Recyclingprojekte

Die Firma Wiegand-Glas investiert derzeit kräftig ins Recycling. Der Behälterglashersteller will im kommenden Jahr ein neues Verfahren für das Upcycling von Glasstäuben in Betrieb nehmen. Ebenfalls in der Planung: Eine Recyclinganlage für Kunststoffe und ein neues Glaswerk.

Wiegand-Glas expandiert


Die To-Do-Liste bei Wiegand-Glas ist ziemlich lang. In den kommenden fünf Jahren will der Behälterglashersteller eine Reihe an Schlüsselprojekten in Angriff nehmen. Das geht aus dem Fünf-Jahres-Plan hervor, den Geschäftsführer Oliver Wiegand vorgestellt hat. Einige dieser Projekte sollen dabei schon bald anlaufen.

Eines der Schlüsselprojekte dreht sich um das Upcycling von Glasstaub. Damit betreten die Franken Neuland. Eine industrielle Verwertung von Glasbruch oder Glasstaub in der Glasherstellung wird bisher nicht betrieben.

Der Glasstaub, der bei der Glasproduktion anfällt, besteht aus feinen Stäuben aus der Abgasreinigung und Feinkorn aus der Scherbenaufbereitung. Die Abfälle können trotz geeigneter Zusammensetzung nicht wieder eingeschmolzen werden, weil sie den Ofenraum verstauben und damit zu Prozessstörungen und Schäden an der Anlage führen würden. Aber auch die bei der Aufbereitung von Altglas entstehenden Abfallstoffe können bislang nicht eingeschmolzen und nicht als Glasrohstoff wiederverwertet werden.

Upcycling startet im kommenden Jahr

„Ziel des Vorhabens am Firmenstandort Steinbach am Wald ist es, eben diese Fraktionen erstmals zur Herstellung neuer Behältergläser nutzbar zu machen“, erklärt Geschäftsführer Wiegand. Dazu werde das Material zu Briketts gepresst. Die Briketts könnten zusammen mit Altglas und weiteren notwendigen Primärrohstoffen eingeschmolzen werden. Mit diesem Vorhaben will Wiegand-Glas jährlich 25.000 Tonnen Abfall vermeiden – und zugleich die gleiche Menge an Primärrohstoffen einsparen.

„Die Brikettieranlage wird im kommenden Jahr in Betrieb gehen“, sagt Wiegand. Die Anlage ist der Altglasaufbereitungsanlage, die sein Unternehmen am selben Standort betreibt, nachgelagert. „Damit wollen wir alle Abfälle, die aus der Aufbereitung von Altglas anfallen, aufbereiten und nutzbar machen.“ Je nachdem, wie viel Glasabfälle entstünden, werde der Tagesdurchsatz der Brikettieranlage zwischen 10 und 60 Tonnen schwanken.

Aber auch bei der seit mehreren Jahren laufenden Altglasaufbereitungsanlage mit einer Kapazität von 1.800 bis 1.900 Tonnen pro Tag will der Glashersteller nachbessern. „Wir nehmen Optimierungen vor, um die Scherbenqualität noch weiter zu verbessern und den Anfall von Abfall zu reduzieren“, sagt Wiegand. Damit könnte das Unternehmen den Anteil an Altglas bei der Behälterglasproduktion noch weiter steigern.

Altglaseinsatz beträgt bis zu 97 Prozent

Bisher besteht den Firmenangaben zufolge jede Flasche, die die deutschen Werke verlässt, im Durchschnitt zu 80 Prozent aus recyceltem Altglas. Mitunter soll der Altglaseinsatz bei 97 Prozent liegen. „Die Quote ist abhängig vom produzierten Behälter und der Glasfarbe“, erklärt Wiegand. Der Glashersteller findet einen Altglaseinsatz von 100 Prozent zwar erstrebenswert, das sei allerdings technologisch gesehen (noch) nicht machbar.

Wiegand bereitet täglich mehrere tausend Tonnen Altglas auf. Der Bedarf für die Produktion variiere je nach produzierter Glasfarbe und Artikel. Das Altglas, das der Hersteller zur Produktion seiner Glasbehälter nutzt, stammt aus den privaten Haushalten. Im Wesentlichen sind es also Getränkeflaschen und Konservengläser in allen Formen und Farben, die über Altglas-Container entsorgt werden.

