Wertstoffgesetz

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Es war eines der Dauerthemen in den vergangenen Jahren. Jetzt unternimmt der bvse einen neuen Anlauf, das Wertstoffgesetz in die Umlaufbahn der Politik zu bringen. Aus Verbandssicht gibt es gute Gründe.

„Wir sollten noch einmal einen Anlauf wagen“


Als vor einigen Jahren das Wertstoffgesetz intensiv diskutiert wurde, ging es nur am Rande um den Klimaschutz. Heute, in Zeiten, da die Einsparung von CO2-Emissionen ganz oben auf der politischen Agenda steht, ist das anders: Wenn heute über Umweltschutz und Ressourcenschonung gesprochen wird, kommt niemand am CO2-Argument vorbei. Oder anders formuliert: Wer umweltpolitisch etwas erreichen will, muss mit der Einsparung von CO2-Emissionen argumentieren.

Das weiß natürlich auch der bvse. Und er scheint es nutzen zu wollen, um das Wertstoffgesetz wieder aufleben zu lassen. „Vielleicht ist die Politik inzwischen auch soweit, doch noch einmal ernsthaft über ein Wertstoffgesetz nachzudenken“, schreibt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock im Editorial für die neue Aufgabe der Fachzeitschrift „Müll und Abfall“.

Rehbock erinnert daran, dass das Recycling zusätzliches CO2-Einspartpotenzial biete – sei es durch das E-Schrott-Recycling, das Kunststoffrecycling oder eben über das Wertstoffgesetz. Mit dem Wertstoffgesetz wollte das Bundesumweltministerium seinerzeit die Erfassung von Wertstoffen verbessern. Über die Wertstofftonne sollten nicht nur Verpackungen erfasst werden, die bislang in der Gelben Tonne oder im Gelben Sack landen, sondern auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen. Am Ende blieb von dem Vorhaben wenig übrig. Es scheiterte am Widerstand der kommunalen Seite. Anstelle des Wertstoffgesetzes entwickelte das BMU das Verpackungsgesetz.

750.000 Tonnen CO2 einsparen

Heute, im Lichte des Klimaschutzes, will der bvse das Thema nochmal angehen. Denn mithilfe der Wertstofftonne ließen sich zusätzlich 570.000 Tonnen werthaltige Abfälle pro Jahr erfassen, argumentiert der Verband. Anstelle der 27,7 Kilogramm Verpackungen, die pro Jahr und Einwohner über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne gesammelt werden, könnten mit der Wertstofftonne rund 35 Kilogramm Wertstoffe gesammelt werden. Oder in CO2-Einheiten ausgedrückt: Mit der Wertstofftonne könnten bis zu 750.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

Ob die Politik die bvse-Forderung nach einem Wertstoffgesetz aufnehmen wird, ist fraglich. Bundesumweltministerium Svenja Schulze (SPD) hatte im Sommer vergangenen Jahres klargestellt, dass sie keinen neuen Anlauf für die flächendeckende Einführung einer Wertstofftonne in Deutschland plant. Und auch Betreiber von Sortieranlagen haben mit der Wertstofftonne schlechte Erfahrungen gemacht.

Denn ausgerechnet in jenen Kommunen, die eine Wertstofftonne eingeführt haben, ist vielfach die Zahl der Fehlwürfe gestiegen. In einer Großstadt sei nach der Umstellung von Gelbem Sack auf Gelbe Tonne der Anteil des Sortierrests beim Input innerhalb eines Jahres von 29 auf 54 Prozent gestiegen, weiß Michael Wieczorek, Geschäftsführer des Entsorgungsunternehmens Lobbe Entsorgung West, zu berichten. Das kostet nicht nur Geld, weil die Sortierreste anderweitig entsorgt werden müssen, sondern durchkreuzt auch die Bemühungen der Anlagenbetreiber, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Unter diesen Umständen ist es schwer, 50 Prozent aller gesammelten Leichtverpackungen (LVP) stofflich zu verwerten – so wie es das neue Verpackungsgesetz vorschreibt.

Der bvse wird diese Bedenken kennen, setzt sich aber dennoch für ein Wertstoffgesetz ein. Er argumentiert mit den zusätzlichen Mengen, die für das Recycling zur Verfügung stünden, sowie mit den CO2-Emissionen, die damit eingespart werden könnten. „Das sind gute Argumente“, schreibt Rehbock. „Wir sollten noch einmal einen Anlauf wagen.“

 

© 320° | 11.09.2019
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