Entwicklung seit Jahresbeginn
Aufatmen am internationalen Stahlschrottmarkt: Die Preise steigen endlich. Auch die Sammlung kommt wieder in Schwung. Stahlschrottexperten sind dennoch skeptisch. Die Zeichen aus China sind gemischt.
Internationale Stahlschrottmärkte ziehen an
Die Lage am Stahlmarkt hat sich in den vergangenen Wochen entspannt. Die Preise für Stahl stiegen teilweise um über 200 US-Dollar pro Tonne, Stahlschrotte erlösten bis zu 140 US-Dollar pro Tonne mehr. Für William Schmiedel von der Sims Group Global Trade Corporation ist das aber kein Grund, Champagnerkorken knallen zu lassen. Der Präsident der Stahlsparte beim BIR sieht im aktuellen Quartalsbericht des Weltrecyclingverbands den Anstoß für die Preissteigerungen skeptisch: China Regierung hätte zwar in den vergangenen Wochen in den Wohnungsbaumarkt investiert und so zunächst die Nachfrage angekurbelt, doch nach dem chinesischen Neujahrsfest seien bereits erste Order wieder storniert worden.
In dem Zusammenhang berichtet George Adams von SA Recycling, dass beispielsweise Knüppel Ende April für 386 US-Dollar pro Tonne verkauft wurden – im Februar waren es noch lediglich 239 US-Dollar. Analog zogen auch die Exportpreise an: teilweise um 64 Prozent in nur zehn Wochen. Gegen Ende April allerdings ging die Nachfrage leicht zurück.
Unklar ist für Schmiedel auch, inwieweit China die Regierungspläne über den deutlichen Stahlkapazitätsabbau vorantreiben wird. Es gebe bereits erste Kürzungen bei Hebei Iron and Steel, aus anderen Konzernen seien die Signale eher gemischt. Gleichzeitig beobachtet Schmiedel an der chinesischen Börse zahlreiche Spekulationskäufe, die mit dem physischen Markt wenig gemein hätten.
Japan exportiert 80 Prozent mehr Stahlschrott
Bergauf geht es laut Schmiedel hingegen am Stahlschrottmarkt. Nachdem die Sammlung in den ersten Wochen des Jahres am Boden lag, haben die Mengen inzwischen deutlich zugelegt. Dennoch warnt Schmiedel auch hier vor zu großer Euphorie.
In einzelnen Ländern ist die erstarkte Schrottnachfrage bereits deutlich zu spüren. Eines der Länder, das derzeit deutlich mehr Stahlschrott ausführt, ist Japan. Wie Hisatoshi Kojo von Metz Corporation berichtet, wurden in den vergangenen drei Monaten 80 Prozent mehr exportiert. Die Preise lagen teilweise bei etwa 276 US-Dollar pro Tonne. Der Trend soll in den kommenden Monaten anhalten, da viele Fabriken in Asien ihre Schrottlager noch längst nicht gefüllt hätten. Im Zuge dessen sollen auch die Preise weiter steigen.
Auch in den USA beobachtet George Adams von SA Recycling eine starke Verbesserung. Nachfrage und Preise steigen stetig – der Trend wird seiner Einschätzung nach anhalten. Ähnlich sieht es laut Tom Bird von Mettalis Recycling auch in Europa aus. Neben China hat hier vor allem die Türkei Schrotte eingekauft – eine Tonne HMS wurde teilweise für 300 US-Dollar gehandelt. Gegen Ende April stiegen die Preise auf bis zu 330 US-Dollar pro Tonne. Das sind rund 100 US-Dollar mehr als noch Ende März.
Dank des guten Exportmarkts sind auch in der EU die Preise gestiegen: im April ging es 10 bis 30 Euro aufwärts, im Mai um rund 40 Euro pro Tonne. Die Ankündigung des Stahlherstellers Tata in Großbritannien, die Geschäfte aufzugeben, hatte laut Bird weniger schlimme Ausmaße als befürchtet, da das Unternehmen überraschend zusätzliche Schrottmengen am UK-Markt gekauft hat und auch im Mai die Aktivitäten fortführen möchte. In den kommenden Monaten rechnet Bird trotz Unsicherheiten mit keinem Preisrutsch mehr, dafür sei das Material derzeit zu knapp.
Ukraine verhängt Ausfuhrzölle
Von einem Aufschwung berichtet auch Andrey Moiseenko von Ukrmet Ldt in Russland. Hier liegen die heimischen Stahlschrott-Preise derzeit bei 200 US-Dollar pro Tonne, Sammlung und Nachfrage seien gut. Exporteure profitieren vom schwachen Rubel, für die kommenden Monate rechnet der Stahlschrottexperte mit weiter steigenden Preisen und einer höheren Nachfrage im Land selbst.
Zum Erliegen sind hingegen die Stahlschrottexporte aus der Ukraine gekommen. Denn inzwischen hat die ukrainische Regierung Ausfuhrzölle in Höhe von rund 30 Euro pro Tonne auf Stahlschrott verhängt, so Moiseenko. Zwar fehle noch die Unterschrift des Präsidenten, aber durch die neue Situation bleiben die Mengen erstmal im Land. Moiseenko rechnet zwar nicht damit, dass künftig gar kein Stahlschrott mehr aus der Ukraine ausgeführt wird, doch die Mengen werden sich wohl drastisch reduzieren.
Zeitweise zum Stillstand ist auch der Stahlschrottmarkt in Indien gekommen. Während zu Jahresbeginn der Markt boomte, ließ Mitte April die Nachfrage heimischer Stahlproduzenten abrupt nach – sie kauften stattdessen Eisenschwämme und billige Schrotte in Nachbarländern ein. Die Händler warten laut Zain Nathani von Nathani Group of Companies daher ab, rechnen aber mit einer höheren Importnachfrage in den kommenden Monaten.