Neue Cenelec-Standards für E-Schrott
Die Arbeit an der Cenelec-Normenreihe zur Behandlung von E-Schrott ist noch nicht abgeschlossen. Warum Alba sich dennoch schon nach diesem Standard zertifizieren ließ und welche Anforderungen dabei erfüllt werden müssen, erklärt Manfred Fahrner, Vertriebsleiter bei der Alba Electronics Recycling GmbH, im Interview.
„Wir sollten in Deutschland keine Alleingänge machen“
Das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung Cenelec arbeitet seit zweieinhalb Jahren an der Normenreihe EN 50625-x für die Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Ziel dieser Normenreihe ist es, das werkstoffliche Recycling zu fördern, hochwertige Verwertungsverfahren zu unterstützen und unsachgemäße Entsorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten und deren Fraktionen zu vermeiden. Neben Standards zur allgemeinen Behandlung von Altgeräten werden auch spezifische Standards zur Behandlung der Gerätetypen Lampen, Bildschirme, Kühlgeräte und Photovoltaikanlagen entwickelt.
Herr Fahrner, Alba Electronics Recycling ist bereits als Entsorgungsfachbetrieb sowie nach ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert. Wozu brauchen Sie jetzt noch eine weitere Zertifizierung nach den Cenelec-Standards?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Wenn Sie heutzutage in europäischen Nachbarländern Leistungen anbieten möchten, müssen Sie entweder nach dem WEEELABEX- oder Cenelec-Standard auditiert sein. Manche Hersteller verlangen auch in Deutschland schon eine solche Zertifizierung. Dies wird sich auch für alle anderen Gerätearten durchsetzen. Natürlich gibt es auch einen vertrieblichen Aspekt: Wir wollen unseren Kunden demonstrieren, dass sie mit uns einen Partner haben, der eine Behandlung nach dem Stand der Technik gewährleistet und außerdem ständig seine Prozesse und seine Qualität überwacht und verbessert. Und es gibt noch einen weiteren Aspekt: Das neue ElektroG sieht vor, dass zusätzliche Behandlungsverordnungen erlassen werden können. Die Vorbereitungen dazu haben schon begonnen. Parallel soll die LAGA-Mitteilung 31 zu den Anforderungen zur Entsorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräte überarbeitet werden, außerdem gibt es auch noch VDI-Richtlinien.
Das klingt nach vielen unterschiedlichen Zertifizierungen und Richtlinien.
Ja, das ist leider so. Es ist überhaupt nicht im Sinne der Recycler, einen ganzen Strauß von Zertifizierungen und Richtlinien beachten zu müssen. Zertifikate kosten Geld und Mühe. Eine Standardisierung ist daher für uns sehr wichtig. Die Cenelec-Standards sind eine europäische Normenreihe, die auch als DIN-Norm veröffentlicht wird. Die Entstehung dieser Normen ist in Europa rechtlich geregelt, und wir glauben, dass diese Normen geeignet sind, gutes Recycling in Europa zu unterstützen. Mit der frühen Zertifizierung wollen wir auch in gewissem Sinne Fakten schaffen und ein klares Signal geben, dass wir in Deutschland keine Alleingänge und zusätzliche Regelwerke machen sollten, sondern aktiv für die Harmonisierung der Standards und Regelwerke eintreten.
Was unterscheidet den Cenelec-Standard von den Standards e-Stewards und Responsible Recycling-Standard (R2)?
Die amerikanischen Standards haben teilweise andere Ziele und umfassen vorrangig IT-Produkte. E-Stewards legen ihren Schwerpunkt vor allem auf die Vermeidung illegaler Exporte. Amerikanische oder weltweit tätige Hersteller verlangen vor allem eine Konformität mit dem Umweltsiegel EPEAT. Voraussetzung für das Erfüllen von EPEAT ist die Verwertung nach einem anerkannten Standard. Ich glaube, dass EPEAT die Cenelec-Normenreihe EN 50625 als Standard anerkennen werden.
Welche Anforderungen kommen mit dem Cenelec-Standard auf Alba zu?
Als europäische Standards prüfen die Cenelec-Standards sehr viele Dinge ab, die in Deutschland bereits im EfB-Zertifikat für Entsorgungsfachbetriebe oder im Umweltmanagementsystem abgefragt werden. Im Unterschied zum EfB-Zertifikat geht es aber nicht um eine Zertifizierung eines Betriebes, sondern es wird ein bestimmter Stoffstrom auditiert, bei uns jetzt also Bildschirmgeräte und Elektrokleingeräte, inklusive des gesamten Behandlungsprozesses. Neu ist, dass die Dokumentation der Folgebehandlungen der bei uns entstehenden Fraktionen überwacht und dokumentiert wird, bis hin zur finalen Verwertung, also dem Abfallende. Die Darstellung der Stoffströme ist wesentlich transparenter als bisher.
Wie zeitaufwändig ist die Zertifizierung nach dem Cenelec-Standard?
Für den ersten Audit ist der Aufwand zunächst sehr groß, bei den Folgeaudits wird es wesentlich einfacher. Für ein Unternehmen, das wie wir schon nach EfB, ISO 9001 und 14001 zertifiziert ist, ist es natürlich einfacher als für jemanden, der von vorne anfängt. Aufwändig sind vor allem die Erstellung von Analysen und die Beschaffung aller Informationen von Folgebehandlern und finalen Verwertern.
Der personelle Aufwand ist also ebenfalls hoch?
Bei uns hat jemand während eines halben Jahres alle Vorbereitungen gemacht, allerdings nicht in Vollzeit.
Wer nimmt die Auditierung vor?
Wir haben die Zertifizierung mit unserem langjährigen Partner, der Zertifizierungsstelle ZER-QMS in Köln, durchgeführt, der auch EfB und ISO zertifiziert.
Mit welchen Kosten für die Auditierung muss ein E-Schrott-Recycler in etwa rechnen, wenn er sich nach dem Cenelec-Standard zertifizieren lassen will?
Das teuerste ist nicht die eigentliche Zertifizierung, sondern die Bereitstellung und Nachhaltung der Daten aus den Prozessen. Das ist vergleichbar mit den Kosten für das EfB-Zertifikat.
Wird die Zertifizierung nach einem international anerkannten Standard dazu führen, dass Kundenaudits der Auftraggeber zur Ausnahme werden?
Das hoffen wir. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich dieser Standard durchsetzt und allgemeine Akzeptanz erfährt.