Veränderungen in der Stahlbranche

Also doch: Die Stahlhersteller Tata Steel und Thyssenkrupp sprechen über einen möglichen Zusammenschluss. Unterdessen gibt es auch in China Restrukturierungen. Und in Deutschland wird eine neue Fertigungslinie eröffnet.

Tata und Thyssenkrupp sprechen über Fusion


Die beiden Stahlhersteller Thyssenkrupp und Tata Steel stehen womöglich vor einer Fusion. Nach monatelangen Spekulationen haben inzwischen beide Unternehmen bestätigt, in Gesprächen über einen Zusammenschluss der europäischen Stahlgeschäfte zu sein.

„Die gesamte Stahlindustrie in Europa kämpft darum, in einer wirtschaftlich schwierigen Situation zukunftsfähig zu bleiben“, verkündet Thyssenkrupp in einer Stellungnahme. „Wir haben auch immer gesagt, dass in einer solchen Situation jeder mit jedem spricht – unter anderem sprechen wir auch mit Tata Steel.“

Der indische Konzern Tata Steel wiederum hatte am vergangenen Freitag die Gespräche bestätigt. Es solle ergründet werden, ob ein Gemeinschaftsunternehmen für das Stahlgeschäft in Europa eine Möglichkeit sei. Erst im April hatte Tata verkündet, sich aus dem Geschäft in Großbritannien zurückziehen zu wollen. Die Long Products Sparte wurde bereits verkauft.

Beide Unternehmen betonten, dass der Ausgang der Gespräche völlig offen sei. Der Betriebsrat von Thyssenkrupp äußerte bereits die Befürchtung, dass bei einer Fusion ganze Werke – darunter auch Standorte in Deutschland – geschlossen werden könnten.

Chinesischen Stahlgrößen wollen restrukturieren

Offenbar einen Schritt weiter sind zwei große Stahlhersteller in China. Dort haben die Unternehmen Baoshan Iron and Steel und Wuhan Iron and Steel angekündigt, strategische Restrukturierungspläne umzusetzen. Der Plan müsse aber noch von der Überwachungsbehörde genehmigt werden. Für die Umsetzung wurde der Aktienhandel an der Shanghai Stock Exchange für mehrere Tage unterbrochen.

Genaueres über ihre Pläne gaben die Stahlproduzenten bisher nicht bekannt, es wird aber schon seit längerem spekuliert, dass die beiden Unternehmen fusionieren wollen. Der Zusammenschluss wäre der größte in der Geschichte der chinesischen Stahlindustrie. Baosteel produziert jährlich rund 35 Millionen Tonnen und Whan Steel etwa 26 Millionen Tonnen Stahl.

Voestalpine eröffnet neue Anlage

In Europa hat derweil der österreichische Technologie- und Industriegüterkonzern Voestalpine den  Automotive-Bereich weiter ausgebaut. In der süddeutschen Stadt Schwäbisch Gmünd hat der Stahlhersteller die nach eigenen Angaben „weltweit erste Anlage für phs-directform“ eröffnet. Dort könnten künftig pressgehärtete, höchstfeste und korrosionsbeständige Karosserieteile aus verzinktem Stahlband in einem Prozessschritt gefertigt werden.

Wie der Konzern weiter mitteilt, fallen bereits jetzt mit 5,3 Milliarden Euro rund 48 Prozent des Gesamtumsatzes auf das Kundensegment Mobilität, dabei dominiere wiederum der Automotive-Sektor. Laut Prognosen soll der Markt für automobile Leichtbausegmente bis 2025 sich auf rund 100 Milliarden Euro verfünffachen.

Der Mitbewerber ArcelorMittal plant unterdessen, in einen Hochofen in Bremen rund 40 Millionen Euro zu investieren. Die Modernisierungsmaßnahme soll nach Konzernangaben ab Oktober 2017 durchgeführt werden. Bisher werden in dem betroffenen Hochofen 2 täglich etwa 7.000 Tonnen Rohstahl produziert.


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Insgesamt lag die Rohstahlerzeugung in Deutschland im Juni nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl (Wv Stahl) bei rund 3,7 Millionen Tonnen. Das sind 2,1 Prozent weniger als noch im Mai. Auf das gesamte bisherige Jahr gerechnet, wurde mit rund 21,9 Millionen Tonnen etwa 1,2 Prozent weniger hergestellt als noch im Vorjahreszeitraum.

Für die Elektrostahlproduzenten ging es – zumindest im Mai – weiterhin bergauf. Laut WV Stahl wurden mit 1,1 Millionen Tonnen rund 4,5 Prozent mehr hergestellt als noch im April. Seit Jahresbeginn summiert sich die Elektrostahlproduktion auf 5,4 Millionen Tonnen. Damit liegt sie aber immer noch 3,1 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Mit einem Minus von nur 0,1 Prozent hingegen ging die Oxygenstahlherstellung seit Januar im Vorjahrjahresvergleich insgesamt kaum zurück. Im Mai lag der Output mit 2,7 Millionen Tonnen etwa 3,7 Prozent über dem Wert vom April.

Für das zweite Halbjahr sind die Aussichten laut VW Stahl „angesichts der Entwicklung sowohl in der Weltwirtschaft als auch auf den globalen Stahlmärkten“ weiterhin unsicher.

© 320°/ek | 12.07.2016
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