Studie über kommunale Unternehmen
Die Insolvenz der Stadtwerke Gera gilt bislang als Einzelfall. Doch inzwischen ist die finanzielle Lage bei einem Viertel der Stadtwerke in Deutschland bedrohlich. Die regionalen Unterschiede sind jedoch groß.
Jeder vierte kommunale Konzern ist finanziell angeschlagen
In 23 von 92 Städten in Deutschland ist die finanzielle Lage der Kommune sowie der kommunalen Stadtwerke äußerst angespannt. Laut einer Analyse des Instituts für den öffentlichen Sektor sind in diesen Städten sowohl die Stadtwerke als auch die Kommunen so klamm, dass letztere im Ernstfall ihre Versorger nicht finanziell retten könnten. Wie im Falle Gera im Jahr 2014 müsste dann Insolvenz angemeldet werden. Bereits vor knapp einem Jahr sprach der DStGB-Präsident Christian Schramm von einer „dramatischen Lage“ mehrerer Städte und Gemeinden.
Die Studie bestätigt nun diese Einschätzung. Für die Analyse wurden alle kreisfreien Städte mit mehr als 80.000 Einwohnern untersucht. Dabei wurde neben der Haushaltslage auch die wirtschaftliche Situation der zugehörigen Stadtwerke-Konzerne analysiert. Ausschlaggebend waren, soweit möglich, die Jahre 2011 bis 2015 für die Kommunen und 2011 bis 2014 für die Unternehmen.
Die Analysten haben die Situation der Kommunen und der Unternehmen zunächst getrennt bewertet. Dabei zeigte sich die finanzielle Lage bei jeweils über der Hälfte als angespannt oder kritisch. Besonders eklatant ist die Situation in den Gebieten, in denen sowohl das Unternehmen als auch die zugehörige Kommune finanziell in Schieflage ist. Das ist laut Studie eben bei 23 von 93 Konstellationen der Fall. „Nur bei sechs der untersuchten Fälle weisen sowohl die Kommune eine gute Haushaltslage als auch deren Stadtwerke-Konzern eine gute wirtschaftliche Lage auf“, heißt es in der Studie.
Einzeln betrachtet scheint immerhin bei 22 Konzernen die Lage wirtschaftlich gut zu sein. Nur 19 Kommunen haben dagegen einen ausgeglichenen Haushalt.
Energiewende als Hauptursache
Auf der Suche nach der Ursache für die klamme Gesamtlage haben die Autoren mehrere Gründe gefunden. Hauptgrund sei die Energiewende, da durch die bevorzugte Einspeisung erneuerbarer Energien viele konventionelle Anlagen unrentabel geworden und neue Investitionen notwendig geworden sind. Weitere Ursachen seien falsche Investitionen in Gas- oder Kohlekraftwerke, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, unrentable Immobilienanlagen, Großkundenverluste und Bevölkerungsrückgang.
Die schlechten Ergebnisse verteilen sich dabei nicht gleichmäßig auf Deutschland. So stehen die bayerischen kommunalen Konzerne am besten da, in die kritische Zone ist dort kein einziger gerutscht. Im Ruhrgebiet hingegen sind alle untersuchten Stadtwerke von der angespannten beziehungsweise kritischen Lage betroffen. Ebenfalls heikel ist die Situation bei vielen Unternehmen in Hessen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen. Grundsätzlich stellt sich laut Studie die Situation in den neuen Bundesländern etwas schlechter dar.
Gesellschaftsstruktur spielt eine Rolle
Neben den regionalen Unterschieden hat sich auch herausgestellt, dass die Größe der Unternehmen eine Rolle spielt. So geht es laut Studie bei den kleinen Stadtwerken mit einem Umsatz von weniger als 200 Millionen Euro immerhin rund einem Drittel wirtschaftlich gut. Bei den großen Unternehmen trifft das nur noch auf 6 Prozent zu. Bei den Kommunen ist der Zusammenhang umgekehrt. Hier gilt: Je größer, desto stabiler der Haushalt.
Offenbar spielt auch die Gesellschaftsstruktur eine Rolle. Von den Stadtwerken, an denen sich auch externe Gesellschafter beteiligen, sind 45 Prozent wirtschaftlich gut aufgestellt. „Eine Erklärung für diesen Zusammenhang könnte sein, dass sich eine Eigentümervielfalt, zum Teil auch mit Beteiligung privater Investoren, in der Regel auch auf die Zusammensetzung der Aufsichtsräte auswirkt“, glauben die Autoren. Werden kommunale Aufsichtsräte mit Vertretern aus der Privatwirtschaft ergänzt, hat das offenbar positive Auswirkungen.