Kein Kompromiss in Sicht

Bioabfälle abholen oder bringen lassen: Innerhalb des Zweckverbands Abfallwirtschaft Vogelsbergkreis wird noch immer eine Antwort gesucht. Nun droht von oben eine Zwangs-Biotonne. Rund zwei Wochen haben die Verantwortlich nun Zeit, sich zu einigen.

ZAV streitet weiter über getrennte Bioabfallerfassung


Das Kreislaufwirtschaftsgesetz schreibt seit Jahresbeginn die getrennte Erfassung von Bioabfällen vor. Aber bis heute steht noch keine braune oder grüne Tonne im Vogelsbergkreis. Grund ist ein Streit innerhalb des Zweckverbands Abfallwirtschaft Vogelsbergkreis (ZAV). Inzwischen hat das Regierungspräsidium Gießen die Versammlung aufgefordert, eine Satzung für die getrennte Bioabfallerfassung vorzulegen, sonst droht zum 1. Januar 2016 eine Pflichtbiotonne.

Hintergrund des Streits ist die Frage, ob die Bioabfälle über ein Hol- oder Bringsystem erfasst werden sollen. Diese Frage wird in der Verbandsversammlung des ZAV durchaus politisch diskutiert. So favorisieren die SPD, Grüne und Linke das Holsystem. Demgegenüber wollen die CDU, FDP und die Parteilosen ein Bringsystem. Die Parteilosen sind in der Diskussion das Zünglein an der Waage, wie es aus beteiligten Kreisen heißt: Einige von ihnen wollten weder das eine noch das andere System, wechselten je nach Mehrheit ihre Position und blockierten so eine Entscheidung.

Das hat zwei Gründe. Auf der einen Seite wird der ökologische Vorteil einer Getrennterfassung im Vogelsbergkreis in Frage gestellt. Wie aus Reihen des ZAV zu hören ist, könnten im besten Fall 17.500 Tonnen Biomüll pro Jahr aus den Restmülltonnen der 118.000 Vogelsberger gewonnen werden. Die Gutschriften für dieses Material würden durch die zusätzlichen Sammeltouren nivelliert. Auf der anderen Seite bedeutet die Bioabfallsammlung, egal ob Hol- oder Bringsystem, auf jeden Fall eine Gebührenerhöhung für den Bürger. Die liege für das Holsystem bei etwa zwei Euro pro Einwohner und Jahr, heißt es. Für das Bringsystem fielen zusätzlich etwa 8,50 Euro pro Einwohner und Jahr.

Nachdem Ende 2014 ein Kompromiss in der Frage in greifbare Nähe rückte, entschied sich die Verbandsversammlung im März 2015, die Bioabfallerfassung generell abzulehnen. Sie beschloss, dass eine Einführung wirtschaftlich nicht zumutbar ist und forderte den Vorstand der ZAV auf, die getrennte Bioabfallsammlung nicht umzusetzen oder dagegen vor Gericht zu ziehen. Dem kam der Vorstand aber nicht nach. Denn: Das Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte bereits im Mai 2009 beschlossen, dass dem Verbandsvorstand kein Ermessensspielraum zusteht, wenn ein Beschluss der Verbandsversammlung mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren ist, weil der Beschluss gegen Gesetze verstößt.

Dringender Handlungsbedarf

Schlussendlich reagierte im Juli das Regierungspräsidium Gießen als Kommunalaufsicht. Der Beschluss der Unzumutbarkeit wurde gekippt und eine Pflichtverletzung des ZAV festgestellt. Gleichzeitig wurde verfügt, dass die Verbandsversammlung bis 22. September eine gesetzeskonforme Satzung zur Getrennterfassung von Bioabfällen vorlegen muss. Kommt der ZAV dieser Anweisung nicht nach, wird diese per so genannter Ersatzvornahme umgesetzt. Das heißt: Zur Not wird eine Pflichtbiotonne kommen.

Der ZAV Vorstand hat sich bereits für das Holsystem ausgesprochen. Nun ist die Verbandsversammlung am Zug. Bis 1. Januar 2016 bleibt wenig Zeit, ein Biotonnensystem einzuführen. Wird dieser Termin gerissen, droht neben einer Zwangstonne auch ein Ordnungsgeld.

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