Aufwärtsbewegung an der LME
Fundamental spricht weiterhin viel für eine Erholung der Nickelpreise im zweiten Halbjahr 2015. Dafür dürfte die zunehmende Nachfrage nach Primärnickelqualitäten sorgen. Denn die Verfügbarkeit von Edelstahlschrott ist vergleichsweise knapp.
Nickelpreise: Weiterer, leichter Anstieg
Von Roland Mauss, Oryx Stainless
Die Erholung der Nickelnotierung an der London Metal Exchange (LME) kommt nur langsam voran. War das in London notierte Basismetall zum Ende des Monats Mai nach einer kleinen Rally schon wieder auf Notierungen von USD 12.600,00/mt gefallen, gab es seit Anfang Juni eine erneute Aufwärtsbewegung bis auf Kurse von USD 13.600,00/mt. Diese Marke konnte aber bislang nicht durchbrochen werden.
Im Gegenteil: ohne dass eine konkrete Änderung der spezifischen Nachrichtenlage für Nickel zu erkennen war, kam es vor dem Hintergrund einer wohl mehr allgemein höheren Risikoaversion auf Investorenseite zu einem erneuten Rückgang auf Notierungen knapp über USD 13.000,00/mt. Auch die Kupfernotierung korrigierte deutlich. Exemplarisch für diese Änderung in der Risikopräferenz von Anlegern mag auch der Rückgang des deutschen Aktienindex DAX seit Mitte Mai stehen. Auch sind Sorgen um einen heranrückenden Showdown in Griechenland nicht von der Hand zu weisen, da die griechische Regierung nach wie vor glaubt, mit einer Verhandlungsstrategie der verbrannten Erde an ein wie immer definiertes Ziel zu kommen.
Trotz der letzten Korrektur lässt sich per Saldo aber bei Nickel ein weiterer, leichter Anstieg erkennen. Und auch fundamental spricht weiterhin viel für eine Fortsetzung der Erholung im zweiten Halbjahr 2015. Marktquellen berichten vor dem Hintergrund einer im Vergleich der letzten Jahre geringen Schrottverfügbarkeit von zunehmender Nachfrage nach Primärnickelqualitäten.
Positiver Einfluss auf Edelstahlschrottpreise
Das Marktforschungsinstitut Heinz H. Pariser Alloy Metals & Steel sieht in Europa aktuell nur noch ein (preisbedingt) stagnierendes Marktpotenzial von unter 3 Mio. Tonnen. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, wann der bestehende Rohstoffbedarf auch wieder bei den LME-Nickelqualitäten nachfragewirksam wird. Spätestens dann sollten die LME-Lagerbestände sichtbar und deutlich fallen, mit einem entsprechend positiven Einfluss auf die Nickel- und Edelstahlschrottpreise.
Die Financial Times (FT) berichtet, dass sich Norilsk Nickel als einer der weltweit größten Nickelproduzenten, nach den durch den Westen erlassenen Sanktionen, nun schneller als geplant in Richtung China orientiert. So jedenfalls der CEO Vladimir Potanin, der mit einem Anteil von 30Prozent gleichzeitig auch der größte Aktionär von Norilsk Nickel ist, im Interview mit der FT. Mit Roman Abramovich ist auch der in Europa sehr bekannte Oligarch und Eigentümer des FC Chelsea untern den Norilsk-Aktionären.
Den Chinesen dürfte diese Aussage gefallen, denn die chinesische Nachfrage, welche rund 50 Prozent des Weltbedarfs beträgt, ist durch das Ausfuhrverbot auf unraffinierte Nickelerze mit einer bedeutenden Versorgungslücke konfrontiert. Norilsk Nickel ist aber aktuell nicht direkt von den EU- und US-Sanktionen betroffen, lediglich ein ehemaliger Präsident der Gesellschaft namens Andrei Klishas taucht auf der Liste der von Europa und den USA sanktionierten Personen auf.
Auch dürften die Chinesen bei allem Interesse nicht davon ausgehen können, dass Norilsk Nickel die produzierten Primärrohstoffe zu Preisen weit unter dem Weltmarkt an China verschenkt, solange nicht der Westen hierzu einen Anlass gibt. Indonesien hatte seine Nickelerze mangels Alternativen und vermutlich auch noch anderen Gründen über ein Jahrzehnt an die chinesischen Nickel Pig Iron-Produzenten verramscht. Sehr zum Nachteil der indonesischen Volkswirtschaft.
Zunehmende Würdigung von Edelstahlschrott
Sehr erfreulich aus Sicht der Edelstahlschrottwirtschaft ist die positive Wahrnehmung und Akzeptanz von Edelstahlschrott bei den Nutzern dieses überlegenen Rohstoffs. So identifiziert sich Outokumpu Stainless in der Auftaktfolie der Präsentation des CEO Mika Seitovirta anlässlich des Capital Market Day 2015 in Berlin durch die Nennung von vier Kennzahlen als Marktführer bei Edelstahl: neben der Mitarbeiterzahl/Länderpräsenz und den Marktanteilen wird unterstrichen, dass 85 Prozent des Rohstoffeinsatzes durch Recyclingrohstoffe abgedeckt wird und Edelstahl zu 100 Prozent wiederzuverwerten ist.
Auch die europäischen Wettbewerber Aperam und Acerinox stellen die Vorteile des Rohstoffs Edelstahlschrott immer klarer öffentlich dar. Auch zahlreiche Studien belegen inzwischen mit wissenschaftlichen Methoden die Vorteile des ressourceneffizienten Einsatzes von recycelten Edelstählen in der Edelstahlproduktion zum Beispiel hinsichtlich Einsparungen von CO2-Emissionen und Energie, neben dem ohnehin schon bestehenden ökonomischen Vorteil eines günstigeren Preises.
Damit wird dem nachhaltigen Werk- und Rohstoff Edelstahl bei den „Verbrauchern“ die angemessene und sichtbare Würdigung zuteil, welche hoffentlich auch in der Berichterstattung der breiten (Wirtschafts-)Medien nachvollzogen wird. Manche Zeitung hatte in der Vergangenheit zum Teil mit einem recht negativen Tenor über Edelstahl berichtet, wobei es sich faktisch eher um Kommentare zu individuellen Entwicklungen in einzelnen Unternehmen handelte. Die aber in diesem Zusammenhang negativen, pauschalen Schlagzeilen – und diese bleiben vor allem bei den Lesern haften – führten ganz zu Unrecht zu einer allgemein negativen Wahrnehmung von Edelstahl bei Multiplikatoren und Entscheidern sowie einem Teil der weiteren über diese Medienberichterstattung beeinflussten Öffentlichkeit.