Geplantes Wertstoffgesetz

Kommunale oder private Sammelverantwortung? Zwei Tage vor der Bundesratssitzung zum Wertstoffgesetz werben nochmal alle Beteiligten für ihre Position. Die Kommunalvertreter versichern, dass ihr Modell wettbewerbsfreundlich sein wird.

Das Ringen um die Bundesrats-Entscheidung


Im Vorfeld der Bundesratssitzung am kommenden Freitag hat Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) nochmals dafür geworben, überholte Strukturen der Kreislaufwirtschaft nicht zu zementieren. Die Strukturen der dualen Systeme in Deutschland seien nicht geeignet, die Sammlung, Sortierung und Verwertung effizient zu gewährleisten. Außerdem hätten sie sich inzwischen zu einem unnötig teuren Teil der Abfallwirtschaft entwickelt, was zu Lasten der Verbraucher gehe.

„Das bekommen wir besser und günstiger hin – mit Vorteilen für die Umwelt und für die Verbraucher. In unserem Modell, das von Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Bundesrat vertreten wird, verbinden wir die Stärke der kommunalen Abfallwirtschaft mit der Stärke der privaten Entsorgungswirtschaft. Wir lassen die Kommunen mit ihrer bürgernahen Vor-Ort-Präsenz flächendeckend die Sammlung organisieren und überlassen es dem Wettbewerb, wer die Wertstoffe sortiert und verwertet.“

Dieses System sei transparent für Bürgerinnen und Bürger, effizient, weil es auf einer funktionierenden Infrastruktur aufbaue und kostengünstig, weil über 100 Millionen Euro, die die Dualen Systeme derzeit kosteten, wegfielen. Demgegenüber stünde zwar eine neue Behörde, die unter anderem dafür Sorge trage, dass sich Hersteller und Händler weiterhin an den Kosten der Kreislaufwirtschaft beteiligen – diese Behörde sei aber um ein Vielfaches kostengünstiger als die 11 Dualen Systeme in Deutschland.

Wettbewerbsfreundliches Modell

Die Kommunen selbst bekämen für ihre Arbeit im Übrigen nur einen Kostenersatz, betonte Umweltminister Untersteller, es gehe nicht darum, ihnen ein gewinnträchtiges Geschäft zu verschaffen. Vermarktung und mögliche Gewinne seien Sache der Privaten.

Den Vorwurf, mit dem Ländermodell werde die Wertstoffsammlung und -verarbeitung verstaatlicht und die private Entsorgungswirtschaft ruiniert, wies Untersteller als „völlig unzutreffende Unterstellung“ zurück. Das Modell sei im Gegenteil wettbewerbsfreundlich und damit im Interesse der privaten Entsorger. Die große Mehrheit der Kommunen werde nämlich, wie heute schon beim Rest- und Papiermüll, sogar die Erfassung der Wertstoffe mittelstandsfreundlich ausschreiben. Diesem Wettbewerb müsse sich die private Entsorgungswirtschaft allerdings stellen.

„Niemand will die private Entsorgungswirtschaft abschaffen und im Gegenzug den Kommunen das dicke Geschäft zuschieben“, so Untersteller. Aber die Sammlung und Verwertung von Wertstoffen muss besser und effektiver werden. Genau das leistet das Ländermodell, das am Freitag im Bundesrat diskutiert wird.“

Auch der Landkreistag stellte klar, dass private Entsorgungsstrukturen nicht zerstört würden. „Ganz im Gegenteil streben wir keine Verstaatlichung des Recyclings an“, betont Landkreistag-Präsident Reinhard Sager. „Die Landkreise beanspruchen als bereits weitgehenden Kompromiss die Organisationsverantwortung für das Sammeln der wertstoffhaltigen Abfälle.“ Die anschließende Sortierung und Verwertung der Abfälle könnten unter Berücksichtigung der Interessen der mittelständischen Wirtschaft ausgeschrieben werden. „Dies wäre eine klare und transparente Aufgabenverteilung zwischen Landkreisen und privater Entsorgungswirtschaft, die für die Bürger – anders als bei einer rein privaten Lösung – auch nicht zu höheren Abfallgebühren führen würde.“

Handel: Verdopplung der Kosten

Der Handel warnt unterdessen vor einer Abkehr vom privatwirtschaftlichen System. Eine Rekommunalisierung gefährde den ökologischen Erfolg der Wertstoffentsorgung und verdopple die Kosten, so HDE-Vizepräsident Markus Mosa.

„Der Einzelhandel unterstützt das geplante Wertstoffgesetz und den Aufbau einer Zentralen Stelle, welche die Finanzierung und die Einhaltung der ökologischen Ziele der Wertstofferfassung sichern soll“, sagt Mosa, der auch stellvertretender Vorsitzender des Lenkungsausschusses BHIM Zentrale Wertstoffstelle Projektgesellschaft mbH ist. Für den Aufbau des zentralen Wertstoffregisters hätten Handel und Industrie bereits zwei Millionen Euro bereitgestellt.

„Wir haben heute in Deutschland mit dem im Wettbewerb organisierten System eine effiziente und leistungsfähige Wertstoffentsorgung, die international Maßstäbe setzt“, so Mosa. Die Rückkehr zu einer kommunalen Monopollösung, wie in dem Entschließungsantrag mehrerer Bundesländer zum Wertstoffgesetz vorgesehen, zerschlage das bestehende System und führe zu einer Verdopplung der Kosten auf jährlich rund zwei Milliarden Euro. Die Zeche würden dann am Ende die Verbraucher und die Wirtschaft zahlen.

Die Produktverantwortung von Handel und Industrie in Verbindung mit den Leistungen des Dualen Systems habe in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten ein hoch effizientes und innovatives Recycling ermöglicht: Verwertungsquoten für Verpackungsabfälle hätten sich mehr als verdoppelt, Entsorgungskosten halbiert. Selten gingen ökologische Effektivität und ökonomische Effizienz so vorbildlich einher, betont der HDE.

„Wir wollen das bestehende System verbessern, statt es in Frage zu stellen“, betont Mosa. Der Entschließungsantrag reduziere die Rolle der Wirtschaft auf reine Zahler ohne jede Gestaltungsmöglichkeit und Kontrolle. Er gefährde damit die weltweit führende Rolle Deutschlands beim Recycling. Eine Übertragung auf die Kommunen würde die Investitionen auch der Handelsunternehmen in den vergangenen Jahren vernichten.

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