein geeignetes Instrument für den Nachweis sei die Qualitätssicherung, heißt es im Eckpunktepapier. An diesem haben neben dem BDE unter anderem auch der Verband kommunaler Unternehmen, die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall und der Deutscher Städte- und Gemeindebund mitgearbeitet.
Stoffliche Verwertung qualitativ hochwertiger Schlämme fördern
Da bei der stofflichen Verwertung Phosphor, Stickstoff und organische Substanzen mit hoher Effizienz genutzt werden, treten die Verbände in ihrem Eckpunktepapier klar für den Erhalt und die Fortführung der stofflichen Klärschlammverwertung ein. „Phosphor aus Schlämmen, die für eine qualitativ hochwertige stoffliche Verwertung nicht in Frage kommen, muss über alternative Verfahren zurückzugewonnen werden“, ergänzt Kurth.
Die Kapazitäten zur Verbrennung von Klärschlämmen wurden in der Vergangenheit deutlich ausgebaut. Derzeit werden die Aschen aus der Verbrennung jedoch noch überwiegend deponiert oder als Bergversatz oder im Straßenbau eingesetzt. Damit geht allerdings der enthaltene Phosphor verloren. Wie groß das Rückgewinnungspotenzial von Phosphor tatsächlich ist, hat das Umweltbundesamt in einer Studie untersucht. Die Studie zeigt, dass Klärschlammasche knapp 19.000 Tonnen Phosphor enthält. Damit könnten rund zwölf Prozent jener Phosphormenge gewonnen werden, die in Deutschland jährlich für mineralische Dünger benötigt wird. Verlagere sich die Verwertung weiter in Richtung Monoverbrennung, würde der Anteil noch deutlich zunehmen.
Diese Zahlen kennen auch die elf Organisationen. Kein Wunder also, dass sie in ihrem Eckpunktepapier all die verschiedenen Bemühungen begrüßen, um technische Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche sowie aus Klärschlamm oder Abwasser zu entwickeln – auch wenn diese zurzeit noch nicht wirtschaftlich nutzbar seien. Ziel der Rückgewinnung müsse dabei ein tatsächlich nutzbares Produkt wie zum Beispiel Düngemittel sein, um den Phosphor künftig auch dann wiederverwenden zu können, wenn der Klärschlamm thermisch behandelt werde.
Viele neue Verfahrensansätze zur Phosphor-Rückgewinnung
Das steigende Interesse an der Phosphor-Rückgewinnung spiegelt sich in den verschiedenen Ansätzen wider, an denen derzeit getüftelt wird. So hat unter anderem die Wassersparte von Remondis ein Verfahren entwickelt, um Phosphorsäure aus Aschen der Klärschlammverbrennung zu gewinnen. Das Verfahren sei für den industriellen Maßstab geeignet, verspricht der Konzern. Das Innovative des neuen Verfahrens bestehe darin, dass nicht nur bis zu 500 Kilogramm Phosphorsäure aus 1.000 Kilogramm Asche gewonnen werden, sondern auch über 500 Kilogramm Gips für die Baustoffindustrie sowie Eisen- und Aluminiumsalze, die zur Abwasserreinigung in Kläranlagen rezykliert werden.
Auch der Abwasserverband Braunschweig arbeitet an der Optimierung seiner Klärschlammbehandlung. Ziel des neuen Verfahrens ist demnach eine energetisch optimierte Schlammbehandlung mit erhöhter Faulgasausbeute und damit erhöhter Stromproduktion. Darüber hinaus soll die Rückgewinnung der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser für den späteren Einsatz als Düngemittel gefördert werden. An einem umweltfreundlichen Verfahren, das mit Kohlensäure Phosphor aus Klärschlamm zurückgewinnen soll.
Bislang gelangen nur wenige Verfahren zur großtechnischen Umsetzung. Oftmals sind die ökologischen und ökonomischen Nachteile aufgrund der benötigten Mengen an Chemikalien und Energie zu hoch. Das soll sich mit einem neuen Verfahren zum Phosphorrecycling aus Klärschlamm ändern. Die Chemische Fabrik Budenheim hat eine Versuchsanlage entwickelt, die verfahrenstechnisch sehr kompakt und einfach aufgebaut ist. Dadurch sollen den Angaben zufolge nicht nur weniger Chemikalien, sondern auch deutlich weniger Wärme, also Energie, für die Verfahrensschritte benötigt werden.
Branche braucht verlässlichen Rechtsrahmen
Für Investitionen in neue Verfahren und die künftig erforderliche Entsorgungsinfrastruktur braucht die Branche allerdings einen verlässlichen rechtlichen Rahmen. Nach Ansicht des Verbandspapiers ist dieser auf europäischer Ebene bereits vorhanden. Die Abfallrahmen-, Klärschlamm- und Abwasserrichtlinie würden vorrangig eine hochwertige stoffliche Verwertung von Abfällen vorgeben.
Die Verbände erwarten daher, dass die Novelle der deutschen Klärschlammverordnung nicht übers Ziel hinausschießt und die „Kontinuität mit den Grundsätzen der europäischen Regelungen gewahrt wird“. Zumal in Deutschland die rechtliche Grundlage für eine Klärschlammverwertung im Rahmen von Qualitätssicherungssystemen bereits im Kreislaufwirtschaftsgesetz geschaffen wurde. Und zwar mit dem neuen Paragrafen 12 „Qualitätssicherung im Bereich der Bioabfälle und Klärschlämme“.


