Arbeitsmarkt
Fast drei Viertel der Arbeitgeber im deutschen Mittelstand beschäftigen ausländische Beschäftigte – Tendenz steigend. In Zukunft dürfte der Bedarf noch weiter zunehmen, glauben Experten.
Mittelstand benötigt mehr ausländische Mitarbeiter
Ausländische Mitarbeiter sind in deutschen Unternehmen alles andere als eine Ausnahmeerscheinung: Gemäß der heute veröffentlichten Beschäftigungsstatistik der Bundesarbeitsagentur arbeiten hierzulande 3,1 Millionen Ausländer in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen – und zwar nicht nur in den großen Firmen, sondern auch im Mittelstand, wie eine aktuelle repräsentative Analyse von KfW Research auf Basis des KfW-Mittelstandspanels belegt.
Drei von vier kleinen und mittleren Arbeitgebern haben demnach ausländische Beschäftigte (73 Prozent), der Großteil von ihnen stammt aus EU-Partnerländern. Selbst Kleinstunternehmen mit bis zu 5 Mitarbeitern sind meist international besetzt (63 Prozent). Besonders häufig werden ausländische Arbeitskräfte im Handel eingestellt (82 Prozent).
Auch für die Zukunft setzen die Mittelständler auf Zuwanderung: Bis zum Jahr 2021 plant rund die Hälfte aller kleinen und mittleren Unternehmen, gezielt ausländische Mitarbeiter zu rekrutieren. „Deutschland profitiert seit Jahrzehnten von der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte und ist auch in Zukunft darauf angewiesen, denn der demografische Ausblick ist ungünstig“, sagt der Chefvolkswirt der KfW, Jörg Zeuner. Schon jetzt sei die Unsicherheit über das Fachkräfteangebot ein wesentliches Innovations- und Wachstumshemmnis.
Neben der verstärkten Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen hält die KfW die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt für ein zentrales Gegenmittel für das knapper werdende Arbeitskräfteangebot in Deutschland. Die Mittelständler setzen in ihren Beschäftigungsplänen immer stärker darauf, wie die Analyse von KfW Research zeigt: In den vergangenen fünf Jahren haben 38 Prozent der mittelständischen Arbeitgeber gezielt nach ausländischen Mitarbeitern gesucht, für die kommenden fünf Jahre planen dies schon 52 Prozent. „Der Rückzug in den Nationalstaat würde also vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen treffen, die keine Ausweichmöglichkeiten für ihre Produktion haben“, so Zeuner.
Da Deutschlands EU-Partner vor ähnlichen demografischen Herausforderungen stehen, würden künftig Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern an Bedeutung gewinnen, betont die KfW. In den vergangenen fünf Jahren hätten 11 Prozent der Mittelständler in der Rekrutierung den Fokus auf Drittstaatler gelegt, bis zum Jahr 2021 planen dies mit 24 Prozent mehr als doppelt so viele.
In den vergangenen fünf Jahren haben bereits 144.000 mittelständische Unternehmen insgesamt rund 250.000 Flüchtlinge eingestellt. Dabei handele es sich bei diesen Beschäftigungsverhältnissen überwiegend um Ausbildungsplätze, Praktikanten- oder Aushilfsstellen, so die KfW. Höher qualifizierte Beschäftigungsverhältnisse sind seltener: Rund einer von hundert mittelständischen Arbeitgebern hat in den vergangenen fünf Jahren Flüchtlinge als Fachkräfte eingestellt. Insgesamt wurden ca. 49.000 solcher Arbeitsverträge abgeschlossen.
„Der mehrstufige Weg von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt über die Aus- und Weiterbildung überrascht nicht“, erklärt KfW-Chefvolkswirt Zeuner. „Schließlich suchen sie in Deutschland in erster Linie Schutz und haben sich auf den Wettbewerb am deutschen Arbeitsmarkt kaum vorbereitet. Vor allem die Deutschkenntnisse fehlen zu Beginn.“ Hier in den nächsten Jahren verstärkt zu investieren, sei der richtige Weg, so Zeuner.
Die Studie „Fokus Volkswirtschaft – Ausländische Beschäftigte im Mittelstand: ein starkes Plädoyer für freie Arbeitsmärkte“ steht hier zum Download zur Verfügung.