Planungen für Kunststoff-Recyclinganlage angelaufen

Wiegand-Glas betritt aber auch noch ein anderes Neuland: Die Franken wollen nämlich ins Recycling von Kunststoff einsteigen. Ziel des Unternehmens ist es, sich selbst mit Recyclaten für die Produktion von PET-Preforms und –Behältern zu versorgen. „Das entstehende Recyclat werden wir zu 100 Prozent für die eigene Fertigung nutzen“, unterstreicht Wiegand. Zudem soll somit der Recyclinganteil von derzeit knapp 30 Prozent auf über 50 Prozent steigen.

Die neue Anlage soll in Großbreitenbach am Standort von PET-Verpackungen Deutschland errichtet werden. Das zur Wiegand-Glas-Unternehmensgruppe gehörende Unternehmen wurde 1997 als weiterer Unternehmenszweig gegründet. Die Planungen sind noch frisch, so dass sich die beiden Geschäftsführer Oliver und Nikolaus Wiegand bislang noch nicht für einen Anlagenhersteller entschieden haben. Auch die Höhe der Jahreskapazität steht noch nicht fest.

Fest steht aber, dass im Frühjahr mit dem Bau der Anlage begonnen werden soll. „Ende 2019 wollen wir sie in Betrieb nehmen“, sagt Wiegand. In der Anlage sollen PET-Flakes aus PET-Waschanlagen, sprich -Aufbereitungsanlagen verwertet werden. Der Input besteht dabei nur zu einem kleinen Teil aus PET-Flakes, die bei der eigenen Herstellung anfallen. Der Hauptteil soll anfangs von anderen PET-Aufbereitern kommen.

„Wir werden mit der Anlage zunächst nicht unseren ganzen Bedarf an PET-Recyclat decken können“, erläutert der Geschäftsführer. „Die Anlage wird jedoch modular aufgebaut, so dass wir die Möglichkeit haben, den Output zu erhöhen, um uns in Zukunft voll zu versorgen.“

Ausbau der Produktionskapazitäten für Glas steht bevor

Abseits dieser Recyclingprojekte will Wiegand-Glas in der kommenden Zeit auch in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten investieren. „An unserem Standort in Schleusingen wird ein neues Glaswerk mit zwei Schmelzwannen entstehen“, berichtet Wiegand. Mit den Baumaßnahmen soll noch Ende dieses Monats begonnen werden. Die Inbetriebnahme sei für das vierte Quartal 2019 geplant.

„Das alte Glaswerk in Schleusingen wird im Gegenzug stillgelegt“, so Wiegand. Mit dem neuen Werk verdopple sich die heutige Produktionskapazität an dem Standort. Bislang werden dort täglich rund 400 Tonnen Behälterglas für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie – Flaschen und Gläser – hergestellt. Mit dem neuen Werk sei ein Output von 850 Tonnen täglich möglich.

Nicht zuletzt will Wiegand auch ins benachbarte Glaswerk Ernstthal investieren. Neben dem Bau einer neuen Verpackung- und Lagerhalle soll auch die Kapazität einer der Schmelzwannen erweitert werden. Damit könne das Unternehmen zusätzlich 100 Tagestonnen Behälterglas produzieren.


Über Wiegand-Glas

Laut Wiegand werden in den vier Glaswerken der Unternehmensgruppe täglich mehr als acht Millionen Glasbehälter für die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie produziert. Damit zählt sich das Unternehmen selbst zu den Top 3 der Behälterglashersteller in Deutschland.

Neben diesen Mehrweg- und Einweg-Glasverpackungen produziert die Gruppe auch PET-Preforms und PET-Flaschen. Die PET-Verpackungen Deutschland produziere über 2,3 Milliarden PET-Preforms pro Jahr, wie es in einem Flyer heißt. Zudem werden demzufolge mit mehreren Multilayer-Systemen jährlich über 300 Millionen mehrschichtige Preforms hergestellt sowie mehr als 300 Millionen PET-Hohlkörper in standardisierten und kundenspezifischen Designs

Die Unternehmensgruppe erwirtschaftete eigenen Angaben zufolge 2017 im Konzern einen Gesamtumsatz von rund 473 Millionen Euro.

 

© 320° | 18.09.2018

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