Entsorgung in MVA

Verstopfte Filter, Kurzschlüsse in Schaltschränken, Gefahr für Mitarbeiter: Die Verbrennung von carbonfaserhaltigen Stoffen kann in Müllverbrennungsanlagen etliche Probleme bereiten. Wie ein großtechnischer Versuch zeigt, sind die Bedenken berechtigt: Die Fasern lassen sich nicht vollständig zerstören.

Keine vollständige Zerstörung von CFK-Fasern


Carbonfaserhaltige Stoffe haben keinen guten Stand in der Entsorgungsbranche. Das Recycling ist aufwändig und auch Betreiber von Müllverbrennungsanlagen wollen das Material nicht haben. Was mit CFK im Verbrennungsprozess passiert und wie sich die Fasern auf die Technik auswirken, wird aktuell in einem großtechnischen Versuch im Auftrag des Umweltbundesamts analysiert.

Wie erste Ergebnisse zeigen, die kürzlich auf der Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“ präsentiert wurden, sind die Sorgen der Müllverbrenner berechtigt. „Die Bedingungen in einer Hausmüllverbrennungsanlage reichen für eine vollständige Faserzerstörung nicht aus“, sagte Jan Stockschläder von der RWTH Aachen. Er arbeitet in der Gruppe von Professor Peter Quicker. Außerdem würden Fasern über das Abgas ausgetragen, die allerdings via Abgasreinigung sicher abgeschieden würden. Darüber hinaus werde der Großteil der Fasern über die Schlacke ausgetragen:

  • Stockschläder zufolge war die Schlacke zum Teil mit noch zusammenhängenden Fasern durchsetzt. Sie lagen als textile Strukturen (Gelege, Gewebe) oder als eingeschlossene versinterte Partikel vor. „Die Klassierung bei 30 mm und anschließende Analyse zeigte, dass ein Großteil des Überkorns aus Carbonfasern bestand.“ Mit abnehmender Korngröße werde der Anteil an Carbonfasern deutlich geringer.
  • Bei der Analyse der Rückstände aus der Abgasreinigung (Kesselasche, Sprühabsorberreststoff und Gewebefilterstaub) waren in den Fraktionen > 1 mm Fasern beziehungsweise Faserbündel zu erkennen sind, so der Forscher. Er vermutet, dass solche Fasern Probleme bei Anlagen mit elektrischen Abscheidern verursachen können.
  • Im Abgas zeigten sich Einzelfasern mit Durchmessern zwischen 3 und 5 Micrometern sowie Faserbündel. Wie er betont, seien es deutlich mehr gewesen als im Normalbetrieb. Denn selbst ohne gezielte Zugabe von CFK-Material sind Carbonfasern im Abgas vorhanden.

Die Verbrennungsversuche wurden im Müllheizkraftwerk Coburg bei einem mittleren Heizwert von etwa 10 Megajoule pro Kilogramm und während des Regelbetriebs durchgeführt. Zum Einsatz kam Material der Entsorgungsfirma CFK Valley Recycling. Konkret wurden über einen Zeitraum von 27 Stunden einmal pro Stunde sieben Säcke trockene carbonfaserhaltige Abfälle – das entsprach 100 Kilogramm Carbonfasern – über die gesamte Breite des Trichters aufgegeben. Kurz vor Aufgabe wurden die Säcke aufgeschnitten.

Die vorliegenden Ergebnisse sind bislang nur Zwischenergebnisse. Weitere Analysen im Rahmen des Vorhabens „Untersuchungen zu Möglichkeiten und Grenzen der Entsorgung carbonfaserverstärkter Kunststoffabfälle in thermischen Prozessen unter Berücksichtigung möglicher Risiken im Umgang mit den prozessspezifischen Reststoffen“ sollen folgen. So stehen Versuche in einer Sonderabfallverbrennungsanlage und im Zementdrehrohr auf dem Plan. Darüber hinaus soll ein neuer Ansatz zum stofflichen Recycling untersucht werden. Dabei steht die chemische Faserrückgewinnung im Fokus.


[su_accordion]
[su_spoiler title=“Müllheizkraftwerk Coburg“]

  • Im Müllheizkraftwerk Coburg werden in zwei Verbrennungslinien 135.000 Tonnen Abfall jährlich verwertet. Der mittlere Heizwert liegt bei etwa 10.500 Kilojoule je Kilogramm. Die erzeugte Energie wird als Strom und Fernwärme genutzt.
  • Der aufgegebene Abfall wird auf einem Martin-Rückschubrost verbrannt. Die Entschlackung erfolgt über einen nass betriebenen Stößelentschlacker direkt in einen Schlackenbunker.
  • Das Verbrennungsabgas wird auf etwa 200 bis 250 Grad Celsius abgekühlt. Größere und schwerere Partikel setzen sich ab und fallen als Kesselaschen an. Die Kesselaschen werden wieder in den Feuerraum zurückgeführt.
  • Um Stickoxide zu reduzieren wird das Very Low Nox-Verfahren angewandt. Zudem kommt eine SNCR-Anlage mit Ammoniakwasser im oberen Feuerraum zum Einsatz.
  • Die Abgasreinigung erfolgt in fünf Stufen via Sprühabsorber, Gewebefilter, saure und basische Wäscherstufe sowie Nasselektrofilter.

[/su_spoiler]
[/su_accordion]


 

© 320°/bs | 25.06.2018

Mehr zum Thema
Mehr Fernwärme aus Abfällen: Neue Technologie in MVA Borsigstraße
Neuer Roboter entleert Lebensmittelgläser in Sekundenschnelle