Düngeverordnung

Die Bundesregierung ist auf Drängen der EU-Kommission bereit, die Düngeregeln zum Schutz des Grundwassers weiter zu verschärfen. Der neue Vorschlag sieht unter anderem längere Sperrzeiten und neue Düngevorgaben vor.

Bundesregierung macht neuen Vorschlag für strengere Düngeregeln


Im Streit um zu viel Nitrat im Grundwasser hat die Bundesregierung einen neuen Vorschlag für strengere Düngeregeln vorgelegt. Er enthält unter anderem neue Pflichten für Bauern, die Düngermenge zu dokumentieren, längere Sperrfristen sowie striktere Vorgaben an Hängen, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium am Mittwoch nach einem rund zweistündigen Treffen mit Bundesländern und Verbänden mitteilte. Mit diesen Vorschlägen reisen Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am kommenden Mittwoch nach Brüssel, um ein weiteres Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verhindern.

In Einzelnen sehen die neuen Regeln unter anderem vor, dass die Sperrzeiten fürs Düngen auf Weiden und Wiesen in nitratbelasteten Gebieten um zwei Wochen auf vier Monate von Oktober bis Ende Januar ausgedehnt werden. Düngevorgaben für Hangflächen sollen schon ab fünf Prozent Neigung statt ab zehn Prozent greifen.

Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und 2018 beim EuGH Recht bekommen. Düngen mit Gülle und Festmist ist eine Hauptursache dafür, dass an vielen Messstellen in Deutschland die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser überschritten werden. Das Urteil bezog sich zwar noch auf ältere Düngeregeln. Aber auch die erst 2017 geänderten Vorgaben müssen nun verschärft werden, sonst könnten letztlich Strafzahlungen drohen.

Widerstand vom Bauernverband

Bei den Landwirten sind die geplanten Verschärfungen schon im Vorfeld des Bund/Länder-Treffens auf Widerstand gestoßen. „Den Klageandrohungen der EU muss die Bundesregierung mit dem Verweis auf die schon 2017 verschärfte deutsche Düngeverordnung begegnen“, fordert Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke vom Landesbauernverband Landvolk Niedersachsen. Die Landwirte hätten bereits mit einem deutlich eingeschränkten Verbrauch an Mineraldünger und einer Reduzierung der Tierbestände auf die strengeren Vorgaben reagiert. Eine pauschale Reduzierung der Stickstoffdüngung um 20 Prozent in sogenannten nitratsensiblen Gebieten laufe der Praxis zuwider, Pflanzen und Böden würden ausgehungert.

Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) warnt vor „überzogenen Detailregelungen“. Die Drohung aus Brüssel führe dazu, „dass das Düngerecht ohne qualifizierte Folgenabschätzung und im Eilverfahren durchgeboxt werden muss“, sagte der Umweltbeauftragte des Verbands, Eberhard Hartelt.

Aus Sicht des DBV könnten die Pläne von Bund und Ländern „kleine und mittlere Tierhalter in den Ausstieg treiben“, weil sie schnell viel mehr Lagerkapazität für Gülle, Jauch und Mist bräuchten, wenn das Düngen zu stark eingeschränkt würde. Hartelt sprach von einer „unlösbaren Situation“. Es sei zudem nicht akzeptabel, „pauschal alle Betriebe in einem nitratsensiblen Gebiet mit verschärften Auflagen zu überziehen“.

Ausnahmen für Ökobetriebe

Im Juni hatten das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium bereits Vorschläge an die EU-Kommission übermittelt, um den Schutz der Gewässer vor dem Nitrat-Eintrag zu verbessern. Aber auch diese Vorschläge waren aus Sicht der Europäischen Kommission nicht ausreichend.

Die Ministerien hatten unter anderem vorgeschlagen, die Düngung in den sogenannten „Roten Gebieten“ mit besonders hohen Nitratwerten um 20 Prozent 19im Betriebsdurchschnitt zu reduzieren. Zusätzlich sollte es eine Mengen-Obergrenze in Höhe von 170 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr pro Schlag bzw. für Einzelflächen geben. Um betriebs- und anbauspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen, sollten Betriebe flexibel entscheiden können, welche Kulturen weiter nach maximalem Bedarf gedüngt werden. Im Gegenzug sollte auf anderen Flächen in den besonders belasteten Gebieten weniger gedüngt werden, um die Mengen-Obergrenzen einzuhalten

Außerdem schlugen die Ministerien Ausnahmen für extensiv wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe und Ökobetriebe vor, sofern diese so nachhaltig und ressourcenschonend düngen, dass sie nicht zur Gewässerbelastung beitragen. So sollten Betriebe, die durchschnittlich auf ihren Landwirtschaftsflächen weniger als 160 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr und davon maximal 80 Kilogramm mineralisch düngen, von der Reduzierung der Düngung und der Mengen-Obergrenze freigestellt werden.

Auch auf Dauergrünland sollte die Düngung nicht reduziert werden müssen, da hier das Auswaschungsrisiko niedriger sei. Außerdem sollte eine Herbstdüngung von Raps möglich sein, wenn mit einer Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der Düngebedarf nicht aus dem Bodenvorrat gedeckt werden kann. Insgesamt wäre die Düngung in Deutschland damit nachhaltiger und der Gewässerschutz deutlich verbessert worden, ohne dass landwirtschaftliche Betriebe über das erforderliche Maß hinaus eingeschränkt werden, so das BMU.

BUND für umfassende Agrarwende

Ob die EU-Kommission mit den neuen Vorschlägen aus Berlin zufrieden ist, dürfte frühestens nach dem Treffen der beiden Ministerinnen mit Umweltkommissar Karmenu Vella kommende Woche feststehen. Es könnte aber auch sein, dass Brüssel erst eine Weile nach dem Gespräch am 28. August den Daumen hebt oder senkt. Umwelt- und Agrarministerium forderten die Länder am Mittwoch erneut auf, ihre „roten Gebiete“ mit hoher Nitratbelastung auszuweisen – dies sei für die Kommission ein „wichtiger Punkt“.

Auch wenn von EU-Seite am Ende keine Einwände mehr da wären, sieht Christian Rehmer von der Umweltschutzorganisation BUND noch viele Baustellen in der Agrarpolitik. Dass zum Beispiel die Ränder von Gewässern bepflanzt werden sollen, um überschüssigen Dünger aufzunehmen, müsse nicht über Düngeregeln, sondern über das Wasserhaushaltsgesetz geregelt werden. „Klar ist: Für den Schutz unserer Umwelt und des Klimas brauchen wir eine umfassende Agrarwende und den Abbau der Nutztierbestände“, sagte er.

 

© 320°/dpa | 21.08.2019

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