Kläranlage Edenkoben
Forscher haben ein neues Verfahren entwickelt, um mit stark belasteten Abwässern aus der Weinlese fertig zu werden. Der Prozess soll den Strombedarf und die anfallende Klärschlammmenge erheblich reduzieren. Und er spart Geld.
Neues Verfahren für Abwasser aus der Weinlese
Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland bei der Weinlese in diesem Jahr rund 8,4 Millionen Hektoliter Weinmost entstehen. Ein großer Teil der Trauben stammt aus dem Gebiet um Edenkoben, nahe Neustadt an der Weinstraße. Die Weinlese bringt aber auch Probleme mit sich. Denn in dieser Zeit steigt die Abwasserfracht der dortigen Kläranlage um das 17-fache.
Abhilfe soll nun ein neues Verfahren aus Stuttgart schaffen. Die Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) haben die Kläranlage der pfälzischen Verbandsgemeinde auf die zweistufige Hochlastfaulung umgestellt. Statt wie bisher anfallenden Schlamm aerob zu stabilisieren (Belüftung), setzen die Wissenschaftler auf einen anaeroben Prozess.
Im Detail kann der Faulprozess mit wesentlich mehr Organik belastet werden als herkömmliche Schlammfaulungen. Entsprechend bekommen die Mikroorganismen mehr Material und wachsen insgesamt schneller. Dies wiederum ermöglicht kürzere hydraulische Verweilzeiten des Klärschlamms von etwa fünf bis sieben Tagen. Die Effizienz wird darüber hinaus durch Mikrofiltration gesteigert.
Weniger Energie, weniger Schlamm
Der neue Prozess bietet mehrere Vorteile: „Mit der Hochlastfaulung können wir flexibel auf die Abwasserfracht reagieren. Zudem sparen wir Energie, erzeugen Eigenstrom und senken die Menge an zu entsorgendem Schlamm deutlich“, erläutert Werner Sternad, Wissenschaftler am Fraunhofer IGB.
Im Vergleich zu früher werden 20 Prozent weniger Energie benötigt. Ferner wird über die Hälfte des benötigten Stroms aus dem Faulgas in den beiden Blockheizkraftwerken selbst erzeugt. Auch die Kosten bei der Schlammentsorgung konnten durch den neuen Prozess reduziert werden. Musste zuvor jeden Tag Restschlamm gepresst werden, bleibt nun so wenig zurück, dass er lediglich zweimal pro Woche gepresst werden muss.
Die Auslastung der Anlage in Edenkoben schwankt zwischen Unterlast an Sonn- und Feiertagen und Spitzenbelastungen während der Weinbaukampagne – 7.000 bis etwa 120.000 Einwohner. Um darauf zu reagieren, haben die Wissenschaftler zudem zwei Faulbehälter eingebaut. Diese lassen sich während der Weinlese parallel betreiben, im restlichen Jahr seriell.
Die Anlage in Edenkoben ist Anfang 2016 in Betrieb gegangen. Seriell verwertet sie derzeit etwa 40 Kubikmeter Schlamm pro Tag. Während der Weinlese reicht der Wert nun erstmalig bis zu 130 Kubikmeter. Die erste Hochlastfaulung für kommunale Kläranlagen wurde 1994 auf der Kläranlage Mittleres Glemstal (Leonberg) in Betrieb genommen. Weitere Anlagen sind in Heidelberg, Tauberbischofsheim, Wutöschingen sowie in Ilsfeld und Bad Dürrenberg in Betrieb.